Was der Innenminister von einem THC-Grenzwert im Auto hält

Politik / 27.02.2024 • 18:22 Uhr
Innenminister Gerhard Karner im Interview bei Vorarlberg LIVE
Gerhard Karner im Interview über die Herausforderungen durch die Cannabis-Legalisierung. VN/Paulitsch

Gerhard Karner spricht im Interview über die Cannabis-Legalisierung in Deutschland und die Bezahlkarte für Asylwerber in Österreich.

Schwarzach In Deutschland darf ab 1. April ganz legal gekifft werden. Cannabis wird unter gewissen Voraussetzungen legalisiert. Das stellt vor allem die Grenzregion auf die Probe. Schließlich ist die weiche Droge in Österreich nicht nur verboten, das Gesetz kennt im Straßenverkehr auch keine Grenzwerte. Das bedeutet: Auch wenn man nach einem Joint längst wieder fahrtauglich ist, THC aber noch nachgewiesen werden kann, gilt man als Drogenlenker. Daran will Innenminister Gerhard Karner von der ÖVP auch nicht rütteln, erklärt er im VN-Interview. Außerdem sprach er über die Personalsituation der Polizei und die Bezahlkarte für Asylwerber.

Vorarlberg tut sich traditionell schwer damit, Polizeikräfte zu finden. Wie kann das geändert werden?

Karner: Deshalb haben wir heute in Vorarlberg darüber gesprochen, die Ausstattung der Polizei weiter zu modernisieren und zu verbessern. Etwa mit neuen Smartphones oder Körperkameras zur Eigensicherung. Weiterer Teil unserer Personaloffensive ist die Jobradinitiative, die wir in Vorarlberg als Pilotregion starten.

Vorarlberg ist fast das einzige Bundesland, in dem es bei der Exekutive unbesetzte Planstellen gibt. Ist der Polizeiberuf in anderen Bundesländern einfach attraktiver als hier?

Karner: Ich rede gerne über Planstellen. Aber vor allem rede ich über Menschen. Das sind unsere Polizistinnen und Polizisten, die täglich für die Sicherheit in Vorarlberg da sind. Im letzten Jahr haben wir für Polizeischüler unterschiedliche Maßnahmen gesetzt. Das Grundgehalt ist erhöht worden, es gibt ein Klimaticket, es gibt die Möglichkeit, den Führerschein während der Ausbildung zu machen. Auch Erleichterungen bei Tätowierungen wurden eingeführt, das wurde durchaus intensiv diskutiert. Dadurch war es möglich, dass jetzt im März 35 Polizeischülerinnen und Polizeischüler mit der Ausbildung beginnen. Im ganzen letzten Jahr waren es 42. Das Ziel heuer lautet, dass es mehr als doppelt so viele sind wie im letzten Jahr. Da sind wir auf einem guten Weg. Im ganzen letzten Jahr haben sich 109 Menschen für die Ausbildung beworben. Heuer waren es schon für März 156 Personen.

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Karner: “Aber unterschiedliche Gehaltsschemen für einzelne Regionen halte ich für schwierig.” VN/Paulitsch

Die Lebenshaltungskosten in Vorarlberg sind höher als in vielen anderen Bundesländern. Sollte man das nicht auch am Gehalt berücksichtigen? Auch mit Blick aufs Lohnniveau in der Schweiz.

Karner: Es ist schon intensiv an der Gehaltsschraube gedreht worden. Wir haben das Gehalt im ersten Jahr in der Polizeischule um 140 Euro netto pro Jahr erhöht, im zweiten Jahr um 200 Euro. In den letzten beiden Jahren gab es im öffentlichen Dienst eine Gehaltserhöhung von etwa 17 Prozent. Aber unterschiedliche Gehaltsschemen für einzelne Regionen halte ich für schwierig. Denn es geht da nicht nur um Vorarlberg im Vergleich zu anderen Ländern in Österreich, sondern zum Beispiel auch um das Waldviertel und Wien Innere Stadt. Da eine Abstufung zu finden, halte ich für sehr schwierig.

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In Deutschland wird am 1. April der Cannabis-Konsum unter bestimmten Voraussetzungen legalisiert. Worauf stellt sich die Polizei ein?

