Christof Bitschi: “Ich bin da nicht nachtragend”

FPÖ-Chef würde nach der Wahl auch mit Markus Wallner und der ÖVP zusammenarbeiten. Vor zwei Jahren klang das anders. Und er möchte darüber sprechen, was mit der Hypobank geschieht.
Interview: Isabel Russ und Michael Prock
Schwarzach Christof Bitschi möchte in die Regierung. Der FPÖ-Chef sieht seine große Chance dazu gekommen. Da spielt es auch keine Rolle mehr, was er vor zwei Jahren über Landeshauptmann Markus Wallner gesagt hat. Eine Rolle spielen hingegen die Forderungen Bitschis: Bürokratieabbau, Steuersenkungen, Standort stärken. Außerdem spricht er über die Hypobank in Landeshand und er sagt, was er von Schwarz-Grün hält.
Herr Bitschi, zum Start dürfen auch Sie sich etwas wünschen. Angenommen, Sie sind in der Landesregierung und könnten sich ein Gesetz wünschen. Welches wäre das?
Christof Bitschi In der Bevölkerung und bei den Unternehmen gibt es den großen Wunsch nach Bürokratieabbau. Darum braucht es in Zukunft wahrscheinlich sogar einen eigenen Landesrat, der sich auf das Thema konzentriert.
Und umgekehrt, würden Sie ein Gesetz zurücknehmen?
Bitschi Es gibt viele Gesetze, die in den letzten Jahren an Wichtigkeit verloren haben. Zukünftig könnte ich mir einfach eine Frist vorstellen, nach der Gesetze nicht mehr gelten oder wieder überprüft werden.
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Lassen Sie uns zu den Themen kommen. In Vorarlberg werden gerade erste Standorte für Windkraftwerke geprüft. Bis das Erste steht, dauert es aber noch eine Weile – falls überhaupt. Braucht es Windräder in Vorarlberg?
Bitschi Es waren ja damals wir Freiheitliche, die mit einem Antrag sichergestellt haben, dass das Potenzial geprüft wird. Wir haben schon das Gefühl, dass speziell von grüner Seite immer wieder Luftschlösser produziert werden, dass der Energiebedarf in Zukunft größtenteils mit Windkraft gedeckt werden könnte. Wir brauchen eine Energieoffenheit, deshalb sind wir auch gegen Verbote und Bevormundung. Wir erleben gerade mit den E-Fuels eine Technologie, mit der der Verbrennermotor fast CO₂-neutral genutzt werden kann. Wir müssen die Technologie schon arbeiten lassen.

Was kann die Landesregierung sonst im Kampf gegen den Klimawandel unternehmen?
Bitschi Es gibt viele Kritikpunkte für Schwarz-Grün, Vorarlberg ist in vielen Bereichen zurückgerutscht. Bei der erneuerbaren Energie sind wir aber Vorreiter, weil wir seit 25 Jahren gemeinsam daran arbeiten. Darum verstehe ich auch nicht, dass es von manchen Organisationen heftige Kritik gibt. Sie kleben sich fleißig auf die Straßen, erkennen aber nicht, dass Vorarlberg da Spitzenreiter ist. Es gibt große Unternehmen im Land, die stark in Fotovoltaik investieren. Betriebe müssen in dieser Frage aber stärker unterstützt werden.
In Niederösterreich möchte ihr Parteikollege Udo Landbauer das Tempolimit auf der Autobahn auf 150 km/h anheben. Wäre das auch ein Modell für Vorarlberg?
Bitschi Wenn man sich die Situation auf der Rheintalautobahn oder der Walgauautobahn ansieht, sieht man, dass die eh so voll sind, dass sich 150 km/h nicht im Ansatz ausgehen würden.

