Wahlprogramme im Vergleich: Die Positionen der großen Parteien zu Wirtschaft, Gesundheit und Migration

Politik / 25.09.2024 • 13:31 Uhr
Wahlprogramme im Vergleich: Die Positionen der großen Parteien zu Wirtschaft, Gesundheit und Migration

Die großen Parteien Österreichs differenzieren sich deutlich in ihren Ansätzen zu Schlüsselthemen. Die VN bieten einen schnellen Überblick, welche Pläne sie für die Zukunft des Landes haben.

Wien Wie gestalten wir unsere Wirtschaft, damit Wohlstand und soziale Sicherheit erhalten bleiben? Wie organisieren wir Pflege und Gesundheitsversorgung in einer alternden Gesellschaft? Wie wollen wir Menschen behandeln, die auf der Flucht nach Österreich kommen? Wie erhöhen wir die Sicherheit im Land? Die VN hat nachgelesen, ob die fünf großen Parteien, die jetzt schon im Nationalrat vertreten sind, in ihren Wahlprogrammen darauf Antworten liefern.

Ewige Baustelle Pflege und Gesundheit

Bis zum Jahr 2080 wird laut Statistik Austria bereits knapp jeder dritte Mensch in Österreich älter als 65 Jahre sein. Heute ist es jeder Fünfte. Das wird den Druck auf Pflege- und Gesundheitssystem erhöhen, schon jetzt fehlen Fachkräfte. Die ÖVP verspricht 800 neue Kassenarzt-Stellen. Das soll unter anderem durch eine Berufspflicht nach dem Medizinstudium gelingen. Insgesamt sollen elf Milliarden Euro in das Pflege- und Gesundheitssystem investiert werden. In der Pflege soll einerseits die Versorgung zu Hause forciert, andererseits mehr ausgebildet und im Ausland rekrutiert werden. Die SPÖ will vor allem die Privatmedizin zurückdrängen und verspricht einen “Rechtsanspruch auf einen Termin innerhalb von zwei Wochen”. Zudem sollen alle zahnmedizinischen Behandlungen bis 23 Jahren und alle Impfungen eine Kassenleistung sein. Die Pflege soll “solidarisch organisiert” und der Beruf attraktiver werden.

Die FPÖ setzt auf das Migrationsthema und fordert “keine medizinische und pflegerische Versorgung von illegalen Migranten und Asylwerbern”. In der Pflege stellt sich die FPÖ eine Versorgung zu Hause als das Ideal vor und fordert “daheim vor stationär”. Auch die Grünen setzen auf markige Sprüche mit “E-Card statt Kreditkarte” und möchten die Mehrklassenmedizin abschaffen. Dazu gehört ein Ausbau der Kassenstellen und bessere Arbeitsbedingungen. Pflegekräfte sollen besser bezahlt werden. Den Neos schwebt eine Gesundheitsreform vor, die das System aus einer Hand finanziert. Eine freie Kassenwahl soll garantieren, dass die Wahlarztkosten übernommen werden, wenn es ansonsten keine angemessene Versorgung gibt. Die Pflege zu Hause soll attraktiver werden.

Sicherheit großes Wahlkampfthema

Das Thema Migration und Flucht ist nicht nur in den Wahldiskussionen prominent, sondern findet sich auch in allen Wahlprogrammen. Die Ansätze könnten aber nicht unterschiedlicher sein. Die ÖVP fordert Asylzentren sowie Strafvollzug in Drittstaaten. Der Grenzschutz soll durch 2500 Einsatzkräfte ausgebaut werden. Der Familiennachzug soll entweder ausgesetzt oder zumindest kontingentiert werden. Auch der Zugang zur Staatsbürgerschaft soll erschwert werden. Bei einschlägigen Gefährdern soll eine Sicherungshaft verhängt werden. Der Beitritt zu Sky Shield und die Messenger-Überwachung werden gefordert.

Die SPÖ fordert Asylverfahren an den EU-Außengrenzen. Abgewiesene Asylwerber sollen in sichere Drittstaaten abgeschoben werden, auch wenn sie nicht aus diesen stammen. Es soll ein Extremismus- und Terrorismus-Abwehrzentrum aufgebaut und 4000 Polizisten zusätzlich angestellt werden. Die FPÖ spricht im Wahlprogramm von einer “Remigrationsoffensive” in Richtung Syrien und Afghanistan. Zäune und Pushbacks an den Grenzen werden befürwortet. Den Familiennachzug möchte man abschaffen.”Risiko-Asylanten” sollen eine Fußfessel erhalten. Die FPÖ lehnt Sky Shield ab.

Die Grünen widmen dem Asylthema weniger Platz und treten zum Beispiel, wie die Neos, für sichere und legale Fluchtrouten ein. Den Zugang zur Staatsbürgerschaft will man – ebenso wie die Neos und anders als der Koalitionspartner ÖVP – erleichtern. Weiters fordern die Neos ein Berufsbundesheer und als einzige Partei den Verzicht auf die Neutralität. Hürden zur Staatsbürgerschaft sollen abgebaut werden.

Sicherung von Wohlstand

Die ÖVP setzt zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts auf Bürokratieabbau und eine Senkung der Unternehmenssteuern. Die Lohnnebenkosten sollen um 0,5 Prozent pro Jahr sinken, die Körperschaftsteuer durch einen Automatismus konstant unter dem EU-Durchschnitt gehalten werden. Es soll einen “Vollzeitbonus” von 1000 Euro geben, Überstunden steuerfrei und Arbeiten in der Pension von Abgaben befreit werden. Die Lohn- und Einkommensteuer sollen gesenkt werden, das Arbeitslosengeld mit der Zeit reduziert werden, also degressiv sein.

Die SPÖ entwirft in ihrem Wahlprogramm eine ökosoziale Transformation der Wirtschaft und würde dafür einen Fonds mit einem Volumen von 20 Mrd. Euro schaffen. Dieser soll von der Staatsholding ÖBAG gemanagt werden. Förderungen soll es nur für Unternehmen geben, die soziale Kriterien erfüllen. Eine Vier-Tage-Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich soll getestet werden.

Die FPÖ will etwa die Lohnnebenkosten senken. Um den Gütertransport zu entlasten, möchte die FPÖ die CO₂-Abgabe abschaffen und in Phasen besonderer Teuerung eine Preisdeckelung für Treibstoff sowie eine temporäre Senkung der Mineralölsteuer. Wer über das Pensionsalter hinaus arbeitet, soll steuerlich bevorzugt werden. Die Grünen konzentrieren sich auf nachhaltige Wirtschaftspolitik und ökologische Transformation. Sie fordern Investitionen in grüne Technologien und die Schaffung von “grünen” Arbeitsplätzen. Im Arbeitsmarktbereich streben sie nach besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen: So wollen sie die Wochenarbeitszeit schrittweise auf 35 Stunden verkürzen. Liberale Wirtschaftspolitik gibt es bei den Neos: Die Wettbewerbsfähigkeit soll durch Reformen im Steuerrecht und der Arbeitsmarktregulierung steigen. Sie befürworten eine Senkung der Lohnsteuer und der Lohnnebenkosten.