Comeback-Versuch: Neuer Anlauf für die Gemeinsame Schule

Die Landesstatthalterin erklärt, welche Pläne geschmiedet werden und wie die Umsetzung für die Schule der Zehn- bis 14-Jährigen aussehen könnte. Auch der Bund muss mitspielen.
Schwarzach Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink startet einen neuen Anlauf für die Gemeinsame Schule. Eine Modellregion wird gewählt, in der Gymnasium und Mittelschule die neue Schulform austesten sollen. Die Landesstatthalterin hofft, dass so die Akzeptanz dafür steigt.
Bis vor kurzem waren über 40 Stellen bei den Pflichtschulen ausgeschrieben, zehn davon Vollzeit. Können Sie den Personalmangel, wie er derzeit ist noch kompensieren?
Schöbi-Fink Es ist herausfordernd, aber es sind mittlerweile alle Leiterstellen besetzt. Bei den klassenführenden Lehrpersonen fehlt noch eine Handvoll, für Teamteaching noch einige Stunden und auch bei der Deutschförderung. Aber wir haben fast 2500 Köpfe ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer in der Volksschule.
Was passiert mit Klassen ohne klassenführende Lehrpersonen?
Schöbi-Fink Stand heute gehe ich davon aus, dass alle Klassen eine klassenführende Lehrperson haben werden. Aber es ist herausfordernd.
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STERREICH: ++ THEMENBILD ++ SCHULE / SCHULBEGINN / SCHULSTART / SCHULARTIKEL Illustration zu den Themen Schule / Schulbeginn / Schulstart / Schulartikel. Im Bild: Ein Schulstart Schild aufgenommen am Montag, 19. August 2024, anl. eines Medientermins der Caritas der Erzdizese Wien “Auftakt Schulstartaktion fr armutsbetroffene Familien?, in Wien. . – FOTO: […]](/2024/08/ABD0057-20240819-1-scaled.jpg)
Welche Rolle spielen pensionierte Lehrerinnen und Lehrer?
Schöbi-Fink Sie spielen eine Rolle, aber damit können wir die Personalsituation nicht retten. Aber wir sind natürlich dankbar, wenn sie bleiben oder reduziert bleiben.
Und Quereinsteiger?
Schöbi-Fink Quereinsteiger sind sehr hilfreich. Allerdings betrifft das weniger die Volksschule, weil da gibt es den klassischen Quereinsteiger nicht, sondern die Sekundarstufe, wo es einen Fächerunterricht gibt. Dort sind sie sehr wichtig.
Sie können ohne pädagogische Ausbildung beginnen. Wächst da die Kritik unter der Lehrerschaft?
Schöbi-Fink Sie können beginnen, aber sie müssen sich sofort bei der Pädagogischen Hochschule einschreiben und sind ab dort für den pädagogischen Teil Student. Insgesamt werden die Quereinsteigerinnen und -einsteiger schon als Bereicherung empfunden. In Summe funktioniert es gut. Es gibt auch strenge Qualitätskriterien.

Wie sieht es mit der Pensionswelle in der Lehrerschaft aus?
Schöbi-Fink Wir sind mitten drinnen. Es wird aber langsam besser. Der Lehrermangel hat aber natürlich was mit der Demografie zu tun. Wenn Neos-Parteiobfrau Beate Meinl-Reisinger sagt, sie will 20.000 Lehrer mehr ausbilden, dann sage ich: Alles Gute, das möchte ich auch. Nur liegt es nicht an den Ausbildungsplätzen.
Gibt es ausreichend Nachwuchs, um den Bedarf in den nächsten Jahren zu decken?
Schöbi-Fink Aus der PH Vorarlberg heißt es, dass der Bedarf bei den Volksschullehrerinnen und -lehrern bald erfüllt werden kann. Anders sei es in der Sekundarstufe.
Der Bund lehnt eine Westzulage für Lehrerinnen und Lehrer in Vorarlberg ab, obwohl die Lebenshaltungskosten hier deutlich höher sind. Wie wichtig wäre das?
Schöbi-Fink Total wichtig. Wir sind nicht nur ein Hochpreisland, sondern wir haben auch noch eine Konkurrenz über der Grenze, die völlig andere Lehrergehälter zahlen kann. Wir spüren die Abwanderung nach Liechtenstein und in die Schweiz. Das Ministerium hat eine Westzulage aber abgelehnt.
Könnte das Land mehr zahlen?
Schöbi-Fink Nein, das dürfen wir nicht.