Ende Juni waren in Vorarlberg mehr als 9000 Menschen arbeitslos, zehn Prozent mehr als vor einem Jahr. Wie kann dieser Trend umgedreht werden?
Bitschi Es gibt viele Rankings, in denen Vorarlberg in den letzten Jahren zurückgerutscht ist. Wir waren eine der besten Regionen in ganz Europa und sind jetzt in vielen Bereichen im hinteren Mittelfeld. Deshalb muss die Politik sicherstellen, dass wieder in den Standort Vorarlberg investiert wird. Wir haben die besten Rahmenbedingungen, aber Schwarz-Grün hat in den letzten Jahren alles verschlafen. Deshalb wollen wir auch in Führungsverantwortung.
Welche konkreten Maßnahmen schweben Ihnen denn vor?
Bitschi Da gibt es ein großes Maßnahmenpaket, das umgesetzt werden will. Vor allem bei der Steuerentlastung. Wir sind ein Höchststeuerland, diese Belastung muss reduziert werden. Und das Thema Bürokratieabbau habe ich schon angesprochen. Auch der Fachkräftemangel ist ein großes Thema. Wir müssen sicherstellen, dass die richtigen Menschen nach Vorarlberg kommen.
Steckbrief
Christof Bitschi
Landesparteiobmann der Vorarlberger FPÖ
Geboren 11. April 1991 in Bludenz
Laufbahn 2013 wurde er Landesobmann der Freiheitlichen Jugend Vorarlberg, seit 2014 sitzt er im Landtag. 2018 wurde er zum Landesparteiobmann gewählt. Seit 2017 ist er Geschäftsführer der Martin Bitschi Transporte GmbH
Familie Verheiratet, ein Sohn
Von welchen Steuern möchten Sie die Menschen entlasten?
Bitschi Die Steuersätze müssen nach unten korrigiert werden. Ich bin selbst Unternehmer. Und ich würde meinen Mitarbeitern viel lieber 150 Euro mehr überweisen, wenn ich weiß, dass dieses Geld wieder bei ihnen landet und so eins zu eins in die Wirtschaft investiert wird. In Summe muss sich in diesem Land Leistung wieder lohnen. Wir diskutieren zum Beispiel mit der ÖVP seit drei Jahren darüber, dass Überstunden endlich steuerfrei werden.
Mit der ÖVP wären Sie da eh auf einer Linie.
Bitschi Verbal ist die ÖVP in der Wirtschaftspolitik relativ nah bei uns. Wenn man sich das Abstimmungsverhalten bei den Anträgen ansieht, ist sie aber weit entfernt. Da herrscht bei der ÖVP offenbar kein Konsens, schon gar nicht mit dem Juniorpartner, den Grünen. Sie erklären uns dann, dass Überstunden ins Burn-out führen. Dabei verstehen Sie nicht, dass diese Überstunden schon geleistet werden. Wir werden uns die schwarz-grüne Politik einfach nicht länger leisten können.

Kürzlich stand die Vorarlberger Hypobank wegen der Signa-Kredite in den Schlagzeilen, worauf auch kurz über den Sinn einer Bank in Landeseigentum diskutiert wurde. Sind Banken im öffentlichen Eigentum zeitgemäß?
Bitschi Wir müssen in den nächsten Jahren entscheiden, ob wir das Unternehmen in Landeshand wollen oder ob wir die Landesbank verkaufen möchten. Es hat Vorteile für das Land, wenn es eine Bank besitzt. Wenn sich diese Bank darauf konzentriert, Investitionen im Land und in den Wirtschaftsstandort zu ermöglichen. Hier braucht es eine breite Diskussion mit der Bevölkerung, beides hat Vor- und Nachteile.
Das heißt, Sie würden eine breite Diskussion mit offenem Ausgang anstoßen?
Bitschi Geschlossene Prozesse sind in der Politik nie gut. Mann muss darüber sehr breit mit den Menschen und Unternehmen im Land diskutieren.

Sie haben im Jahr 2022 während der Wirtschaftsbund-Affäre gesagt, dass das “System Wallner” beendet werden müsse. Er müsse sich entschuldigen und Sie forderten seinen Rücktritt. Ist Markus Wallner mittlerweile rehabilitiert?
Bitschi Mir geht es im Herbst nicht darum, was in den letzten Jahren alles stattgefunden hat. Ich bin da nicht besonders nachtragend. Mir geht es darum, wie wir dieses Land weiterentwickeln können. Momentan denke ich ganz wenig an mögliche Koalitionen. Ich möchte eine Koalition mit der Vorarlberger Bevölkerung, damit wir Führungsverantwortung übernehmen können. Wer dann bei der ÖVP vorn dran ist, wird man nach der Wahl sehen.
Markus Wallner ist also ein Koalitionspartner für Sie, trotz allem, was Sie 2022 gesagt haben?
Bitschi Wenn wir ein gemeinsames Paket entwickeln können und wenn die ÖVP bereit ist, die letzten zehn Jahre hinter sich zu lassen und stattdessen mit uns Vorarlberg wieder nach vorn bringen möchte, dann wird auch die ÖVP ein möglicher Partner sein.
Zunächst wollen Sie das “System Wallner” beenden und jetzt möchten Sie mit ihm zusammenarbeiten. Wie glaubwürdig sind Ihre Aussagen aus dem Jahr 2022?
Bitschi Ich kann Ihnen jetzt schon garantieren, dass wir in Führungsverantwortung dieses System ÖVP ein Stück weit brechen werden. Wir müssen aber zuerst in die Position dazu kommen.

Wordrap
Was ist Ihre größte Schwäche? Ungeduld.
Ihr Lieblingsort in Vorarlberg? Brand.
Home Office oder Büro? Büro.
Ihre Urlaubspläne diesen Sommer? Keine.
Eine Sache, die Sie an Vorarlberg ändern würden? Relativ viel.
Was war Ihr schönster Moment in der Politik bisher? Da gibt es viele Momente, aber sicher die Wahl zum Parteiobmann.
Welches Land würden Sie gerne bereisen? Kanada.
Welcher historische Politiker inspiriert Sie am meisten? Jörg Haider.
Mit welchem Promi würden Sie gerne einmal essen gehen? Arnold Schwarzenegger.
Wie starten Sie in den Tag? Kaffee
Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Handy, Laptop und kleines Bier.
Welche Musikrichtung hören Sie gerne? Rock.