Eine Gemeinde baut sich einen Schlachthof

Niemand will Tiertransporte, gleichzeitig fehlen Schlachtmöglichkeiten in Vorarlberg. Auch kleine Schlachtereien haben es schwer. Im Montafon entsteht nun eine Genossenschaftsschlachterei, die das Risiko für alle Beteiligten gering halten soll.
Schwarzach Tiertransporte sorgen weiter für Diskussionen. Wie wird Tierleid reduziert, ab wann gilt ein Produkt noch als regional, wie bleibt die Wertschöpfung in den Orten? Der Schlachthof Dornbirn, wo mehr als 6000 Rinder pro Jahr geschlachtet wurden, wurde Ende 2021 geschlossen. Parallel dazu geben quer durchs Land kleinere Metzgereien auf. Der neue Standort für eine Schlachterei in Rankweil konkretisiert sich nun weiter. Gleichzeitig arbeiten Regionen wie das Montafon an kleineren, regionalen Alternativen. In der Gemeinde St. Gallenkirch setzt zum Beispiel eine engagierte Initiative gerade eine Genossenschaftsmetzgerei um.
500 Tiere jährlich sollen ab Ende 2025 am neuen Standort geschlachtet werden, informiert Josef Lechthaler, Bürgermeister von St. Gallenkirch, die VN. Aktuell gibt es noch eine Schlachtmöglichkeit, dort werden etwa 240 bis 260 Rinder, Schweine, Schafe und Wild pro Jahr geschlachtet und/oder verarbeitet. Der neue Standort bietet primär zwei Vorteile: größere Kühlräumlichkeiten und eine Lage im Gewerbegebiet, abseits von Wohnhäusern.
Bevölkerung befragt
“Der Druck und die Anforderungen an Schlachtbetriebe wird größer. Viele kleinere Schlachtereien fallen weg“, schildert Lechthaler die Situation. “Diese geplante Metzgerei stellt eine bedeutende regionale Initiative für das Montafon dar und wird die lokalen Strukturen stärken”, sagt der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP) den VN. Im Rahmen der Strategie „Metzgerei Netzwerk Vorarlberg“ begleitet das Land Vorarlberg dieses Projekt intensiv und wird es auch finanziell bei der Errichtung unterstützen, ergänzt Gantner.
Wichtig sei gewesen, die Bevölkerung von Anfang an bei der Mitgestaltung einzubeziehen, betont Lechthaler. Was ist ihnen wichtig? Wie wollen sie die Genossenschaftsschlachterei nutzen? Aktuell läuft dazu auch noch eine Online-Umfrage auf der Homepage der Gemeinde, die auch via Fragebogen in Papierform ausgefüllt werden kann. “Der Zuspruch ist groß. Aber einige sind auch skeptisch, was den laufenden Betrieb und die Finanzierung betrifft”, räumt Lechthaler ein.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Sonstige angezeigt.
Risiko minimieren
Das Bauprojekt wurde von der Bezirkshauptmannschaft bereits genehmigt. Die Kosten für die Errichtung belaufen sich auf etwa 1,5 Millionen Euro, so Lechthaler. Diese werden laut der Gemeinde durch Einlagen der Genossenschafterinnen und Genossenschafter und Sponsoren sowie durch Förderungen seitens des Bundes mit maximal 28 Prozent gestemmt. Seitens des Landes gibt es eine Zusage, bis maximal 40 Prozent aufzustocken. Die Montafoner Gemeinden würden mittels Talschaftsfonds den Anteil auf die maximale Förderhöhe von 65 Prozent übernehmen.
Die Genossenschafter und Genossenschafterinnen bringen sich mit einem Beitrag von 1000 Euro pro Anteil ein und haften lediglich mit ihrer doppelten Einlage für die Metzgerei. Firmen und Privatpersonen dürfen Zahlungen leisten, ohne dass sie beteiligt sind. Durch die Form der Genossenschaft werde das Risiko minimiert, sagt der Bürgermeister. Aktuell sind 130 Interessenten gelistet, vorwiegend Landwirte und Landwirtinnen und Jäger.
Neuer Standort in Rankweil verzögert sich
Der neue Schlachthof in Rankweil lässt unterdessen weiter auf sich warten. Nach dem Wegfall des Schlachthofs in Dornbirn hat der Betrieb von Markus Gstach in Rankweil die größten Schlachtkapazitäten in Vorarlberg übernommen. An diesem Standort laufen derzeit die finalen Planungen, um eine neue und moderne Schlachteinrichtung auf höchstem technischen Stand zu errichten, berichtet Gantner. Gleichzeitig soll der laufende Betrieb nicht gestört werden.

“Wir hängen noch in der Warteschleife mit den letzten Genehmigungen”, berichtet Gerhard Fruhauf, Obmann der Ländle Vieh-Vermarktung. Eigentlich hätten die Schlachtungen schon im Frühjahr dieses Jahres beginnen sollen. Nun hofft man auf Baustart Ende des Jahres und Inbetriebnahme Ende 2025.
Prinzipiell sei mit allen Beteiligten geklärt, wie das Projekt aufgestellt ist. “Wir arbeiten transparent und gläsern – auch für alle, die den neuen Schlachthof kritisch sehen”, betont Fruhauf. Etwa 6000 bis 7000 Rinder sollen pro Jahr geschlachtet werden können, “mit Luft nach oben”, sagt er. Die Kosten von fünf Millionen Euro sollen trotz Bauverzögerungen nicht überschritten werden.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Infogram angezeigt.
14.338 Rinder-Schlachtungen
620.000 Rinder, 4,64 Millionen Schweine und 172.000 Schafe wurden im Vorjahr in Österreich laut Statistik Austria geschlachtet. In Vorarlberg fallen die Zahlen erwartungsgemäß geringer aus als in vielen anderen Bundesländern: 14.338 Rinder, 10.859 Schweine, 9600 Schafe und 1345 Ziegen wurden im Vorjahr bei untersuchten Schlachtungen gezählt. Dazu kommen 7906 Kälber unter acht Monaten und 455 Jungrinder unter einem Jahr.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Maßnahmen gegen Kälbertransporte
Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2024 wurden laut Auskunft aus dem Büro des zuständigen Landesrats Gantner 1601 Kälber und 997 Rinder in andere Länder der EU oder die Schweiz transportiert. Die Zahl der Kälber, die in Vorarlberg geboren und ins Ausland oder über andere Bundesländer in das Ausland verbracht wurden, reduzierte sich im Jahr 2023 gegenüber 2018 um 35 Prozent, informiert Gantner weiter. Das sei darauf zurückzuführen ist, so der Landesrat, „dass das breite Maßnahmenbündel von Land und Landwirtschaftskammer zur Reduktion der Kälbertransporte Wirkung zeigt”.