Vertane Chance
Unabhängig der noch ungewissen Regierungskonstellation steht mit dem Ausgang dieser Nationalratswahl ein Verlierer längst fest: die Grünen. Angetreten mit dem Versprechen, die Transformation der Unternehmen in Richtung nachhaltige Produktion und Distribution voranzutreiben, ist außer ein paar Bürokratiemonstern wie der EU-Bodenschutzverordnung oder den ausufernden Berichtspflichten für Unternehmer wenig Konkretes auf Schiene gebracht worden.
„Von der versprochenen Klimapolitik sind gefühlt lediglich einseitige Belastungen für Bürger übriggeblieben.“
Der sowohl aus umwelt- als auch sicherheitspolitischen Gründen dringend notwendige Ausstieg aus dem Gas ist nicht einmal ansatzweise erfolgt. Im Gegenteil: unternehmerische Initiativen wie beispielsweisejene von Rondo in Frastanz wurden und werden durch komplizierte, teure und langwierige Verfahren regelrecht behindert. Dafür wurde das Feindbild aller Grünen, der Individualverkehr, ins Fadenkreuz genommen. Autofahrer werden durch die neue Nova und die außerordentliche Anhebung der Strafen für unangemessenes Verhalten im Straßenverkehr deutlich mehr belastet. Nicht mehr geschafft haben sie die Einführung von Tempo 100 auf Autobahnen. Das hätte zwar dem Klima kaum etwas gebracht, dafür aber die grüne Basis wie auch die Klimakleber beruhigt.
Diese Einschätzung mag für einen überzeugten Grünen etwas zynisch klingen, hat aber einen realen Hintergrund: Von der versprochenen Klimapolitik sind gefühlt lediglich einseitige Belastungen für Bürger übriggeblieben. Selbst die wohl wichtigste Maßnahme in Sachen Klimaschutz, nämlich die Einführung der CO2-Abgabe, wurde von der mehr als nur streitbaren grünen Ministerin Leonore Gewessler schlecht administriert und noch schlechter kommuniziert. Logische Konsequenz ist fehlende Akzeptanz beim betroffenen Bürger.
Die magere Ökobilanz der letzten Regierung haben jedoch nicht nur die Grünen zu verantworten. Auch wenn der Ökopartei der Spagat zwischen Ankündigungen und tatsächlicher Umsetzung schlechter gelang als dem Regierungspartner. Dieser hat sich den Grünen gegenüber nämlich nicht durchwegs fair verhalten und damit die konstruktiven Kräfte auf der grünen Seite wie Vizekanzler Werner Kogler oder Klubchefin Sigrid Maurer geschwächt. Dafür aber die destruktiven Kräfte um Ministerin Gewessler und Nationalrätin Nina Tomaselli gestärkt. Und dies zum Schaden aller, vor allem aber der Grünen selbst. Die an sich attraktive Zusammensetzung der letzten Regierung mit unterschiedlichen Interessenlagen hat jedenfalls eines deutlich zutage befördert: ohne gegenseitiges Vertrauen und konstruktive Zusammenarbeit ist das Scheitern vorprogrammiert. Zu hoffen bleibt, dass die neue Koalitionsregierung aus diesen Fehlern lernt und die Abwahl der Grünen nicht zum Anlass nimmt, den überlebenswichtigen Klimaschutz auf den Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben. Die neue Bundesregierung hat jedenfalls die Chance, zu zeigen, dass Klimaschutzpolitik auch ohne grüne Endzeitpropheten funktioniert.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.
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