Gratis Abtreibung aus medizinischer Sicht “gesundheitsfördernd”

Politik / 13.06.2024 • 13:52 Uhr
LKH Hohenems, Bilder vom sanierten Spital au§en und innen
Schwangerschaftsabbrüche sind in Österreich eine private Leistung. Die Kosten stellen für einige Frauen hohe Hürden dar.

Michael Rohde, Leiter der Gynäkologie in Bregenz, berichtet von teils finanziell prekären Situation bei Abbrüchen.

Wien In dieser Woche sorgte Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) mit einem Vorstoß zu kostenloser Abtreibung in den VN für Aufsehen. Was das für betroffene Frauen bedeuten würde, berichtet Michael Rohde, Leiter der Gynäkologie und Geburtshilfe am Landeskrankenhaus Bregenz, aus der Praxis: “Aus medizinischer Sicht ist ein niederschwelliger Zugang gesundheitsfördernd und gratis würde ich als niederschwelliger machen interpretieren.”

Am Landeskrankenhaus Bregenz werden seit rund einem halben Jahr Abtreibungen als private Leistung angeboten. Dem ging eine lange politische und mediale Diskussion voraus, die VN berichteten. Es kristallisiere sich heraus, sagt Rohde den VN, dass circa 300 Frauen pro Jahr das Angebot in Anspruch nehmen werden. Das umfasst medikamentöse und die operative (instrumentelle) Abtreibungen. Nach einem Jahr soll eine umfangreiche Bilanz gezogen werden.

Gratis Abtreibung aus medizinischer Sicht "gesundheitsfördernd"
Primar Michael Rohde leitet die Frauenheilkunde und Geburtshilfe am LKH Bregenz. VN/Dietmar Stiplovsek

Große finanzielle Hürden für einige Frauen

Die Kosten für Abtreibungen variieren je nach Bundesland. In Vorarlberg kostet eine Abtreibung aktuell 720,60 Euro. In der Praxis würden Rohde und seine Kolleginnen und Kollegen zum Teil auf Frauen treffen, die große Hürden nehmen müssen, um das Geld dafür “zusammenzukratzen”, sagt Rohde. Der Preis liegt der Kalkulation zugrunde, dass öffentliche Krankenhäuser private Leistungen – dabei handelt es sich eben bei Abtreibungen – kostendeckend machen müssen.

Eine Kostenübernahme wäre im Sinne des Gesundheitsschutzes und der Umsetzung der Frauenrechte, sagte Johannes Rauch den VN. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich zu dem Thema zu Wort melden. Bereits Ende 2023 äußerte er sich um Rahmen der intensiv geführten Abtreibungsdebatte entsprechend.

In einigen Ländern werden Abtreibungen zwar auch als Kassenleistung von der Allgemeinheit mitgetragen, berichtet Rohde. Der Medizinier ist jedoch skeptisch, ob das in Österreich gesellschaftliche Akzeptanz findet: “Wenn ich zurückschaue, welchen Kampf wir hatten, um das Angebot, das wir jetzt haben, überhaupt zu bewerkstelligen, dann sehe ich bis zu einer gratis Abtreibung noch einen weiten Weg.”

Gratis Abtreibung aus medizinischer Sicht "gesundheitsfördernd"
Sozialminister Johannes Rauch plädiert für eine kostenfreie Abtreibung, die zudem aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird. VN/Philipp Steurer

Rauch: Abtreibung raus aus Strafgesetzbuch

Die zukünftige Bundesregierung solle zudem den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch entfernen, fordert Rauch weiter. “Wir wissen, dass in Situationen, in denen der Zugang durch diverse Dinge erschwert wird, und Abtreibung dadurch in die Illegalität getrieben wird, das erhebliche gesundheitliche Konsequenzen für Frauen hat”, sagt Rohde. Das lasse sich auch historisch beobachten: “Alle Gesellschaften, die versucht hätten, Abtreibung zu verbieten und hier Schwellen gesetzt haben, haben Abbrüche in die Unsicherheit der Illegalität gezwungen. Damit wurde stets Frauenleid und Tod verursacht.”

Initiative begrüßt Rauchs Vorschlag

Man freue sich, dass Rauch die Forderung übernommen habe, reagierte die Initiative “#AusPrinzip” auf den VN-Bericht. Man kämpfe seit Monaten für die vollständige Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. “Wir erhoffen uns durch den Rückenwind von Bundesminister Rauch, dass endlich Bewegung in die Sache kommt”, sagte Mitinitiatorin Stefanie Grubich. Der Schwangerschaftsabbruch sei die einzige medizinische Behandlung, die im Strafgesetzbuch geregelt werde – mit weitreichenden Folgen für ungewollt Schwangere. Dringlich am Zug sei nun Justizministerin Alma Zadic (Grüne).

Kritik von ÖVP und FPÖ

Kritik an dem Vorstoß des Gesundheitsministers kam seitens der FPÖ. “Einen Rechtsanspruch auf Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs und einen Abbruch als Versicherungsleistung lehnen wir entschieden ab”, sagte die freiheitliche Frauen- und Familiensprecherin Rosa Ecker laut Aussendung.

VP-Klubobmann Roland Frühstück: „Dass Schwangerschaftsabbrüche von der Sozialversicherung und damit von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanziert werden sollen, lehne ich klar ab! Eine gewisse Eigenverantwortung für seine Handlungen und deren Folgen muss jeder Mensch selber tragen. Mir fehlt das Verständnis, dass die öffentliche Hand für alles aufkommen soll.“

SPÖ reagiert positiv

Zustimmung zur Streichung aus dem Strafgesetzbuch kam von den SPÖ-Frauenvorsitzenden Eva-Maria Holzleitner (Bund), Selma Yildirim (Tirol) und Stefanie Matei (Vorarlberg). “50 Jahre nach der Fristenregelung ist es Zeit den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch herauszuholen”, sagte SPÖ-Justizsprecherin Yildirim. Schwangerschaftsabbrüche seien Teil der öffentlichen Gesundheitsversorgung, eine sichere Möglichkeit dazu müsse wohnortnah gegeben sein. Der Paragraf 96 müsse gestrichen, der Paragraf 97 ins Gesundheitsrecht überführt werden.