Blumen, Sprechblasen, Taylor Swift: Viel Symbolik und eine umstrittene Wahl im Nationalrat

Politik / 23.10.2024 • 12:31 Uhr
ABD0002_20240924 – WIEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Illustration zum Thema “NR-Wahl-Lexikon: Wie zieht man in den Nationalrat ein?”: Nationalratssitzung am Mittwoch, 18. September 2024, im Parlament in Wien. Am 29. September 2024 wird in …sterreich ein neuer Nationalrat gewŠhlt. – FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Die Zusammensetzung im Nationalrat ändert sich. Die FPÖ rückt in der Sitzverteilung ganz nach rechts, die ÖVP in die Mitte. Die SPÖ ist ganz links zu finden, neben Grünen und den Neos. APA

Am Donnerstag findet die konstituierende Sitzung im Hohen Haus statt. Die künftigen Abgeordneten treten mit verschiedenen Symbolen auf, während weitere Personalentscheidungen auf sie warten.

Wien Wenn die Bundes- und Europahymne erklingt, ist die neue Gesetzgebungsperiode eröffnet. Der Nationalrat konstituiert sich am Donnerstag. Die 183 Abgeordneten geloben dabei ihre “unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten”.

Tag eins ist auch ein Tag der großen Symbolik, vor allem auch die Pflanzenwelt spielt dabei eine große Rolle – und US-Popstar Taylor Swift. In der ÖVP-Fraktion tragen alle eine weiße Rose, “als Zeichen für Freiheit, Demokratie und Zusammenarbeit”, erklärt Heike Eder, die am Donnerstag bei der konstituierenden Sitzung erstmals als Nationalratsabgeordnete angelobt werden wird. Ebenso tragen die ÖVP-Mandatare eine rot-weiß-rote Rosette am Revers. Die Grünen werden eine Pflanze mitnehmen, “als Zeichen dafür, dass wir einen Auftrag haben, gut auf die Natur zu schauen”, berichtet Nina Tomaselli, die die Hürden für den Wiedereinzug ins Hohe Haus knapp genommen hat. Mit dabei habe sie auch ein “Swiftie-Armband” mit den Buchstaben “VOTE”.

“Ein ‘Fearless’-Freundschaftsarmband, das meine Nichte Ida für mich fürs Taylor Swift Konzert gemacht hat”, trägt auch der neue Neos-Abgeordnete Johannes Gasser. Seine Fraktion wird mit pinken Sprechblasen am Revers auftreten. Die SPÖ bleibt mit der roten Nelke einer Tradition treu. “Diese geht auf die ArbeiterInnenbewegung des späten 19. Jahrhunderts zurück”, erzählt der neue SPÖ-Abgeordnete Antonio Della Rossa. Seine langjährige Lebensgefährtin wird am Balkon der Angelobung beiwohnen.

In der FPÖ heißt es aus dem Klub, man werde was Rot-Weiß-Rotes am Revers tragen. Thomas Spalt wird in der vierten Reihe Platz nehmen, der neue Abgeordnete Manuel Litzke in der sechsten Reihe.

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Zwischen der Wahl und der ersten – konstituierenden – Sitzung des Nationalrates dürfen maximal 30 Tage liegen. So steht an diesem Tag in der Regel keine neue Regierung fest. Die Koalitionsgespräche dauerten in der jüngeren Vergangenheit zwischen 64 (2017) und 124 (1999) Tagen. ÖVP und Grüne fanden nach 100 Tagen zusammen.

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Wer von den 183 Abgeordneten am Ende also seinen Sitz für einen Ministerposten aufgeben wird, ist unklar. Die Verhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos werden erst aufgenommen. So nehmen etwa der Sozialdemokrat Andreas Babler und Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger noch als Klubobleute Platz. Auch Magnus Brunner wird dabei sein. Der Vorarlberger ÖVP-Politiker und designierte EU-Kommissar nimmt das Mandat vorerst an, zumal seine Anhörung im EU-Parlament erst am 5. November stattfinden wird. Dieser wolle er nicht vorgreifen.

