Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Kein Sparpaket?!

Politik / 07.12.2024 • 07:05 Uhr

Vom Zustandekommen von Schwarz-Rot-Pink hängt das unmittelbare Schicksal von Karl Nehammer (ÖVP) und Andreas Babler (SPÖ) ab. Scheitern die Verhandlungen, müssen sie wohl zurücktreten. Bei Neuwahlen zum Beispiel wären sie eine zu große Belastung für ihre Parteien. Unter anderem, weil sie wortbrüchig geworden sind.

„Wenn das Ausgabenkapitel erledigt ist, wäre es am naheliegendsten, bei der Grundsteuer anzusetzen.“

Es gebe keine Notwendigkeit für ein Sparpaket, hatte Nehammer vor der Nationalratswahl erklärt, mit ihm werde es keines geben, hatte Babler betont. Dabei wussten beide, was jeden erwartet, der Regierungsverantwortung übernimmt: ein massives Budgetproblem.

Jetzt können sie nur hoffen, dass die Koalition zustande kommt und in ein paar Jahren alles wieder gut ist. Es mag aussichtslos sein. Genauer: Sie trüben die Aussichten durch die Art und Weise zusätzlich ein, wie sie die Verhandlungen über ein Sparpaket führen.

Viel lassen sie nicht durchsickern. Und mit dem Wenigen geht ein verheerendes Signal einher: Zuallererst wird über Steuererhöhungen gesprochen. Es ist unfassbar. Als gäbe es kein Gespür dafür, was man der Öffentlichkeit zumuten kann und wie man Verständnis für Einschnitte aufbauen könnte.
Natürlich: Es ist schwierig, wenn man im Wahlkampf so getan hat, als könne man weiterhin aus dem Vollen schöpfen. Aber das ist Vergangenheit. Ein Wort des Bedauerns wäre dafür angebracht.

Die Sachlage ist klar: Inflationsbedingt steigen die Ausgaben sehr, sehr stark an. Der Bund musste heuer bisher allein um 3,7 Milliarden Euro mehr für Pensionen aufwenden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Grund sind unter anderem die Anpassungen, die hier vorgenommen worden sind. Umgekehrt entwickeln sich wesentliche Steuereinnahmen konjunkturbedingt bescheiden.

Den Menschen wäre die Wahrheit zumutbar. Voraussetzung wäre allerdings, dass man zunächst die Ausgaben durchforstet. Und zwar wahrnehmbar: Welche Förderungen könnten gestrichen werden? Braucht es den Klimabonus für alle? Was könnte darüber hinaus verändert werden? Immerhin 50 Prozent der Österreicher wären laut Eurobarometer-Befragung für eine Anhebung des Pensionsantrittsalters zu haben, mit 48 Prozent etwas weniger dagegen. Das wäre eine Ermunterung, es anzugehen.

Erst, wenn das Ausgabenkapitel erledigt ist, und zwar so, dass alle gesehen haben, dass man tage- und nächtelang gekämpft hat, kann man über Steuererhöhungen reden. Zumal Gabriel Felbermayr und Christoph Badelt, die Chefs von Wirtschaftsforschungsinstitut und Fiskalrat, bestätigen, dass man sie in der Budgetnot brauchen wird.

Am naheliegendsten wäre es, bei der Grundsteuer anzusetzen. Dadurch würde man kaum jemandem sehr wehtun und die Konjunktur nicht weiter beschädigen. Babler könnte sagen, er habe bei der Vermögensbesteuerung etwas erreicht, und Nehammer erklären, er habe eine alte Forderung der Gemeinden erfüllt. Sie stehen überwiegend ihm nahe, stecken ebenfalls in finanziellen Schwierigkeiten und beziehen die Grundsteuereinnahmen. Wichtiger: Bei ihnen könnten die Bürger sogar am ehesten nachvollziehen, wofür frisches Geld gebraucht wird.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.