Rädler über die Stadttunnelgegner: “Manche sind eben nicht ganz belehrbar”

Politik / 13.06.2024 • 17:23 Uhr
Interview mit neuem Feldkircher Bürgermeister Rädler Portrait
Der neue Feldkircher Bürgermeister, Manfred Rädler, stellte sich am zweiten Tag seiner Amtszeit den Fragen der VN. Alle Bilder: VN/Paulitsch

Im VN-Interview gibt Manfred Rädler Einblicke in seine Visionen und Herausforderungen seiner bevorstehenden Amtszeit.

Interview: Michael Prock & Sarah Hartmann

FEldkirch Feldkirch hat einen neuen Bürgermeister. Seit Dienstag führt der 59-jährige ÖVP-Politiker Manfred Rädler die Agenden der Stadt. Den VN gab er sein erstes Interview als Stadtoberhaupt. Rädler spricht über den Stadttunnel und dessen Gegner, über die Leerstandsabgabe und das Verhältnis der Feldkircher ÖVP zu den Medien. Außerdem erklärt er, was er bei der Gemeindewahl 2025 geplant hat.

Interview mit neuem Feldkircher Bürgermeister Rädler Portrait
Der Bau des Stadttunnels ist eines der vorrangigen Ziele des neuen Bürgermeisters der Montfortstadt.

Herr Bürgermeister. Hätten Sie vor einem Jahr gedacht, jemals so genannt zu werden?

RÄDLER Nein, in meiner Lebensplanung ist das nicht vorgekommen.

Warum ist es jetzt dazu gekommen?

RÄDLER Weil ich ein politischer Mensch bin und es immer war. Ich bin seit bald 30 Jahren in der Stadtvertretung tätig. Meine Heimatstadt Feldkirch war immer mein politisches Betätigungsfeld. Ich bin in der Innenstadt aufgewachsen. Meine Eltern hatten eine Tankstelle, ich kann mich noch an den Autoverkehr in der Neustadt erinnern. Jetzt wurden einige Straßen autofrei gemacht, auch die Neustadt, was die Lebensqualität verbesserte. Es ist heute unvorstellbar, dass Autos durch die Stadt gefahren sind. Auch, dass der Schattenburgtunnel früher ein Luftschutzkeller war, der meiner Großmutter gehört hat. Der Schwerverkehr fuhr über den Feldkircher “Goaßzipfel”.

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Seit fast drei Jahrzehnten ist Manfred Rädler in der Feldkircher Stadtvertretung tätig.

Und bald soll der Schwerverkehr durch den Stadttunnel fahren. Bei ihrer Wahl am Dienstag haben erneut Aktivisten gegen den Stadttunnel demonstriert. Verstehen Sie die Bedenken?

RÄDLER Nein. Ich verstehe, dass jemand demonstriert, das ist sein gutes Recht. Die Bedenken verstehe ich jedoch nicht, weil der Stadttunnel gefühlt zu spät kommt. Man spricht schon seit den 80er-Jahren davon, damals noch als Letzetunnel. Wenn man die Verkehrszunahme und die staugeplagte Bevölkerung kennt, muss man einfach sagen, dass eine Umfahrungslösung notwendig ist. Die Bedenken wegen Klimaerwärmung und großen Straßenprojekten greifen hier nicht, da es sich um eine Ortsumfahrung handelt, die die Stadt entlastet und die Erreichbarkeit verbessert.

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Die Tunnelgegner haben eher grundsätzlichere Bedenken. Sie sagen: Große Straßenprojekte sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Ist das kein Argument?

Rädler Wir sprechen hier ja nicht von einem übergeordneten Straßenprojekt, sondern nur von einer Ortsumfahrung. Und man darf nicht vergessen, dass mit dem Tunnelportal in der Felsenau auch ein hervorragender Radweg nach Frastanz gebaut wird. Das hatten wir noch nie. Diese Radverbindung kann man nicht vom Tunnelprojekt trennen. Außerdem ermöglicht der Stadttunnel, das Ortszentrum von Tisis zu entwickeln. Auch dort macht Radfahren momentan keinen Spaß.

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Damit lassen sich die Gegner auch nicht überzeugen? Oder hat das niemand im Blick?

Rädler Die Gegner sind schon seit zehn Jahren Gegner. Manche sind eben nicht ganz belehrbar.

In Bauphase zwei soll der Tunnelast nach Tosters gebaut werden. Kommt er fix?

Rädler Es ist ein Landesprojekt, das Land Vorarlberg ist der Projektbetreiber. Im UVP-Verfahren ist der Tunnelast Tosters fix enthalten. Also wird er gebaut.

Im März 2025 wird schon wieder gewählt, Sie haben also nicht viel Zeit bis zur Wahl. Gibt es ein Projekt, das Sie noch unbedingt realisieren möchten? Sind überhaupt noch neue Akzente möglich?

