Regierungsverantwortung
Unser kleines Nachbarland Liechtenstein hat ein veritables Problem. Seine gegenwärtigen Regierungsmitglieder haben in der Mehrzahl keine Lust mehr, ihre aufreibenden Funktionen weiter auszuüben und werden bei den nächsten Wahlen nicht mehr antreten. Für den prosperierenden Kleinstaat ist es gar kein leichtes Unterfangen, das erforderliche politische Personal zu rekrutieren.
„In der Zwischenzeit hat die noch amtierende Bundesregierung mit den Beamten eine Lohnerhöhung für zwei Jahre mit jeweils 3,5 Prozent ausverhandelt.“
Wenigstens ein Problem, das wir in Österreich nicht haben: Bei uns gibt es genügend Aspiranten, die Macht ausüben, oder, wie sie sich selbst ausdrücken, „Regierungsverantwortung übernehmen“ wollen. Sie trauen sich mit einem beeindruckenden Selbstvertrauen jede Position in der Führung des Staates zu und lassen sich in dieser Überzeugung auch durch keine Wahlniederlage erschüttern.
Derzeit verhandeln auf Bundesebene ÖVP, SPÖ und Neos über eine neue Koalition, die in den nächsten fünf Jahren regieren will und die maßgeblichen Posten im Staat untereinander aufteilen wird. So wie es in der Vergangenheit halt allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz immer passiert ist. Insgesamt sollen 300 Verhandler am Werk sein.
In der Zwischenzeit hat die noch amtierende Bundesregierung mit den Beamten eine Lohnerhöhung für zwei Jahre mit jeweils 3,5 Prozent ausverhandelt. Angesichts der Budgetlage ist das Verhandlungsergebnis eine schallende Ohrfeige für die Experten, die immer wieder auf die Notwendigkeit hinweisen, den Staatshaushalt zu sanieren, auch wenn viele fleißige Staatsbedienstete gewiss eine saftige Lohnerhöhung verdient haben. Nebenbei dient die Aktion vermutlich auch als Machtdemonstration gegenüber den Neos und ihren Ambitionen, einen rigiden Sparkurs zu fahren. Sie werden sich mit diesen Gepflogenheiten abfinden müssen, wenn sie am Machtkartell beteiligt sein wollen.
Das alles wäre ja noch erträglich, wenn dem Willen zur Macht die Bereitschaft der Politiker gegenüberstünde, die Verantwortung, die sie so gerne übernehmen, beim Wort zu nehmen und zurückzutreten, wenn ein Wahlergebnis erbärmlich schlecht ausfällt. In so einem Fall wird jedoch Verantwortung gerne hin und hergeschoben und am liebsten bei anderen gesucht, selten bei sich selbst.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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