Was die Kinderbetreuung betrifft, gilt ab dem kommenden Schuljahr der Versorgungsauftrag für Schülerinnen und Schüler. In der Ferienzeit greift dieser Versorgungsauftrag nicht. Warum?
Schöbi-Fink Der Versorgungsauftrag für Schülerinnen und Schüler gilt für Schultage von 8 bis 16 Uhr, aber nicht für Ferientage oder unterrichtsfreie Tage. Aber auch da muss die Gemeinde nach dem Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz für alle Kinder zwischen 0 und 14 Jahren am Beginn des Kalenderjahres erheben, welcher Bedarf in der Gemeinde besteht. Und sie muss dann diesen Bedarf bestmöglichst decken. Wenn sie den Bedarf nicht erfüllen kann muss sie einen Maßnahmenplan vorlegen, wie sie das in den kommenden Jahren tun wird.
Auch ohne Versorgungsauftrag?
Schöbi-Fink Ja. Sie muss bestmöglich den Bedarf abseits des Versorgungsauftrages begegnen?
Was passiert, wenn sie es nicht macht?
Schöbi-Fink Außerhalb des Versorgungsauftrags gibt es keine Sanktionen.
Was ist Ihre Meinung zur Gemeinsamen Schule?
Schöbi-Fink Ich halte es für sehr sinnvoll. Wir verfolgen nach wie vor diesen Weg. Die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen sind aber so, dass eine Modellregion Vorarlberg eher verhindert wird, da jede einzelne Schule zustimmen muss. Ich möchte aber nicht verunmöglichen, sondern ermöglichen. Deswegen versuchen wir jetzt ein Konzept zu entwickeln, das freiwillig ist. Die Schulen können sich auf den Weg in Richtung Gemeinsame Schule begeben. Wir brauchen das Ministerium dazu aber trotzdem, weil wir etwa die Zusage brauchen, dass wir auch in AHS-Gebäude, die auch dem Bund gehören, eine Gemeinsame Schule einrichten können oder die Lehrer auch dort unterrichten dürfen. Die ersten Gespräche verliefen positiven. Wir machen nun einen Schulversuch mit freiwilligen Schulen und begleiten diesen wissenschaftlich. So können wir erfahrbar machen, was die Gemeinsame Schule bedeuten würde.

Wie läuft der Versuch konkret ab? Wer sind diese freiwilligen Schulen? Aus welcher Region?
Schöbi-Fink Sinnvollerweise müssen die Schulen in einer Region zusammenhängen, weil sonst kann man ausweichen. Wir hüten uns jetzt zu sagen, wo wir es gerne hätten, weil das sofort Unsicherheiten schürt. Die Bildungsdirektion ist in guten Gesprächen mit einigen Mittelschulen und Gymnasien, die räumlich zusammenhängen.
Wie würde das funktionieren? Würde man nach der Volksschule in dieser auserwählten Region einfach in eine der Schulen zugewiesen?
Schöbi-Fink Das sind die ganz praktischen Fragen, die wir im kommenden Jahr gemeinsam mit dem Ministerium klären, sodass wir 25/26 mit diesem Versuch starten können.
Es wird funktionieren, Ausweicher zu vermeiden?
Schöbi-Fink Dass wir es ganz vermeiden, wird nicht möglich sein, weil es kann natürlich zum Beispiel ein Dornbirner immer nach Bregenz in die Schule und umgekehrt. Aber wir versuchen es möglichst zu vermeiden und vor allem Vertrauen bei der Bevölkerung und den Familien zu erwecken.
Aber vorerst würde in der auserwählten Region Gymnasium und Mittelschule bestehen bleiben?
Schöbi-Fink Genau. Wir als Land können kein Gymnasium auflösen. Aber wir können eine Entscheidung vorbereiten. Dazu braucht es auch die Erfahrung, was eine gemeinsame Schule kann, sodass es Vertrauen bei den Lehrern und vor allem bei den Familien wächst. Dann ist eine faire Abstimmung möglich.