Regieren ohne Spektakel
Der Landtag ist wieder aufgewacht, die Politik meldet sich im Alltag zurück. Obwohl sich am Mittwoch bereits der erste Staub der mitunter langweiligen politischen Realität über die Debattenbeiträge gelegt hatte, strahlte die erste reguläre Landtagssitzung den Zauber des Neuen aus: Regierungserklärung, neue Regierung, neue Klubobleute, neues Personal – vieles ist neu im alten Haus. Alt bleibt jedoch die Rollenverteilung: Die Landesregierung lobt sich, die Opposition kritisiert. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.
Nun mag das Wort “Intelligenz” bei “künstlicher Intelligenz” übertrieben sein, in vielen Fällen lohnt es sich aber, mit ihr zu arbeiten. Etwa wenn es darum geht, lange, langatmige, ausführliche und mit PR-Sprech gespickte Texte zu lesen. Wie ein Regierungsprogramm. Fragt man die KI nach „konkreten quantitativen Zielen“ im schwarz-blauen Regierungsprogramm, kommt sie zu folgendem Schluss: „Im Regierungsprogramm der ÖVP und FPÖ für die Landesregierung 2024 finden sich einige konkrete quantitative Ziele, die jedoch eher spärlich gesät sind.“
Genau hier setzt die Kritik der Opposition an. Zu Recht bemängelt sie, dass messbare Vorhaben fehlen. Die neue schwarz-blaue Landesregierung setzt vor allem auf Bewährtes. Wünsche der FPÖ sind mit einem Finanzierungsvorbehalt versehen. Viel Verwaltung, wenig Gestaltung – mit einigen Ausnahmen: So soll etwa eine Stelle für Bürokratieabbau geschaffen werden. Im Gesundheitsbereich wird über Spezialisierungen der Krankenhäuser nachgedacht. Zwar drehen ÖVP und FPÖ an manchen Stellschrauben. Heilige Kühe bleiben aber ungeschlachtet: An den Spitalstandorten wird zum Beispiel nicht gerüttelt.
Für viele große Leuchttürme fehlt zudem der finanzielle Spielraum. Unter diesem Vorbehalt sind auch die Pläne für den Stadttunnel und die S18 zu sehen. Das Großprojekt Rhesi hingegen scheint alternativlos. Notwendige Verwaltungs- und Bildungsreformen, die ihren Namen verdienen, sind aufgrund des fehlenden Veränderungswillens vielerorts derzeit wohl nicht mehrheitsfähig. Zudem können viele Reformen von einer Landesregierung allein aufgrund gesetzlicher Zuständigkeiten nicht umgesetzt werden. ÖVP und FPÖ könnten der Oppositionskritik auch entgegenhalten: So schlecht geht es uns nicht. Vielleicht reicht es, an einigen Stellschrauben zu drehen, anstatt große Projekte zu definieren, die möglicherweise scheitern.
Auch das Regierungsprogramm der schwarz-grünen Vorgängerregierung hat die KI analysiert. Ihr Urteil: „Im Regierungsprogramm der ÖVP und Grünen für die Landesregierung 2019 finden sich ebenfalls konkrete quantitative Ziele, diese sind allerdings nur vereinzelt im Text verstreut.“ Eines dieser Ziele war der Bau von 4000 gemeinnützigen Wohnungen – eine Vorgabe, die nicht erreicht wurde. Ob dieses Ziel berechtigt oder unbegründet verfehlt wurde, sei dahingestellt. Das Beispiel zeigt jedoch: Was im Programm steht, ist das eine. Papier ist geduldig. Die Umsetzung liegt in den einzelnen Ressorts. Koalitionspartner können in anderen Ressorts wenig ausrichten. Und Krisen können die Prioritäten der Politik schlagartig verschieben. So mussten während der Pandemie Ressourcen neu verteilt werden.
Das Regierungsprogramm ist das eine, Taten das andere. Konkrete Ziele und ein bis zwei echte Leuchtturmvorhaben würden einer neuen Landesregierung zwar gut zu Gesicht stehen, sie sollten jedoch fundiert umgesetzt werden. In einem Umfeld von Sparzwang und internationalen Krisen hat auch ein unspektakuläres Programm seine Berechtigung – ebenso wie eine Opposition, die diesen Umstand zu Recht scharf kritisiert. Solide und ambitionslos sind kein Widerspruch.
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