Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Ende der Narren

Politik / 13.02.2024 • 18:00 Uhr

Noch bevor Inhalt und zweifelhafter Wortwitz der politischen Aschermittwochsreden bekannt sind, macht sich die passende Ernüchterung breit. Denn für Wunder ist es zu Beginn der Fastenzeit noch zu früh. Zu befürchten sind heute eine Verhöhnung der politischen Mitbewerber (und künftigen Koalitionspartner), der Wählerintelligenz spottende Versprechen und eine gnadenlose Selbstüberhöhung zu Lasten der Glaubwürdigkeit der gesamten Politik. Es droht ein Tiefpunkt im längsten aller noch nicht begonnenen Wahlkämpfe. Hoffentlich bleibt uns nicht der Heringsschmaus im Hals stecken!
Erstmals stehen die drei Anwärter aufs Kanzleramt mit ihren Sprachbildern im direkten Aschermittwochsduell. Wobei die jeweils gewählte Bühne ein Spiegelbild der Umfragen ist. FP-Chef Herbert Kickl agitiert routiniert in der Jahnturnhalle in Ried im Innkreis vor ausverkaufter Kulisse mit 2.000 Anhängern. Kann und will er seinen letztjährigen Aufreger der „senilen Mumie in der Hofburg“ noch toppen? Unterstützen wird ihn LH-Vize Manfred Haimbuchner. Zwischen die beiden passt inzwischen kein Blatt mehr. Karl Nehammer hingegen fährt zur schwächsten türkisen Landesgruppe nach Klagenfurt. Erwartet werden 1.000 Zuhörer und als Gastredner Karl Theodor zu Guttenberg. Ob der ehemalige deutsche Verteidigungsminister angesichts der globalen Bedrohung ein Plädoyer für den Beitritt zu NATO wagt und so seine Schwesterpartei in Argumentationsnöte bringt?
Keine hohen Ansprüche stellt hingegen Andreas Babler an seinen ersten Post-Narrenzeit-Auftritt. In der steirischen Provinz, genau in Kobenz (da mussten wohl nicht nur die Wiener auf der Landkarte nachsehen), sollen den SP-Chef heute 550 Besucher erwarten. Eingeladen hat Max Lercher, eigentlich ein auch im Rückzug aus der Bundespolitik Verbündeter Hans-Peter Doskozils. Ob das ein letzter Freundschaftsdienst am SP-Chef ist, wird sich zeigen. Zumindest kann Babler jeder und jedem persönlich die Hand schütteln.
Nach dem inszenierten Übereinander- statt Miteinanderreden wären 40 Tage Enthaltsamkeit von scharfer Rhetorik empfehlenswert. Schließlich sind es noch 228 Tage bis zum von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig jüngst kolporierten Wahltermin am 29. September. Verlängerte Faschingslaune kommt bei einem so drohend langen Wahlkampf nicht auf. Vor allem wenn die Gräben zwischen den Parteien mit jedem Auftritt tiefer werden und eine Zusammenarbeit nach der Wahl dadurch unglaubwürdiger. Selbst eine selbst sich wähnende „Insel der Seligen“ kann es sich angesichts der Herausforderungen nicht leisten, dauerhaft im Kleinklein der Parteien zu verharren.

„Es droht ein Tiefpunkt im längsten aller noch nicht begonnenen Wahlkämpfe.“

Denn eine andere Hoffnung soll gar nicht aufkeimen: Der ebenfalls heutige Valentinstag wird die Parteien nicht ihre gegenseitige Liebe entdecken lassen. Die Bevölkerung wäre mit mehr Respekt und überlegter Wortwahl ohnehin zufrieden. Und während die Männer ihre Messer wetzen, sei noch daran erinnert, dass heute Equal Pay Day ist. Das bedeutet, dass die österreichischen Frauen bis heute statistisch betrachtet ohne Bezahlung gearbeitet haben. Eine jedes Jahr erneut berechtigte Forderung läge daher auf der Hand: Statt Blumen und Schokolade, faire Löhne und Verteilung der unbezahlten Arbeit. Mal sehen, ob das einem der heutigen Festredner auch einfällt.

FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.