Michael Prock

Kommentar

Michael Prock

Karawane der Unaufgeregtheit

Politik / 09.10.2024 • 16:21 Uhr

Die Karawane zieht fast immer weiter. Vor allem in Zeiten von Skandalen, Affären und anderen Aufgeregtheiten bauen Politikerinnen und Politiker auf diese alte politmediale Weisheit. In der vergangenen Legislaturperiode schien ein Thema die Zeit aber zu überdauern. Am Ende hat es auch die Aufregung um die Vorgänge im Vorarlberger ÖVP-Wirtschaftsbund nicht bis in den Wahlkampf geschafft. Das mag manche verwundern – dem Wahlkampf hat es aber gutgetan.

Können Sie sich noch daran erinnern? Eine Steuerprüfung führte zu Selbstanzeigen der Wirtschaftsbund-Spitze. Es ging um die Steuern für Inserateneinnahmen im hauseigenen Magazin und um die Frage, ob Geldflüsse des Wirtschaftsbunds an die Mutterpartei ÖVP als Spenden oder als parteiinterne Überweisungen gelten. Das Resultat: Rücktritte und zahlreiche Akten im U-Ausschuss, über die monatelang berichtet wurde. Schließlich sorgte eine Aktion im Büro von Landeshauptmann Markus Wallner für einen schwarz-grünen Koalitionskrach im Landhausgebälk. Man fragte in der IT-Abteilung nach, ob man Daten von Wallners Handy löschen könne – dort benachrichtigte man den zuständigen Landesrat Daniel Zadra, der wiederum die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft informierte.

Schließlich meldete sich auch noch ein ehemaliger Manager eines Vorarlberger Unternehmens, der Wallner bezichtigte, für Wirtschaftsbund-Inserate geworben zu haben, indem er im Gegenzug bei Behördenverfahren Hilfe angeboten haben soll. Nun geriet auch der Landeshauptmann ins Visier der Ermittler. Die Hysterie war groß. Die Opposition forderte einen Untersuchungsausschuss, brachte einen Misstrauensantrag gegen Wallner ein und forderte seinen Rücktritt. In dieser Zeit wurde es selbst Wallner zu viel, und er ließ sich für einige Monate krankschreiben.

Nun sind zwei Jahre vergangen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wollte die Ermittlungen abschließen (wir kennen das Ergebnis nicht). Nun muss sie auf Geheiß des Weisenrats aber noch weiter ermitteln. Auch das Finanzstrafverfahren läuft weiterhin.

Was bleibt? Die ÖVP hat das Personal im Wirtschaftsbund bald ausgetauscht. Weitere Konsequenzen blieben aus – am Ende beschloss Vorarlberg aber ein strenges Transparenzgesetz für Parteien. Was bleibt nicht? Die Stimmung von damals. Die Parteien haben sich längst wieder zusammengerauft. Die Töne im Wahlkampf sind wohltuend wertschätzend, man streitet über Inhalte, großteils ohne Untergriffe.

Zumindest im öffentlichen Umgang miteinander zeigen die Kandidatinnen und Kandidaten, dass es auch so geht. Wobei die Sache noch etwas anderes beweist: Worte von gestern werden mit Blick auf Koalitionsbeteiligungen gerne auf die Karawane geladen, die weiter zieht.