Länder wollen fürs Wohnen zuständig sein

Möglichkeit der eigenen echten Leerstandsabgabe geht auch Vorarlberg nicht weit genug.
Darum geht’s:
- 230.000 leere Wohnungen könnten Markt entspannen
- “Sicher Vermieten” Projekt mobilisiert ungenutzten Wohnraum
- Länder fordern mehr Kompetenzen in der Wohnpolitik
Bregenz, Wien Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schlägt Alarm: 230.000 Wohnungen in Österreich stünden leer! In diesen Wohnungen wäre Platz für 340.000 Menschen – also für ganz Graz. Mit einer echten Leerstandsabgabe könnten diese Wohnungen auf den Markt kommen, ist die Nichtregierungsorganisation überzeugt. Dafür müsste den Ländern aber die Kompetenz übertragen werden – und das plant die Bundesregierung jetzt. In Vorarlberg dürfte das wenig ändern. Die Landesregierung kritisiert aber, dass sie gerne wesentlich mehr Rechte in der Wohnpolitik hätte. Den Leerstand selbst versucht man im Land vor allem mit dem Projekt “Sicher Vermieten” zu bekämpfen.
Leere Wohnungen sind nur ein Teil dessen, was den Vorarlberger Wohnungsmarkt in die angespannte Lage gebracht hat, in der er sich jetzt befindet. Um den Markt zu entspannen, sollen leere Wohnungen mobilisiert werden, also dem Markt zugänglich gemacht werden. Jene Person, die das in Vorarlberg schaffen soll, ist Rudolf Erath. Seit einigen Jahren ist er für das Projekt “Sicher Vermieten” im Landhaus zuständig. Wohnungseigentümer können ihre Wohnung melden, damit sie vermietet wird. Im Gegenzug erhalten sie einen Rundumservice samt Garantie, dass die Wohnung am Schluss im selben Zustand zurückgegeben wird. Dafür ist die Miete niedriger, die Wohnungen sind über das Punktesystem für gemeinnützige Wohnungen in den Gemeinden zu bekommen. Seit Projektstart sind mehr als 270 Wohnungen dadurch auf den Markt gekommen, freut sich Erath. “Das entspricht circa 30 Kleinwohnanlagen in Vorarlberg, die nicht gebaut werden mussten”, rechnet er vor. Im Jahr 2022 sind 61 erstvermittelt worden, im Vorjahr 45. Erath weiter: “Das entsprach zwölf Prozent der Erstvergaben gemeinnütziger Bauträger.”

Greenpeace versucht, die errechneten Schätzungen zum Leerstand in Österreich auch für Vorarlberg zu berechnen. Demnach gibt es hier zwischen 7000 und 9000 leere Wohnungen. Eine Studie des Landes aus dem Jahr 2018 unterstreicht diese Zahlen. Und ordnet sie ein. Denn von rund 8500 leeren Wohnungen im Land sind nur rund 2000 relativ einfach zu beziehen. Weitere 2000 bis 4000 Wohnungen müssten zunächst teuer renoviert werden.
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Für die Bundesregierung gibt es einen weiteren Hebel, um leere Wohnungen mobilisieren zu können: die Leerstandsabgabe, also eine Steuer auf leere Wohnungen. Bisher dürfen Bundesländer nur einen kleinen Betrag einheben. Die Bundesregierung möchte nun den Ländern die Kompetenz für diese Steuern übertragen. Heute, Mittwoch, endet die Begutachtungsfrist für das neue Gesetz, schon jetzt sind zahlreiche Stellungnahmen eingegangen. Die Stellungnahme des Landes Vorarlberg fasst die Meinung der Länder zusammen: “Die vorgeschlagene Regelung ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, sie geht aber nicht weit genug.” Vorarlberg und die anderen Bundesländer berufen sich auf einen Beschluss der Landeshauptleutekonferenz, wonach das komplette Volkswohnungswesen in Länderhand übergehen soll. Vorarlberg weiter: “Der vorliegende Entwurf ermöglicht den Ländern keine weitergehenden Maßnahmen für Zwecke der Wohnraumbeschaffung oder der Wohnraumbewirtschaftung im Bereich der Bodenbeschaffung, der Raumplanung oder des Grundverkehrs (z.B. hoheitliche Beschaffungsmaßnahmen oder die Einräumung von Vorkaufsrechten).”
In Vorarlberg ist erst kürzlich die Leerstandsabgabe im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten eingeführt worden. Gemeinden können jeweils höchstens 2775 Euro pro Jahr und leer stehende Wohnung einheben, sofern sie das möchten. Geht es nach Landeshauptmann Markus Wallner, soll diese Grenze vorerst nicht erhöht werden, auch wenn es das neue Gesetz erlaubt. “Eine Abgabenerhöhung schließe ich aus”, sagte er bereits den VN.
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Dass er überhaupt die Möglichkeit dazu erhält, ist noch gar nicht fix. Da sich damit die Kompetenzen innerhalb des Staates verschieben, benötigt es eine Verfassungsmehrheit. Die schwarz-grüne Bundesregierung kann das Gesetz also nicht alleine beschließen. Sie bräuchte zum Beispiel die Stimmen der SPÖ, und diese signalisiert bereits Zustimmung, wie Nationalratsabgeordneter Reinhold Einwallner den VN erklärt. “Vereinbart war, dass man sich die Stellungnahmen ansieht, vor allem jene der Länder, und dann weiter darüber diskutiert. Aber wir sind absolute Befürworter der Leerstandsabgabe, wir fordern sie.” Allerdings dürfe das Gesetz kein schneller Pfusch werden. “Wichtig ist, das Ganze behutsam anzugehen.”
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Die Studie des Landes hat 2018 ergeben, dass eine jährliche Leerstandsabgabe von vier Prozent des Marktwerts für die Eigentümer die unbeliebteste Maßnahme ist. 76 Prozent halten davon gar nichts, 15 Prozent sind eher nicht dafür. Bei einem Prozent des Marktwerts sind 61 Prozent komplett dagegen. Beliebteste Maßnahme der Eigentümer, um Wohnungen auf den Markt zu bringen, ist eine steuerliche Begünstigung der Einkünfte aus einer Vermietung.
Die Studie findet noch einen weiteren Hebel: das Mietrecht. Vielen ist das Gesetz zu kompliziert oder sie fürchten, die Vermieter nicht aus ihrer Wohnung zu bekommen, falls sie die Wohnung benötigen. Deshalb sollte das Mietrecht verändert werden – zum Beispiel in Länderkompetenz übergehen. Aber das ist in der Bundesregierung momentan kein Thema.