Expats zur US-Wahl: “Österreich ist im Vergleich ein Ponyhof”

So stellt sich der Wahlkampf zwischen Donald Trump und Kamala Harris um das Weiße Haus für US-Bürger in Vorarlberg dar.
Schwarzach Seit 15 Jahren lebt Dan Hall in Vorarlberg, hat eine Familie, zwei Kinder. Der gebürtige Kalifornier wird keine Stimme bei den Präsidentschaftswahlen abgeben. Der Aufwand sei groß, seine Stimme habe aber keinen Einfluss. Kalifornien ist fest in demokratischer Hand. Anders wäre es, wenn er aus einem der wahlentscheidenden Swing States wäre.

Er beobachtet jedoch über seine Familie und seinen Freundeskreis, dass sich die USA verändert haben. “Früher konnte man sagen, ich mag drei Teile von dieser Parteilinie und zwei Teile von der anderen und dies je nach Frage gewichten. Du musstest nicht gegen die Wohlfahrt sein, nur weil du Steuersenkungen willst. Heute muss man sich scheinbar ganz und gar für eine Partei entscheiden”, sieht er immer weniger Platz in der Mitte für Wechselwähler. Familien und Freundeskreise würden daher inzwischen an Parteilinien zerbrechen – in einem Land, dessen Industrie noch im Wiederaufbau nach Covid-19 befinde. “Europa hat das Sozialnetz, durch das jeder profitiert. In den USA gewinnt man entweder groß oder verliert groß. Diese Kultur prägt einen”, betont Hall. Und in den USA stellen sich viele Menschen inzwischen Überlebensfragen. “Viele Orte, die ich aus meiner Jugend kenne, gibt es so nicht mehr”, betont der Baseballtrainer der Dornbirn Indians. In Kalifornien sei das Leben für viele unleistbar geworden. “Österreich ist ein Ponyhof. Hier ist man wütend, wenn man sich den BMW nicht mehr leisten kann. In den USA können sich viele gar kein Auto mehr leisten – und man ist auf das Auto angewiesen. Die Schule ist schnell einmal zwei Stunden Fahrzeit entfernt, und der öffentliche Verkehr ist unsicher”, fasst Hall die Probleme zusammen, die US-Wähler beschäftigen. Sie hoffen auf Veränderung. “Sie wollen einfach überleben, der Rest der Welt ist für sie nicht von Bedeutung.”
Für ihn als Expat sind die Außenbeziehungen der USA etwa ein wichtigeres Thema als Steuern oder Grenzschutz. “In unserer Zeit setzt man sich nicht mehr mit reiner Gewalt durch, sondern über Beziehungen”, erinnert er auch in Richtung des Ukrainekrieges. Und dies gelte auch für die Politik, man könne nicht mehr einfach seine eigene Weltsicht mit Gewalt durchdrücken.
“Hot Topics” übernahmen Wahlkampf
Sarah Krobath wählt, auch wenn ihre Briefwahlstimme keinen Unterschied machen dürfte. Die 39-Jährige sieht ebenfalls eine Polarisierung in den USA: “Früher dominierten weniger solche Hot Topics wie Abtreibungen”, erinnert sie sich zurück. Vor 20 Jahren war die Frage eher, wie förderalistisch die Staaten sein sollten: Die Demokraten waren zentralistischer, die Republikaner förderalistischer. So war ihre Heimat Maine bei den Präsidentschaftswahlen eher demokratisch, bei den Gouverneurswahlen aber republikanisch.

Ob sich die Lebensrealität der Amerikanerinnen und Amerikanern grundsätzlich verändert hat, traut sie sich nicht einschätzen. “Wir hatten vor Corona auch schon Krisen, sei es die Immobilienkrise, andere Wirtschaftskrisen oder Kriege wie der Golfkrieg”, sieht sie eine gewisse Konstanz. “Die Menschen mussten sich immer schon fragen, gönnen sie sich eine Krankenversicherung oder nicht.”
Veränderung unwahrscheinlich

Emma Brummit, Au-pair in Vorarlberg, ist dieses Jahr ebenfalls reine Beobachterin der Wahl. “Unglücklicherweise kann ich nicht wählen, da ich mich nicht zeitgerecht für die Briefwahl eintragen konnte”, erklärt die junge Frau. Die Möglichkeiten sind aus ihrer Sicht nicht berauschend. “Donald Trump wird die USA sehr wahrscheinlich wie vor vier Jahren führen und Kamala Harris dürfte dem Kurs von Joe Biden treu bleiben”, erwartet sie wenig Veränderung. Das Verständnis der Vorarlberger Bevölkerung für die Situation in den Staaten sei nur eingeschränkt möglich. “Aber ich glaube, dass sie nur dann verstanden werden kann, wenn man für eine längere Zeit dort gelebt hat und die Menschen kennenlernte.”