Bewegung bei der Gemeinsamen Schule: Land arbeitet an neuer Testregion

Politik / 25.07.2024 • 10:18 Uhr
ABD0012_20181008 – WIEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Illustration zum Thema “Schule / Deutschklasse / Deutschfšrderklasse: Mit dem neuen Schuljahr starten auch die separaten Deutschfšrderklassen. In den Deutschfšrderklassen wird 15 bis 20 Wochenstunden nach eigenem Lehrplan Deutsch unterrichtet. In FŠchern wie Zeichnen, Musik oder Turnen findet der Unterricht allerdings gemeinsam mit SchŸlern der Regelklasse statt. […]
Es soll in Vorarlberg ein neues Projekt zur Gemeinsamen Schule geben. APA

Landesstatthalterin kündigt Umsetzung an: “Das Projekt darf nicht von Beginn an scheitern.”

Bregenz Die Hoffnung auf die gemeinsame Schule lebt doch. Sie ist allerdings ungleich verteilt. Laut Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) befindet sich das Projekt in einer neuen Phase. Die Umsetzung dauere noch. Die „ARGE Gemeinsame Schule Vorarlberg“ hält das hingegen für fraglich. Der Rankweiler Peter Fischer führt die Reformbewegung an und betont: Wenn gemeinsame Schule, dann in ganz Vorarlberg. Und: „Solange es die derzeitige gesetzliche Regelung gibt, wird es nie so weit kommen.“

Umsetzung soll kommen

Die Landesstatthalterin bleibt dennoch dabei, dass die Sache wieder in die Gänge kommen soll: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Festlegung auf einen Ort für die Sache nicht förderlich ist und die offene Auseinandersetzung und positive Dynamik verhindert.“

Interview Barbara Schöbi-Fink
Barbara Schöbi-Fink kündigt ein Modell an, das sich auf eine bestimmte Region beziehe. VN/Paulitsch

So hat sich etwa Lustenau schon länger am Thema der gemeinsamen Schule abgearbeitet. Die Konkurrenz des Gymnasiums zu den Mittelschulen hemmte das Projekt, wie die VN berichteten. Wann immer die AHS eine zusätzliche erste Klasse eröffnen wollte, traf das auf Widerstand der drei Mittelschulen. „Man kann Lustenau nicht einzäunen und sagen: Niemand darf ins Gymnasium nach Bregenz oder Dornbirn“, meint auch Peter Fischer. Wer es mit der gemeinsamen Schule ernst meine, müsse sie flächendeckend einführen.

Unbekanntes Bild

Schöbi-Fink erklärt, dass die Bildungsdirektion nun ein machbares Bild entwickelt habe, in einem zweiten Schritt wurden Schulen aus den Regionen dazu genommen, ebenso Schulleiterinnen und Schulleiter involviert. Die Beratungen führten in Folge zu einem eigenständigen Modell. „Es finden laufend Gespräche und Abstimmungen statt. Einer Weiterführung der Ausarbeitung steht man von Bundesseite grundsätzlich positiv gegenüber“, stellt die Landesstatthalterin fest. Zum Schulbeginn sei ein Treffen anberaumt, in dem über weitere Entwicklungen berichtet werde. Dann geht es ans Eingemachte: Das Projekt wird weiterentwickelt, breitflächiger vorgestellt, weitere Interessensgruppen werden miteinbezogen und Detailfragen geklärt. Zu einer Umsetzung könne es aber frühestens 2025/2026 kommen.

Peter Fischer
Peter Fischer ist skeptisch, dass es jemals zur Gemeinsamen Schule kommen wird. Wünschen würde er es sich. VN/Hartinger

„Wir bitten um Verständnis, dass wir die Details noch nicht nennen können“, hält sie auf Nachfrage fest. „So viel sei aber gesagt: es wird sich um eine klar definierte Region in Vorarlberg handeln, in der beide Schularten (Mittelschule und AHS-Unterstufe) vertreten sind, die hinter der Idee einer gemeinsamen Schule stehen und durch die Bildungsdirektion für Vorarlberg besonders unterstützt werden“, erklärt Schöbi-Fink auch mit Blick auf zusätzliche Ressourcen. „Am Ende des Prozesses erfolgt die gesetzlich vorgegebene Abstimmung der Kollegien und Eltern. Daher ist uns besonders eine gute Kommunikation mit allen Beteiligten – Schule, Eltern, Kinder – wichtig, sodass das Projekt nicht von Beginn an scheitert.“

Die gesetzlich vorgegebene Zustimmung von Schulgemeinschaftsausschuss, Eltern und Lehrern hält Peter Fischer für eine kaum überwindbare Hürde. „Man wird die Gymnasien nie so weit bringen.“ Der Sprecher der Arge Gemeinsame Schule bedauert das. Er spricht von einem Lotteriespiel für die Kinder: „Der Stress beginnt in der dritten Volksschule. Es ist unverantwortlich, wenn man sieht, wie groß die Belastung für Kinder, Eltern und Volksschullehrer ist. Da geht es nicht mehr ums Lernen, sondern nur noch um die Noten.“

Entlastung für Volksschulen

Im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen liest man zur gemeinsamen Schule ähnliches. Das klare Bekenntnis ist unter anderem damit begründet, dass eine spätere Bildungswegentscheidung auch die Volksschulen deutlich entlasten würde. Zudem sei eine gemeinsame Schule mit innerer Differenzierung sowohl leistungsfähiger als auch chancengerechter.

ABD0018_20220823 – WIEN – …STERREICH: Bildungsminister Martin Polaschek (…VP) beim Besuch einer Sommerschule am Dienstag, 23. August 2022 in Wien. Am Montag hat in Wien, Niederšsterreich und dem Burgenland zum dritten Mal die Sommerschule begonnen, bundesweit nutzen diesmal fast 40.000 SchŸler das zweiwšchige Angebot. – FOTO: APA/EVA MANHART
Polaschek sieht das Land am Zug. APA

Bildungsminister Martin Polaschek erklärte zu Beginn des Jahres, dass er den Ball beim Land sehe, für entsprechende Mehrheiten an den Schulen zu sorgen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien geschaffen. Vor rund einem Jahr betonte Polaschek, mit der Bildungsdirektion zur gemeinsamen Schule in Kontakt zu stehen: „Aktuell sehen wir bundesweit keinen Anlass für weitere Diskussionen.“ Im Juni 2022 machte er darauf aufmerksam, dass „wir mit unserem System, das auf Individualisierung geht, ein sehr gutes System haben“. „Wir müssen eher darauf schauen, dass wir auf die jeweilige Schule und die jeweilige Region bezogen das beste Angebot schaffen. Das bedeutet ein vielfältiges Angebot. Wir arbeiten an verschiedenen Modellen.“ Eine groß angelegte Grundsatzdiskussion brauche es nicht.