Rainer Keckeis

Kommentar

Rainer Keckeis

Akademische Neider

Politik / 29.07.2024 • 08:40 Uhr

Das österreichische Bildungssystem zeichnet sich im internationalen Vergleich durch eine besonders gute Qualität im Bereich der berufsbildenden Schulen und der Gymnasien aus. Weniger gut bestellt ist es bei der Frühkindpädagogik und dem universitären Bereich. Dennoch: obwohl dieser Bereich mit eigener Rechtsfähigkeit, viel Steuergeld und somit weitgehender Autonomie ausgestattet ist, schafft es nur eine einzige österreichische Hochschule im jährlichen Universitätsranking unter die Top 200. Wer nun aber wie ich naiverweise annimmt, dass bildungspolitische Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte zu einem Zusammenrücken der Entscheidungsträger führen werden, um das Beste für unsere Jugend zu erreichen, irrt gewaltig. So kritisiert Psychologieprofessor Oliver Vitouch als oberster Universitätsfunktionär Österreichs Bestrebungen zur Gründung von mehr Universitäten.

„Bislang fehlt allerdings ein klares Commitment aus dem Landhaus.“

Auch der offenkundige Mangel an medizinischem Fachpersonal hat seiner Meinung nach nichts mit Kapazitäten an den Med-Unis zu tun. Deshalb seien folgerichtig auch zaghafte Versuche in Vorarlberg und dem Burgendland zur Gründung von medizinischen Privatuniversitäten strikt abzulehnen. Und dies nicht nur wegen seiner Befürchtungen, bestehende Universitäten würden dadurch finanziell ausgehungert. Er unterstellt in einem Atemzug diesen Initiativen auch, dass es zu fachlichen Mängeln in der Ausbildung kommen würde. Das ist, mit Verlaub, eine naive Unterstellung und Beleidigung der Initiatoren des Vorarlberger Versuchs zu Gründung einer Privatuniversität. Immerhin steht mit dem AKS eine von Ärzten betriebene, fachlich kompetente Organisation hinter diesem Vorstoß. Diese seltsame Positionierung des obersten Universitätsvertreters müsste eigentlich auch für das Land Vorarlberg Anlass genug sein, endlich das Gaspedal zu drücken, Nägel mit Köpfen zu machen und eine Umsetzung der Privatuniversität lautstark zu unterstützen. Bislang fehlt allerdings ein klares Commitment aus dem Landhaus.

Und solange dies auf sich warten lässt, scheitern selbst sehr seriös aufgestellte Initiativen am Widerstand bestehender universitärer Strukturen. Diesen geht es nämlich ausschließlich um das Wohl ihrer eigenen Einrichtungen und nicht darum, was für unser Land sinnvoll ist. Überaus deutlich wird das auch bei der Frage des Zugangs zu den Universitäten. Der Vorsitzende der Uni-Konferenz meint, dass die Matura als Zugangskriterium eigentlich ausgedient hat. Gleichzeitig aber will er erreichen, dass jede Uni im Wesentlichen selbst entscheidet, wer dort studieren darf.

Freier Zugang zu universitärer Bildung schaut jedenfalls anders aus und selbst der Hinweis auf die soziale Durchlässigkeit des Bildungssystems dient offenbar lediglich dazu, die Machtposition der Universitätsbürokratie auszubauen und längst überfällige und notwenige Innovationen zu verhindern.

Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.