Viele neue Gesichter

Insgesamt sind viele neue Gesichert im Nationalrat zu sehen. Vier der sieben Vorarlberger Mandatare nehmen zum ersten Mal Platz: Manuel Litzke (FPÖ), Heike Eder (ÖVP), Antonio Della Rossa (SPÖ) und Johannes Gasser (Neos). Thomas Spalt (FPÖ), Norbert Sieber (ÖVP) und Nina Tomaselli (Grüne) ziehen wieder ein. Von den insgesamt 183 Abgeordneten sind 73 neu dabei, wobei einige von ihnen auch schon in früheren Gesetzgebungsperioden im Nationalrat vertreten waren, zum Beispiel Wendelin Mölzer oder Gernot Darmann (beide FPÖ). Auch Werner Kogler und Alma Zadic (beide Grüne) kennen den Betrieb gut und werden aus aktueller Sicht wohl eher Mandatare bleiben als wieder Regierungsmitglieder werden.

ABD0064_20240930 – WIEN – …STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Leere Sitze im Sitzungssaal des Nationalrates im Parlament in Wien am Montag, 30. September 2024. Gestern wurde in …sterreich ein neuer Nationalrat gewŠhlt. – FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Am Mittwoch sind die Sitze noch leer. Am Donnerstag füllen sich die Reihen. APA

Spannung rund ums Präsidium

Spannend wird die Wahl des Nationalratspräsidiums. Diese findet in drei Etappen statt. Nach der Kür des Präsidenten übernimmt dieser sofort den Vorsitz des bisherigen Parlamentschefs Wolfgang Sobotka (ÖVP), der den Nationalrat verlässt. Tradition hat es, dass die Posten im Präsidium gemäß der Stärke bei der Nationalratswahl vergeben werden. Demgemäß kandidiert der Freiheitliche Walter Rosenkranz für das Präsidentenamt, der ÖVP-Abgeordnete Peter Haubner für die Position des Zweiten Präsidenten und Doris Bures (SPÖ) für jene der Dritten Präsidentin.

Die Grünen wollen – wie sie sagen – keinen „Rechtsextremen“ an der Spitze des Nationalrates sehen und machen mit einer Petition gegen eine Besetzung durch die FPÖ mobil. In den anderen Parteien zeigt man sich ob dieser Vorgehensweise zurückhaltend. Es ist zu hören, dass sich ÖVP und SPÖ an die Tradition halten wollen, die Neos hören sich Rosenkranz an. Ob in den Fraktionen am Ende tatsächlich einheitlich abgestimmt wird, ist unklar. Die Wahlgänge sind geheim.

Der Nationalrat in Zahlen

Abgeordnete: 183

Frauenquote: 36 Prozent (Die höchste weisen die Grünen mit 56,3 Prozent auf, die niedrigste die FPÖ mit 22,8 Prozent.)

Durchschnittsalter: 48 Jahre

Akademikerquote: 50,3 Prozent

Die erfahrenste Abgeordnete: Doris Bures (SPÖ) wurde erstmals vor 34 Jahren angelobt. Sie ist mittlerweile die einzige Abgeordnete, die schon im vergangenen Jahrtausend im Parlament saß. Da sie rund sieben Jahre Teil einer Bundesregierung war, ist sie aber nicht jene Abgeordnete, die am längsten durch gedient hat. ÖVP-Mandatar Peter Haubner ist durchgehend knapp 23 Jahre im Hohen Haus vertreten.

Die älteste Abgeordnete: Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) ist 70 Jahre alt.

Der jüngste Abgeordnete: Sebastian Schweighofer (FPÖ) ist der erste 2000er-Jahrgang, der in den Nationalrat einzieht.

Der jüngste Klub: Die Neos und Grünen sind mit einem Altersdurchschnitt von 44 Jahren die jüngsten Klubs.

Der älteste Klub: Die ÖVP-Mandatare sind durchschnittlich 51 Jahre alt.

Die Verteilung der Akademikerquote: Die Grünen (69 Prozent) und die Neos weisen die höchste Akademikerquote auf. FPÖ und ÖVP liegen mit 49 Prozent knapp unter dem Durchschnitt. Die geringste Quote hat die SPÖ mit 39 Prozent.

