Was Schöbi-Fink von der Kritik an ihrem Gesetz hält

Nach der Kritik am Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz verteidigt Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink das Regelwerk.
Darum geht’s:
- Kindergartenpädagoginnen kritisieren das Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz
- Landesregierung sieht positive Effekte des Gesetzes
- Gespräche und Diskussionen über verschiedene Themenbereiche geplant
Bregenz Die Kindergartenpädagoginnen der Gruppe “Zukunft Elementare Bildung” lässt kein gutes Haar an den aktuellen Regeln in den Kindergärten. Von der Landesregierung als Meilenstein gefeiert, sei das Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz das genaue Gegenteil – nämlich eine Verschlechterung. Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink äußert sich im Interview ausführlich zur Kritik, spricht über das Jahreszeitmodell und antwortet auf die Frage, ob es eine Universität in Vorarlberg benötigt.

Das Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz ist mittlerweile über ein Jahr alt. Haben Sie damit gerechnet, dass es so lange Zeit danach noch für derart intensive Diskussionen sorgt?
Schöbi-Fink: Ja, damit haben wir schon gerechnet. Es war insgesamt eine große Umstellung. Und der Stufenplan, in dem beschrieben wird, wann der Versorgungsauftrag für eine Altersgruppe in Kraft tritt, wird jedes Jahr noch einmal Diskussionen aufwerfen.
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Merkt man schon, ob das Gesetz wirkt?
Schöbi-Fink: Es beginnt zu wirken. Viele Gemeinden hatten wegen des Versorgungsauftrags Angst, dass sie zu wenig Platz und zu wenig Pädagoginnen haben. Jetzt stellt sich heraus, dass diese Angst großteils unbegründet war. Viele Gemeinden haben ja schon davor versucht, den Bedarf zu befriedigen. Viele haben bei den Dreijährigen jetzt aber gar keine Änderung an der Zahl der Kinder zu vermelden.
Der Zusammenschluss “Zukunft Elementarpädagogik” sieht das etwas anders. Die Gruppe hat massive Kritik am Gesetz geäußert: Kindergärten würden wieder zu Aufbewahrungsstätten werden statt zur Bildungseinrichtung, befürchten sie. Ist diese Angst in dem Fall unbegründet?
Schöbi-Fink: Unbegründet ist so etwas nie. Wenn sie das formulieren, dann erleben sie es wahrscheinlich auch so. Es gibt ja auch Einrichtungen, die mit Personalsorgen kämpfen. Und es ist auch richtig, dass sie sich zu Wort melden, um das aufzuzeigen. Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen werden nie Aufbewahrungsstätten sein, weil sich Betreuung und Bildung nicht trennen lassen. Wir sind in einem intensiven Austausch mit der Gruppe und haben die Pädagoginnen am Mittwoch auch getroffen, um einmal in ruhiger Atmosphäre zu sprechen.

Wie war das Gespräch? Wie geht es jetzt weiter?
Schöbi-Fink: Das Gespräch lief sehr gut und konstruktiv. Wir konnten uns gemeinsam mit den Vertreterinnen des Vereins und allen Landtagsparteien über die weitere Vorgehensweise verständigen. In den nächsten Wochen und Monaten werden wir in mehreren Terminen unterschiedliche Themenbereiche diskutieren. Ich habe den Vertreterinnen des Vereins außerdem zugesichert, dass sie zur Dialoggruppe eingeladen werden. Diese Gruppe wird nach zwei Jahren das Gesetz evaluieren, so haben wir es im Gesetz festgeschrieben.
Die Pädagoginnen würden gerne Lehrerinnen genannt werden, um zu zeigen, dass sie in einer Bildungseinrichtung arbeiten. Wäre das eine Möglichkeit, den Beruf aufzuwerten?
Schöbi-Fink: Wer in einer Betreuungseinrichtung arbeitet und welche Ausbildung dazu nötig ist, entscheidet nicht das Land, sondern das ist ein Bundesgesetz. Das sind grundsätzlich andere Ausbildungen als die, die Lehrerinnen genießen. Deshalb ist es schwer, das übers Knie zu brechen und zu sagen: Das sind jetzt auch Lehrerinnen. Es geht darum, dass sie als Bildungsarbeiterinnen wahrgenommen und nicht als reine Betreuerinnen gesehen werden. Das sind sie nämlich nicht, der Kindergarten legt den Grundstein für die gesamte Bildungskarriere.
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Die 55-Stunden-Höchstgrenze in den Kinderbetreuungseinrichtungen sorgt ebenfalls für Kritik. Theoretisch kann ich meine Kinder 55 Stunden in Betreuung geben. Die Pädagoginnen sagen, das ist zu viel.
Schöbi-Fink: Diese 55 Stunden sind die Rahmenzeit, weil Menschen unterschiedlich arbeiten. Es war nie die Intention, dass Kinder 55 Stunden kommen, sondern dass die Einrichtungen 55 Stunden lang offen haben. Wir haben erheben lassen, wie viele Kinder tatsächlich so lange in Einrichtungen sind. Das ist ein verschwindend kleiner Anteil im Land. Für jedes Kind, das 50 oder 55 Stunden in eine Einrichtung muss, ist das wahrscheinlich eine hohe Belastung. Da ist es dann Aufgabe der Pädagoginnen, mit den Eltern einen Weg zu finden, wie man das ändern kann.
Manche Pädagoginnen fürchten um ihr Jahreszeitmodell. Ist es in Gefahr?
Schöbi-Fink: Dieses Modell passt in Wahrheit nur für Einrichtungen, die im Sommer geschlossen sind. Jetzt haben wir aber immer mehr Einrichtungen, die ganzjährig und ganztags offen haben. Da passt das Jahreszeitmodell nicht. Das Modell gibt es immer noch und viele haben es in ihrem Vertrag. Wenn wir darüber sprechen, dann nur bei neuen Mitarbeiterinnen in ganzjährig geöffneten Einrichtungen. In bestehende Verträge wird ohnehin nicht eingegriffen.