Karner: Persönlich halte ich diesen Schritt in Deutschland für völlig falsch, diese Bemerkung sei mir gestattet. Aber es ist nicht meine Aufgabe, mich in innerdeutsche Angelegenheiten einzumischen. Der Beschluss ist gefallen, wir haben damit zu arbeiten. Diese Frage betrifft mehrere Bundesländer an der Grenze zu Deutschland. In diesen Ländern wird die Polizei besonders sensibilisiert. Schon in den vergangenen Jahren haben wir mehr Drogenlenker aus dem Verkehr gezogen. Im grenznahen Bereich wird nun noch intensiver kontrolliert.

Sie rechnen also mit mehr Drogenlenkern?

Karner: Man muss zumindest gewappnet sein. Wir hoffen natürlich nicht, dass dem so ist. Aber wenn es sie gibt, ist es unsere Aufgabe, sie aus dem Verkehr zu ziehen.

Wird es jetzt Zeit, über Grenzwerte zu diskutieren? Beim Alkohol liegt er bei 0,5 Promille, bei Cannabis gibt es keinen. Auch nach zehn Wochen kann THC nachgewiesen werden, obwohl man längst wieder fahrtauglich ist.

Karner: Ich bin überhaupt nicht bereit, über solche Dinge zu diskutieren. Ich halte den Schritt in Deutschland für falsch, für Österreich kommt so etwas überhaupt nicht infrage. Die Polizei ist für die Kontrolle der Fahrtauglichkeit zuständig. Wer nicht fahrtauglich ist, wird aus dem Verkehr gezogen.

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Karner: “Ich halte den Schritt in Deutschland für falsch, für Österreich kommt so etwas überhaupt nicht infrage.” VN/Paulitsch

Sie fordern eine Bezahlkarte für Flüchtlinge. Warum braucht es so etwas überhaupt?

Karner: Ich würde sie gerne Sachleistungskarte nennen. Bis zum Treffen mit den Landesflüchtlingsreferenten im Juni möchte ich einen Vorschlag erarbeiten, der von den Bundesländern umgesetzt werden kann. Es geht um Gerechtigkeit. Wir haben gesehen, dass mit Bargeld auch Schlepper bezahlt werden. Das müssen wir unterbinden. Die Menschen sollen ordentlich versorgt werden, aber das Geld nicht den Schleppern überweisen.

Ein erwachsener Asylwerber hat 220 Euro pro Monat für den Lebensunterhalt, 12,5 Euro für Kleidung und 40 Euro Taschengeld zur Verfügung. Was soll da übrig bleiben?

Karner: Menschen aus Afghanistan oder Syrien sind einen ganz anderen Lebensstandard gewohnt. Sie haben eine Zeit in Flüchtlingslagern in der Türkei verbracht. Und wenn der Schlepper sie erpresst, müssen wir eben Schritte dagegen setzen. Deshalb ist es sinnvoll, diese Sachleistungskarte einzuführen. Wir werden uns anschauen, wie Bayern die Karte umsetzt. Man muss Dinge nicht neu erfinden. Bis Juni wollen wir uns Zeit nehmen, um ein praktikables Modell zu erarbeiten.

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Karner: “Wir werden uns anschauen, wie Deutschland die Karte umsetzt.” VN/Paulitsch

Der Schutzstatus für ukrainische Vertriebene gilt momentan bis März 2025. Vertreter der Ukrainer in Österreich fordern eine längere Perspektive. Was antworten sie darauf?

Karner: Ich habe schon mehrmals angekündigt, dass es eine Perspektive für jene geben soll, die hier bleiben möchten, die sich verankern wollen und Teil des Arbeitsmarkts werden möchten. Wir sehen auch jene, die sofort wieder zurückmöchten, wenn Putins Angriffskrieg vorbei ist. Diese lernen daher kein Deutsch, wollen sich nicht integrieren und ihre Kinder werden zum Teil online aus der Ukraine unterrichtet. Da muss man also differenzieren. Und für die anderen braucht es einen Aufenthaltsstatus. Wir bereiten das in der Regierung gerade vor.

Am Freitag ist Ihr ehemaliger Parteichef Sebastian Kurz nicht rechtskräftig verurteilt worden. Wie nehmen Sie dieses Urteil wahr?

Karner: Ich habe wie so viele in meiner Partei und auch außerhalb meiner Partei nicht mit diesem nicht rechtskräftigen Urteil gerechnet. Aber gerade als Innenminister sind solche Urteile zur Kenntnis zu nehmen.

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Karner: “Ich habe wie so viele in meiner Partei und auch außerhalb meiner Partei nicht mit diesem nicht rechtskräftigen Urteil gerechnet.” VN/Paulitsch
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Karner im Studio von Vorarlberg LIVE. VN/Paulitsch