Sommergespräche
Sommergespräche sind ein Fixpunkt in den Ferien. Für die Medien, die die politik-arme Zeit überbrücken. Für die Politik, die ohne viel Aufwand und gratis ihre Botschaften platzieren kann. Ich korrigiere: Könnte. Analysiert man die aktuellen Sommergespräche in den VN lautet das Urteil: Chance vertan. Ich habe selten so viel Floskeln und Allgemeinplätze gelesen und vermute, dass sich die meisten Interviewten nicht sonderlich vorbereitet haben. Das ist schlicht unprofessionell.
„Eins haben die kleineren Parteien gemeinsam. Sie drängen mit Macht in die Landesregierung.“
Christof Bitschi (FPÖ) will eine Steuerentlastung. Hat ihm noch niemand gesagt, dass die Länder nur eine marginale Steuerhoheit haben? Er hat halt das Wording der Bundespartei nachgeplappert. Die Grüne Hammerer zu den Auflagen für die Unternehmen: „Eine Entbürokratisierung kann sicher nicht schaden“. Aha. Ihr Partner Zadra hat das zu retten versucht (Wärmepumpen bewilligungsfrei stellen). Mario Leiter (SPÖ) will es überhaupt allen recht machen. Die Babler-Kritiker Doskozil und Dornauer seien gute Freunde, aber: „Auch Babler ist ein guter Freund“. Leiter wird gefragt, wie er in fünf Jahren 11.000 Wohnungen bauen will: „Das ist eine große Challenge, die VOGEWOSI hat ein großes Grundstückvorkommen, darauf kann man bauen, das Land muss aber mehr fördern. Geht es etwas konkreter? Wie will er das Gesundheitssystem effizienter gestalten: “Wir müssen jedenfalls Personal finden“. Haben wir bisher nicht gewusst? Aber es gab auch klare Aussagen zu unpopulären Themen. Claudia Gamon (Neos) hält die Pensionsreform für extrem notwendig. Auch wenn das Bundeskompetenz ist, von andern hat man das nicht gehört, weil es die Wahlchancen mindert. Landeshauptmann Wallner (ÖVP) fordert für die Gehaltsverhandlungen auf Landesebene „maßvolle“ drei Prozent Erhöhung und dazu Steuerhoheit für die Länder. Wie sehr man mit klaren Botschaften punkten kann, hat gerade wieder Präsident Van der Bellen bei der Eröffnung der Festspiele gezeigt („Weg von den Gegensätzen, entweder Wutbürger oder Gutmensch, entweder Freund oder Feind“).
Eins haben die kleineren Parteien gemeinsam. Sie drängen mit Macht in die Landesregierung. Bei den Grünen ein frommer Wunsch. Das Tischtuch mit der ÖVP war schon vor der aktuellen Diskussion über die S 18 zerschnitten. Rechnerisch könnte es sich bei den erwarteten Stimmenverlusten mit ÖVP und Grünen ohnehin schwer ausgehen. Auch für Neos und SPÖ, deren Obmann sogar eine Koalition mit der FPÖ nicht ausschließen würde. Babler wird sich freuen. Wallner jedenfalls sucht jemanden, mit dem er die größten Schnittmengen hat. Bleibt – Stand heute – nur Bitschi übrig, der allerdings „das System Wallner beenden will“? Wetten, dass er es noch billiger gibt!
Wolfgang Burtscher, Journalist und ehemaliger ORF-Landesdirektor, lebt in Feldkirch.
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