Thomas Spalt, Nationalrat
Thomas Spalt ist seit November 2022 Nationalratsabgeordneter. Als bisheriger Kultursprecher fühlt er sich wohl und will den Masterplan für die Musikwirtschaft vorantreiben. Den Bereich Tourismus mag er, auch die Tätigkeit im U-Ausschuss. Die Sprecherfunktionen werden jedoch erst bis Jänner final festgelegt, betont er. Parlamentsdirektion/Katie-Aileen Dempsey
Blumen, Sprechblasen, Taylor Swift: Viel Symbolik und eine umstrittene Wahl im Nationalrat
Manule Litzke zieht für die FPÖ neu in den Nationalrat ein. Der 25-Jährige ist Landesobmann der Freiheitlichen Jugend. Er will sich künftig vor allem für die Jungen engagieren. Er wird als neuer Abgeordneter wie es Tradition ist, eher weiter hinten sitzen und zwar in der sechsten Reihe.VN/Stiplovsek
Heike Eder, Bundesrat
Heike Eder kennt das Parlament bereits. Die ÖVP-Politikerin und einstige Spitzensportlerin zieht von der Länderkammer – dem Bundesrat – nun in den Nationalrat. Zur Angelobung werde sie “nichts Spezielles” mitbringen sagt sie. “Von daheim wird auch niemand dabei sein”, da der REiseaufwand mit kleinen Kindern zu aufwändig sei. “Meine Jungs verfolgen mich vielleicht daheim vor dem Fernseher”, sagt sie mit einem Lächeln. Die Abgeordnete wird in der vorletzten der sechs Sitzreihen in der ÖVP-Fraktion Platz nehmen. Welche Themen sie übernehmen wird, steht noch nicht fest. “Wie bisher im bundesrat möchte ich mich gerne den Bereichen Arbeit, FAmilie, Sport und Inklusion widmen. Das sind alles Themen, bei denen ich meine Lebenserfahrung einbringen könnte.” Parlamentsdirektion/Thomas Topf
Norbert Sieber, Nationalrat
Norbert Sieber ist seit 2013 durchgehend im Nationalrat vertreten, war aber auch schon von 2002 bis 2008 als Abgeordneter tätig. In dieser Legislaturperiode wird er es sich seinen Platz in der dritten Reihe der ÖVP-Fraktion einrichten. Zur erneuten Angelobung reist er allein nach Wien. Bei so vielen neuen Abgeordneten im Hohen Haus, müssen man deren Verwandten den Vorzug geben. Familienpolitik wird für Sieber im Zentrum bleiben. Ebenso will er sich weiter im Bereich der Sozialpolitik einbringen, gleiches gilt für die Sicherheits- Agrarpolitik. Parlamentsdirektion/Thomas Topf
Antonio Della Rossa, SPÖ
Antonio Della Rossa (SPÖ) hat den Einzug in den Nationalrat geschafft. Dort will sich der Bludenzer Politikwissenschafter unter anderem für Radikalisierungsprävention einsetzen. Seinen Sitzplatz kannte er am Mittwoch noch nicht, aber, so sagt er “als Neuling wird man wohl nicht in der ersten Reihe sitzen”. Er geht davon aus, dass er sich seiner Expertise entsprechend einbringen könne wird: Bei Kultur- und Kunstpolitik, bei Jugend und Soziales. “Besonders wichtig ist es mir bei umweltpolitischen Themen aktiv mitgestalten zu können, weil ich glaube, dass dies das wichtigste Thema in den kommenden Jahren sein wird.” Glücksbringer habe er für den Antritt keinen. Aber er bringe “sehr viel Demut” mit. “Mit sehr viel Freude erfüllt mich, dass meine jahrelange Lebensgefährtin am Balkon der Angelobung beiwohnen wird. “
Nina Tomaselli, Nationalrat
Die Grünen-Politikerin Nina Tomaselli ist seit 2019 Abgeordnete zum Nationalrat. Wie schon vor fünf JAhre werde ihr Papa wieder bei der Angelobung dabei sein. Ebenso werden sie ein Swiftie-Armband mit “VOTE” tragen, das ihr Team und größten Unterstützer im Wahlkampf bekommen haben. Was ihre künftigen Themenbereiche anbelangt, werde sie voraussichtlich bei den gleichen wie bisher bleiben: Finanzen, Kontrolle und Wohnen.Parlamentsdirektion/Thomas Topf
Maurice Shourot
Johannes Gasser (Neos) zieht vom Landtag in den Nationalrat. Seine drei Gewschwister werden zur Angelobung mit nach Wien und ins Parlament kommen. “Zudem habe ich einen kleinen Glücksbringer dabei, der mich schon den ganzen Wahlkampf begleitet hat”, erzählt er. Es ist ein “Fearless”-Freundschaftsarband, das ihm seine Nichte schenkte. Gasser wird in der hinteren Reihe sitzen und so “einen guten Einblick über die parlamentarischen Abläufe im Plenum bekommen”, sagt er. Die Sprecherrollen und Ausschussmitgliedschaften werden bei den Neos erst zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt. Johannes Gasser würde sich gerne für sozial- und arbeitsmarktpolitische Anliegen einbringen.Shourot