Pensionen werden erhöht: “Wir spüren die Teuerung”

Die Regierung wird die Pensionen der Teuerung anpassen. Pensionisten sehen das als nötigen Schritt, der laut Agenda Austria zusätzlich drei Milliarden Euro kostet.
Julia Schilly-Polozani, Michael Prock
Wien, Koblach Man müsse sich mittlerweile nach der Decke strecken, erzählt Hansjörg Ellensohn aus Koblach. Der 75-Jährige spürt die Teuerung. “Es geht noch, weil meine Frau und ich neben der Pension arbeiten. Und wir nutzen die Rabattmarken der Supermärkte aus.” Der Teuerungsausgleich sei deshalb für Pensionistinnen und Pensionisten wichtig. Jetzt steht fest: Den 2,3 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten wird die Teuerung der vergangenen Monate voll ausgeglichen. Das hat die türkis-grüne Bundesregierung am Dienstag beschlossen.
Wie viel bekommen die Pensionistinnen und Pensionisten?
Ab 2025 sollen die Pensionen und auch die Ausgleichszulagen um voraussichtlich 4,5 bis 4,7 Prozent steigen. Die rund 200.000 Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten können dadurch mit einer Steigerung von aktuell mindestens 1217,96 auf voraussichtlich rund 1275 Euro rechnen.
Betrifft das auch die Luxuspensionen?
Für die höchsten Pensionen gibt es wieder eine Deckelung.
Wie wirkt sich die Erhöhung auf die Durchschnittspension aus?
Die Durchschnittspension von 1694 Euro brutto pro Monat steigt damit um rund 78 Euro. Spitzenpensionen über der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage von 6060 Euro monatlich werden bis zu diesem Wert ebenfalls um den gesetzlichen Anpassungsfaktor erhöht.
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Handelt es sich um ein Wahlzuckerl?
Fest steht: Die Regierung ist dieses Mal vorgeprescht, denn der gesetzliche Anpassungsfaktor, berechnet aus der Durchschnittsinflation von August 2023 bis Juli 2024, steht erst fest, wenn auch die Juli-Inflation bekannt ist. Der finale Wert steht erst im September fest, dann soll auch erst der Nationalratsbeschluss folgen. Die Anhebung der Pensionen erfolge heuer zumindest im Ausmaß der angefallenen Inflation, heißt es von Seiten der Agenda Austria. Das allein sei für den Steuerzahler schon einmal eine gute Nachricht. In den Jahren 2018 bis 2023 wurden die Pensionen teilweise deutlich darüber hinaus angepasst. Außerdem ist es ärgerlich, dass die Regierung wieder nicht abwartet, wie die Lohnrunde verläuft. Im Vorjahr garantierte man den Menschen im Ruhestand bereits eine Erhöhung, die weit über dem lag, was sich Erwerbstätige als Zuwachs erwarten konnten.
Wie viel wird die Erhöhung kosten?
Die aktuelle Erhöhung wird im nächsten Jahr über drei Milliarden Euro zusätzlich kosten, berechnet Dénes Kucsera, Ökonom und Finanzmathematiker der Agenda Austria. Schon heute müsse die Regierung derzeit rund 30 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Budget in das Pensionssystem zuschießen. Das sei mehr, als die Corona-Krise gekostet hat, zieht Kucsera einen Vergleich. Dazu kommt, dass die „Pensionskrise“ jedes Jahr anfällt. In den Jahren 2024 bis 2028 werden dafür knapp 170 Milliarden Euro aus dem Budget zugeschossen werden müssen. Darum wird das Schulden-BIP-Verhältnis ohne Strukturreformen deutlich zunehmen.
Gibt es weiterhin eine Schutzklausel?
Ja. Für Neupensionisten wird die Schutzklausel für das Pensionskonto um ein Jahr verlängert. Alle Personen, die 2025 regulär in Pension gehen, erhalten so die Inflation auf ihrem Pensionskonto abgegolten. Zusätzlich wird die gesetzliche Aliquotierungsregelung auch 2026 ausgesetzt, also ein Jahr länger als bisher vorgesehen. So erhalten alle Personen, die 2025 ihre Pension antreten, im darauffolgenden Jahr bereits die volle Pensionserhöhung – unabhängig davon, in welchem Monat sie in Pension gehen.
Werden Anreize für einen späteren Pensionsantritt gesetzt?
Zum Teil. Denn von der Schutzklausel ausgenommen sind jene Personen, die freiwillig vorzeitig in Pension gehen, also eine Korridorpension antreten, ohne dass sie zuvor arbeitslos waren. Damit werde ein Anreiz geschaffen, nicht früher in Pension zu gehen, betont die Bundesregierung.
Wie sehen junge Menschen die Pensionsdiskussion?
Drei Viertel der jungen Menschen machen sich Sorgen um die Höhe und Sicherheit ihrer künftigen Pension. Das zeigt eine Unique-Research-Studie von April. Die Mehrheit der Befragten rechnet nicht damit, in der Pension den gewünschten Lebensstandard halten zu können und vertraut nicht ins staatliche Pensionssystem. Damit ist die eigene Pension der zweitgrößte Sorgenfaktor der Jungen, noch vor Krieg (73 Prozent) und hinter der Teuerung.
Wie fallen die politischen Reaktionen aus?
Die SPÖ reagierte gespalten: Sie erkannte einerseits an, dass viele Pensionsantritte vor Verlusten bewahrt werden würden, fordert aber ein langfristig gerechtes Pensionssystem. Damit meinte sie etwa die endgültige Abschaffung der Pensionsaliquotierung sowie die Verankerung einer Schutzklausel im Dauerrecht. Als “Tropfen auf den heißen Stein” kritisierte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch die Erhöhung. Die NEOS erinnerten daran, dass im Gesetz stehe, dass die Inflation abgegolten werden soll. Alles darüber wäre “unverantwortlich”.
Anton Loacker aus Götzis wird ebenfalls eine Pensionserhöhung erhalten. “Die Teuerung spürt man bei jedem Einkauf”, berichtet der 77-Jährige. Er habe allerdings Glück: Aus Erbschaften, einem guten Job, Mieteinnahmen und die Möglichkeit, vieles anzusparen, konnte er sich einiges auf die Seite legen. “Uns geht es gut”, weiß der Götzner zu schätzen. Er betont aber: “Die Inflation muss natürlich abgegolten werden.”