Atom-Endlager nahe Zürich: Was geplant ist

Politik / 21.11.2024 • 12:30 Uhr
Endlager Tiefenlager Stadel
Die Probebohrung bei Stadel. Hier soll der eidgenössische Atommüll landen. Nagra

Seit Jahrzehnten sucht die Schweiz einen Standort für ihren Atommüll. Die Zeithorizonte bleiben weit.

Bern, Bregenz Neu sind die Pläne nicht: Im September 2022 legte sich die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) für “Nördlich Lägern” bei Stadel nördlich von Zürich als Wunschstandort für das Tiefenlager fest. Dieses soll als Endlager für Atommüll, vor allem aus den Atomkraftwerken, dienen. Am Dienstag reichte die Nagra beim Bundesamt für Energie die entsprechende Gesuche ein, sowohl für den Bau des eigentlichen Endlagers wie auch für eine Brennelement-Verpackungsanlage im naheliegenden Würenlingen im Aargau. Hier lagert die Nagra bereits jetzt den Atommüll, jedoch oberirdisch, 100 Kilometer von Vorarlberg entfernt. Die 30.000 Seiten umfassenden Gesuche werden nun auf ihre Vollständigkeit geprüft, im Frühjahr 2025 sollen sie der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Vor 2029 werden sich die Schweizer Parlamente nicht mit der Frage der Umsetzung beschäftigen; Baubeginn wäre 2045, die Inbetriebnahme ab 2050 – so die aktuelle Planung.

Atom-Endlager nahe Zürich: Was geplant ist
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Die Brennelementverpackungsanlage beim Zwilag, in blau eingezeichnet. Hier wird bereits jetzt der Schweizer Atommüll gelagert. Nagra

Doch es wäre nicht die Schweiz, würde es bei den Parlamenten bleiben. Sowohl die Nagra als auch ein dem Projekt kritisch gegenüberstehendes Komitee haben sich für eine breite Auseinandersetzung und eine Volksabstimmung zum Thema ausgesprochen. Widerstand gegen das Endlager, gut 85 Kilometer von der Grenze entfernt, gibt es auch aus Vorarlberg: “Eine Deponie für radioaktive Abfälle gefährdet nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit der Menschen und die Sicherheit künftiger Generationen”, fordert Daniel Zadra die Landesregierung auf, sich auf allen politischen Ebenen gegen dieses Endlager einzusetzen. Neu ist die Forderung nicht, seit Jahrzehnten wehrt sich Vorarlberg gegen Endlager in Grenznähe, wie etwa Anfang der 2000er-Jahre gegen die Pläne bei Benken nahe Schaffhausen. So verweisen Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Christian Gantner auf die bereits bestehende Forderung einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung und Einhaltung höchster Standards. “„Der Schutz der Bevölkerung sowie von Natur und Umwelt stehen für uns an erster Stelle. Deshalb werden wir uns weiterhin im Dialog mit der Schweiz aktiv und mit Nachdruck für einen grenzübergreifenden Beteiligungsprozess einsetzen”, betont das Land. Und auch in Deutschland ist man wenig begeistert.

Endlager Tiefenlager Stadel
So muss man sich das Endlager laut Nagra vorstellen. Nagra

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Nicht ohne Risiken

“Österreich hat keine gesetzliche Handhabe”, ärgert sich die Pionierin und Vorkämpferin der Anti-Atom-Bewegung Hildegard Breiner. Ihre Befürchtung ist, dass die Nagra vor allem den Weg des geringsten Widerstands geht, statt die allgemein sicherste Lagerstätte zu suchen. So sei nach aktuellem Wissensstand nicht gesichert, ob die geeigneten Gesteinsschichten bei Stadel mächtig und stabil genug sind, um die notwendige Sicherheit zu bieten. So räumt auch die Nagra ein, dass sich nahe Stadel tektonisch aktive Gebiete durch die Auffaltung des Juragebirges gibt. 2018 sprach man daher bei Stadel noch von einer bedingten Eignung.

Hildegard Breiner, Bischof Benno, 11 pflanzen Bäume
Hildegard Breiner fürchtet, dass die Nagra nicht den besten, sondern den widerstandfreisten Standort suchte. VN/Paulitsch

“Man muss aber anerkennen, dass sich die Schweiz ihrer Verantwortung bewusst ist und das Problem nicht wortwörtlich exportieren will. Es muss aber im Gegenzug auch einmal Schluss sein und nicht noch mehr Atommüll produziert werden”, fordert die Russpreisträgerin im Gegenzug die Abschaltung der eidgenössischen Atomkraftwerke.

Livestream von der Pressekonferenz der Nagra

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Endlager in 800 Meter Tiefe

Seit 2018 ist bekannt, dass die Nagra einen von drei Standorten im Norden der Schweiz prüft, von Jura im Osten bis Zürich im Norden. Hier seien die Felsformationen am besten geeignet. Das Lager soll in 800 bis 900 Meter Tiefe in einer Schicht des wasserundurchlässigen Opalinuston gelagert werden. Dieser sei hier doch stabiler als 2018 vermutet. Ist das Endlager befüllt, wird es verschlossen und die Gebäude an der Oberfläche abgetragen. Ab dann beginnt die Langzeitsicherheit.Die Dimensionen sind ausreichend für die bestehenden Schweizer Kraftwerke, jedoch nicht, um für Nachbarn wie Deutschland oder Frankreich Atommüll endzulagern. Finanziert wird das Projekt über Rückstellungen der AKW-Betreiber, auch der Bund ist Genossenschafter der Nagra.

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