Rauch: “Das Ergebnis ist keine Katastrophe”

Politik / 29.09.2024 • 21:25 Uhr
ABD0300_20240929 – …STERREICH-WEIT: Sozialminister Johannes Rauch (GR†NE) am Sonntag, 29. September 2024, anlŠsslich einer Wahlparty der GrŸnen im Rahmen der Nationalratswahl in Wien. – FOTO: APA/TOBIAS STEINMAURER
Sozialminister Johannes Rauch bei der Wahlparty in Wien am Sonntag. APA

Sozialminister Johannes Rauch schließt personelle Konsequenzen aus, während er sich ein stärkeres Engagement für den Klimaschutz gewünscht hätte.

Wien Für Sozialminister Johannes Rauch ist das Ergebnis der Grünen “keine Katastrophe”, auch wenn er sich ein stärkeres Zeichen in Richtung Klimaschutz gewünscht hätte. Personelle Konsequenzen werde es jedenfalls keine geben, sagte er den VN bei einem Interview im Parlament in Wien nach der ersten Hochrechnung.

Minus 5,6 Prozent laut aktueller Hochrechnungen: Richtig zufrieden werden Sie mit dem Ergebnis der Grünen wohl nicht sein?

Rauch Es ist unzweifelhaft so, dass wir uns natürlich ein stärkeres Signal auch Richtung Klimaschutz erwartet hätten. Trotzdem: Das Ergebnis ist auch keine Katastrophe. Es ist ein klarer Auftrag, weiterzumachen. Es stehen in 14 Tagen Landtagswahlen in Vorarlberg an, bei denen es wohl darum geht, jetzt auch um jede einzelne Stimme zu laufen. Und in Vorarlberg stellt sich nach diesem Ergebnis auf Bundesebene schon mehr denn je die Frage für die Landesregierung: schwarz-blau oder schwarz-grün? Ich kenne beides und ich kann aus Erfahrung sagen, schwarz-grün ist jedenfalls die bessere Wahl.

Bezüglich Klimawandel: Für nur zwei Prozent der Menschen war laut Umfrage vom Institut von Peter Hayek das Hochwasserereignis vor zwei Wochen wahlentscheidend. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Rauch Es liegt wohl daran, dass Menschen auch schnell vergessen, was sich dort abgespielt hat, in Niederösterreich und auch in anderen Teilen Europas. Aber das geht ja nicht weg. Nur weil eine Partei jetzt stimmenstärkste ist in Österreich, die den Klimawandel leugnet, verschwindet er ja nicht einfach. Wir Grüne stehen dafür, auch weiter dafür einzutreten, dafür zu kämpfen, auch deutlich zu machen, dass damit wirtschaftliche Chancen verbunden sind, auch mit einem Aus der Abhängigkeit von russischem Gas. Das ist unser Auftrag in den kommenden Wochen und Monaten, das auch deutlich zu machen, und da machen wir auch weiter, auch die Kampfbereitschaft jetzt zu wecken, zu sagen, ja, jetzt erst recht. Wir kämpfen für eine menschengerechte Zukunft für unsere Kinder und für unsere Enkelkinder. Das bleibt. 

Trotz der Brisanz des Klimawandels, gelingt es nicht, die Botschaft so richtig an die Wählerinnen und Wähler zu bringen im Moment. Liegt es an der Konkurrenz zu anderen Krisen? 

Rauch Es haben die Regierungen in ganz Europa schwierige Jahre hinter sich und alle, die zur Wahl angetreten sind, haben denselben Trend zu spüren bekommen: Dass nämlich die ganz rechten Parteien mit ihren vermeintlich einfachen Antworten reüssieren. Aber es wird sich auf die Länge einfach zeigen, dass das Seifenblasen sind, dass das nicht hält. Ich habe das schon oft erlebt, ich bin jetzt über 30 Jahre im Geschäft, dass diese Höhenflüge der FPÖ dann wieder ins Gegenteil umschlagen, weil einfach nicht gehalten werden kann, was dort versprochen wird. Was es braucht, ist eine solide Arbeit, ist auch politisches Handwerk, das deutlich macht, wir kümmern uns um die Anliegen der Menschen, wir verbessern die Lebensverhältnisse, wir kümmern uns um den Klimawandel und vor allem, wir sind ein Österreich, das seinen Platz in Europa hat, das eine proeuropäische Haltung einnimmt, wie es das Land Vorarlberg im Übrigen immer getan hat. Unsere Ausrichtung war immer proeuropäisch und das bringt uns weiter.