Rädler Das ist schwierig, weil das Budget schon beschlossen wurde. Mit dem engen Finanzrahmen lassen sich keine Luftsprünge machen, man kann nur ein paar kleinteilige Verbesserungen durchführen. Ein Anliegen ist mir die Wirtschaft, gute Einkaufsmöglichkeiten, eine gute Gastronomie, ein hohes Angebot an Kulturveranstaltungen.

Interview mit neuem Feldkircher Bürgermeister Rädler Portrait
Auch im März 2025 wird Manfred Rädler sich als Bürgermeisterkandidat aufstellen lassen.

Ein Gebäude für diese Veranstaltungen ist das Montforthaus. Wie kann die Auslastung verbessert werden?

Rädler Wir haben ein schönes Montforthaus, das in vielen Bereichen sehr gut funktioniert. Aber wir müssen mehr Auslastung schaffen. Das wird eine Aufgabe sein, der ich mich gerne widme.

In manchen Gemeinden müssen Projekte aufgrund des knappen Budgets verschoben werden. Wie sieht es in Feldkirch aus?

Rädler Feldkirch steht aufgrund der Arbeit meiner beiden Vorgänger finanziell sehr gut da. Wir haben eine niedrige Pro-Kopf-Verschuldung und ein hohes Investitionsbudget. Aber es sind auch private Investoren, die Projekte ermöglichen. Zum Beispiel beim Bahnhofsbezirk. Er ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Interessen der Öffentlichkeit mit privaten zusammen realisiert worden sind. Es gibt auch Möglichkeiten des Baurechts. So wird in Feldkirch mit der Vogewosi gerade eines der ersten Wohnen-550-Projekte gestartet.

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Die Wirtschaft, gute Einkaufsmöglichkeiten, eine gute Gastronomie und ein hohes Angebot an Kulturveranstaltungen sind Rädlers Anliegen.

Wohnen ist überall teuer geworden. Was kann eine Stadt wie Feldkirch tun? Eine Leerstandsabgabe lehnen Sie ja ab.

Rädler Wir werden uns das Thema ansehen, im Herbst wird die Leerstandssituation richtig untersucht. Aber ich bin für eine Leerstandsabgabe nicht zu haben, die Bevölkerung braucht keine weitere Belastung. Wenn wir valide Daten haben, werden wir sehen, welche Wege wir gehen können, um Wohnraum zu mobilisieren. Aber nicht mit der Strafkeule, sondern mit Unterstützungen. Die Stadt könnte dann beim Management und beim Vermieten behilflich sein.

So wie das Projekt “sicher Vermieten” auf Landesebene?

Rädler Das Modell könnte ähnlich sein, aber mit einer Ansprechperson im Rathaus.

Ihr Start war holprig. Noch bevor Sie ins Amt kamen, sind Sie wegen eines Grundstückstausches in Kritik geraten. Haben Sie nie gedacht, dass so etwas mal schwierig werden könnte?

RÄDLER Das war vor fünf Jahren ein gutes Geschäft für beide Seiten, das von allen Gremien abgesegnet wurde. Die Hintergründe wurden leider nicht immer richtig dargestellt, was zu Missverständnissen führte. Es war eine Win-win-Situation. Die Stadt kann das Gebiet um die Schattenburg entwickeln. Und in der Neustadt kann die Lücke geschlossen werden, was ja schon in den 60er-Jahren geplant war. Außerdem kann auf den getauschten Grundstücken im Erdgeschoss gar nicht gebaut werden. Es war für die Stadt und den Projektbetreiber ein Geschäft.

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Das Verhältnis der Feldkircher ÖVP zu den Medien ist dadurch nicht gerade besser geworden. Sehen Sie es so wie ÖVP-Stadtrat Benedikt König, der die mediale Berichterstattung mit Angriffen auf Politiker in Deutschland in Verbindung gebracht hat?

RÄDLER Benedikt König ist Benedikt König und kann seine eigenen Aussagen treffen. Ich habe die Medien bereits am zweiten Tag meiner Amtszeit zu Gesprächen eingeladen und hoffe, dass wir in Zukunft gut miteinander arbeiten können.

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Während seiner Amtszeit möchte der neue Montforter Stadtchef gut mit den Medien zusammenarbeiten.

Sie sind jetzt Bürgermeister von Feldkirch, ihre Stimme hat innerhalb der Landes-ÖVP Gewicht. Im Herbst ist die Landtagswahl, in Feldkirch arbeiten Sie mit der FPÖ zusammen. Wäre das auch ihr favorisiertes Modell für den Landtag?

Rädler Ich glaube, der Landeshauptmann braucht von mir keinen Zuruf so wie ich in Feldkirch keinen von ihm brauche. Ich kann nur die gute Zusammenarbeit in Feldkirch hervorheben. Aber ich muss dem Landeshauptmann nichts nahelegen.

Treten Sie zur nächsten Bürgermeisterwahl im März 2025 an?

RÄDLER Ja, ganz klar.