Das ist Sache der Familie

Bis vor wenigen Jahren waren die AK und der ÖGB mit ihren Forderungen nach mehr und flexibleren Kinderbetreuungseinrichtungen in Vorarlberg allein auf weiter Flur. Erst seit es einen spürbaren Fachkräftemangel gibt, hat sich auch auf Unternehmerseite durchgesprochen, dass wir eigentlich eine große Anzahl an gut ausgebildeten Frauen im Lande hätten. Die Hälfte davon arbeitet aber nur in Teilzeit.
„Dieser Befund müsste auch den politisch tätigen Frauen zu denken geben“.
Die Gründe sind vielfältig und haben nicht immer – aber sehr oft – damit zu tun, dass ausreichend flexible Betreuungsplätze für kleine Kinder fehlen. Geleitet von der konservativen Einstellung, nach der eine Mutter bei ihren Kindern zu bleiben und keiner Erwerbsarbeit nachzugehen hat, wurde bis zur Jahrtausendwende weder die Schaffung der notwendigen Einrichtungen noch die ordentliche Bezahlung und Ausbildung der Kinderpädagogen als prioritär erachtet. Heute wundert man sich, wie es schwierig ist, Menschen für diesen Beruf zu begeistern. Selbst bei gutem Willen ist es nicht einfach, die hohe Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder personell zu bewältigen. Warum diese Frage bei uns so kontrovers gesehen wurde und immer noch wird, während sie in anderen Ländern außer Streit steht, hat wohl auch etwas damit zu tun, dass bei uns die Verantwortung für die Kinderbetreuung ausschließlich bei der Familie gesehen wird.
Anderswo gilt dies als wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe und entsprechend viel wird in hochqualitative Kinderbetreuung investiert. Dementsprechend selbstverständlich ist es auch, dass Kinder ab dem ersten Lebensjahr außer Haus betreut werden, damit die Mütter ihre Erwerbsarbeit rasch wieder in vollem Umfang aufnehmen können. Bei uns hingegen bleiben sie im besten Falle viele Jahre in Teilzeit, womit schlechte Karriereverläufe mit entsprechend niedrigen Einkommen vorprogrammiert sind. Am Ende führt das genau zu dem, was wir heute oft beklagen: große Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen während der Erwerbstätigkeit und am Ende mickrige Pensionen für die Frauen.
Der Unterschied beim Pensionseintritt zwischen Männern und Frauen liegt bei den Alterspensionen bei rund 1000 Euro monatlich. Aufgrund fehlender Versicherungszeiten und geringen Bemessungsgrundlagen gehen Frauen heute mit monatlich 1600 Euro brutto in eine Alterspension, Männer mit rund 2600 Euro. Das ist kein Fehler im Pensionssystem, sondern Ergebnis der ideologisch geprägten, verfehlten Kinderbetreuungspolitik der letzten Jahrzehnte.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.