Wird es auch personelle Konsequenzen bei den Grünen nach diesem Wahlergebnis geben?

Rauch Nein, das steht überhaupt nicht zur Debatte. Wie gesagt, wir haben uns zwar ein besseres Ergebnis erwartet, aber es ist solide, darauf kann aufgebaut werden. Ich glaube, wir haben in den letzten fünf Jahren in der Regierung, wo uns viele schon abgeschrieben hatten, eine ordentliche Arbeit abgeliefert. Das finde ich, macht sich auf Länge auch bezahlt. Wir sind bekannt dafür, dass wir einen langen Atem haben. Es geht jetzt um Vorarlberg, dann Steiermark, dann Burgenland, dann Wien. Und in 14 Tagen in Vorarlberg ist die entscheidende Frage: Gelingt es dort, den Kurs, der in den letzten zehn Jahren zum Wohle des Landes gefahren worden ist, Schwarz-Grün fortzusetzen? Ich plädiere dafür, weil es eine Koalition der Vernunft, der Nachhaltigkeit und der Solidarität ist und keiner, der auf Hass und Ausgrenzung setzt. 

Sie haben gemeint, Sie würden gerne weitermachen. Wird dieses Wahlergebnis Auswirkungen auf Ihre politische Zukunft haben? 

Rauch Ich habe Werner Kogler gesagt, dass ich bei den Sondierungsgesprächen, die stattfinden werden, auf jeden Fall dabei sein werde. Es wird sich dann am Ende des Abends oder am Morgen herausstellen, wie die Mandatsverteilungen wirklich sind. Ich gehe davon aus, dass die Regierungsbildung auch nach den ersten Interviews, die ich jetzt gehört habe, vonseiten des Bundeskanzlers länger dauern wird. Dafür stehe ich jedenfalls zur Verfügung und den Rest wird man dann sehen. 

Allem Anschein nach werden Sie wahrscheinlich in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr Gesundheits- und Sozialminister sein. Was hätten Sie gerne noch umgesetzt? 

Rauch Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen. Zunächst bin ich stolz darauf, ein paar Dinge umgesetzt zu haben, die schon wichtig sind. Gesundheitsreform, eine Milliarde pro Jahr zusätzlich in die Gesundheit die nächsten fünf Jahre, in der Pflege dasselbe oder auch 60 Euro pro Kind und Monat dauerhaft jetzt verankert, um Menschen, die armutsgefährdet sind, zu helfen oder den Wohnschirm, der einfach hilft. Menschen, die davon bedroht sind, dass sie aus der Wohnung geschmissen werden, weil sie ihre Miete nicht bezahlen können, das verankert zu haben, das finde ich ist schon gut gelungen. Eine Kindergrundsicherung, die steht aus. Also tatsächlich jedem Kind die gleichen Chancen zu geben, egal welches Einkommen die Eltern haben, egal wo es geboren ist, das finde ich ist die größte Herausforderung. Wir können es uns einfach nicht leisten, auch nur ein einziges Kind zu verlieren.   

Zum Schluss noch eine Frage zu einem Projekt in Vorarlberg, mit dem Sie auch Aufsehen erregt haben. Wie geht es jetzt weiter mit dem Projekt zur Gratisverhütung in Vorarlberg?

Rauch Das ist ein Pilotprojekt, das wir tatsächlich initiiert haben, weil wir anhand des kleinen Bundeslandes Vorarlberg anschauen möchten, wie das funktioniert. Die ersten Ergebnisse, die wir haben, es gibt eine fulminant große Nachfrage, das scheint ein wirklicher Erfolg zu werden. Es wird auch wissenschaftlich begleitet. Das soll die Voraussetzung schaffen, dass wir es auf ganz Österreich ausweiten. Das Pilotprojekt startet in Vorarlberg im Herbst und die Anmeldungen dazu sind wirklich hervorragend.