In den Gemeinden ist man vor allem darüber nicht glücklich, dass sie bei der Einteilung der Betreuungsplätze nicht mehr zwischen berufstätigen und nicht berufstätigen Eltern unterscheiden dürfen. Jetzt ist der Vormittag überfüllt, am Nachmittag wäre Platz. Hat man den Gemeinden die Flexibilität genommen?
Schöbi-Fink: Es war ein Wunsch von vielen Eltern, der Wirtschaft und der Arbeiterkammer. Und zwar deshalb, weil es ja sein kann, dass man jetzt nicht berufstätig ist, aber vielleicht in zwei Monaten. Dann hätte die Betroffene jetzt keinen Bedarf, aber eben in zwei Monaten. Eigentlich hat es politischen Konsens gegeben, dass die Frage der Berufstätigkeit nicht mehr zeitgemäß ist.
Die Ausbildungsstätte der Kindergartenpädagoginnen ist die BAfEP in Feldkirch. Kürzlich haben Sie darüber gesprochen, dass die Privatschule in Bundeshände gehen soll. Wann ist es so weit?
Schöbi-Fink: Das wissen wir noch nicht. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen Bund und dem Schulträger. Wir sehen eigentlich den Bund in der Pflicht. Derzeit ersetzen wir das Schulgeld, bis der Bund einspringt. Die Verhandlungen laufen, wir sind da nur Zuschauer, sind aber darauf erpicht, dass man entweder das Schulgeld ersetzt oder die Schule verbundlicht.
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Sie sind in der Regierung auch für Wissenschaft zuständig. Die ÖVP Niederösterreich fordert ein Promotionsrecht für die Fachhochschule. Was halten Sie von der Idee?
Schöbi-Fink: Das fordert die Fachhochschule seit Langem, weil sie den Wettbewerbsnachteil gegenüber den Universitäten und den Fachhochschulen im angrenzenden Ausland spürt. Wir fordern das deshalb auch.
Oder soll Vorarlberg eine eigene Universität erhalten?
Schöbi-Fink: Wir sind ständig dabei, unsere tertiären Angebote auszubauen. Für ein kleines Bundesland entsteht im akademischen Bereich bei uns sehr viel. Aber was versteht man darunter, wenn man über eine Universität spricht? Soll es eine kleine Universität sein, die wenig anbietet? Ich glaube nicht, dass viele daran denken, wenn sie von einer Universität in Vorarlberg sprechen. Also reden wir von einer großen, mit vielen Fächern, mit Jus, Wirtschaft, Sprachen, technischen Studien. Okay. Und wer kommt studieren? Hätten wir gerne eine Universität für Vorarlberger? Das würde nicht reichen. Also sollten viele vom Ausland und aus anderen Bundesländern nach Vorarlberg studieren kommen. Ist das realistisch? Wir haben im Umkreis von 300 Kilometern hoch angesehene, international tätige Universitäten, die alle für Vorarlberger offen sind. Natürlich hoffe ich, dass sie wieder zurückkommen. Aber wir sollten nicht so naiv sein und meinen, eine Universität in Vorarlberg, die der Bund zahlt, ist realistisch. Ich bin einfach für einen realistischen Blick und nicht für Wolkentürme, die, wenn man sie genau betrachtet, eben nicht realistisch sind. Dass alle Vorarlberger hier studieren, ist eigentlich auch nicht gewollt.
Im Herbst wird gewählt. Treten Sie noch einmal an?
Schöbi-Fink: Ja, ich trete wieder an.
