“Bildungskarenz war einzige Möglichkeit für mich”

Politik / 23.01.2025 • 16:09 Uhr
ABD0194_20210120 – HANNOVER – DEUTSCHLAND: 20.01.2021, Niedersachsen, Hannover: Ein zweijŠhriges Kind klettert auf einen Stuhl neben seiner Mutter, die Zuhause im Homeoffice an einem Laptop arbeitet. Der RŸckzug vom Arbeitsplatz ins Homeoffice soll ein zentraler Baustein im Kampf gegen die Corona-Pandemie werden. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++. – FOTO: APA/dpa/Julian Stratenschulte
Karenz verlängern? Langer Urlaub? Viele haben die Bildungskarenz auch zur Weiterqualifizierung im Beruf genutzt. APA/dpa/Julian Stratenschulte

Die Bildungskarenz soll gestrichen werden. Eine Absolventin berichtet, wie ihr die Weiterbildungsmaßnahme geholfen hat.

Wien Weltreise, Selbstverwirklichung, Verlängerung der Karenz: Die Bildungskarenz stand schon länger unter Kritik. Seit einiger Zeit wurde über eine Reform diskutiert. Die blau-schwarzen Koalitionsverhandler haben sich nun auf die äußerste Maßnahme geeinigt: Die Bildungskarenz wird abgeschafft. 350 Millionen sollen dadurch pro Jahr in die Staatskassen gespült werden. Dabei konnte die Bildungsmaßnahme durchaus Vorteile für Unternehmen und Mitarbeitende bringen.

Annika Fink nutzte die Bildungskarenz vor zwei Jahren. Die 31-jährige Dornbirnerin verfasste in den dreieinhalb Monaten ihren Master im Studiengang “Accounting, Finance and Controlling” und die dazugehörige Prüfung. “Für mich war die Bildungskarenz die einzige Möglichkeit”, berichtet sie den VN. Sie hatte zuvor bereits einige Jahre bei einem Unternehmen gearbeitet und neben ihrer Vollzeitbeschäftigung die Lehrveranstaltungen des berufsbegleitenden Studiums absolviert. “Empfohlen wurde zwar weniger zu arbeiten, aber ich komme für meine Lebenshaltungskosten selbst auf und konnte nicht an der Stundenanzahl schrauben”, erklärt sie.

Annika Fink
“Meiner Meinung nach müsste man es anders lösen – etwa die Bedingungen verschärfen oder Ausbildungen passend zum Job nachweisen”, sagt Annika Fink. FINK

Die Inhalte des Studiums passen inhaltlich perfekt zu ihrem Job. Die Bildungskarenz kündigte sie früh genug an, damit ihre Arbeit gut verteilt werden könnte. “Ich finde es auf der einen Seite sehr, sehr schade für Leute wie mich, dass die Bildungskarenz gestrichen wird”, sagt Fink. Sie räumt jedoch ein, dass sie die Diskussion schon verstehen kann, wenn Menschen die Zeit für Urlaube nutzen und die Anforderungen gerade so nebenbei erfüllen. “Meiner Meinung nach müsste man es anders lösen – etwa die Bedingungen verschärfen oder Ausbildungen passend zum Job nachweisen.”

Zehntausende in Bildungskarenz

In Vorarlberg wurde die Bildungskarenz von Jänner bis September 2024 (in diesem Monat sind die letzten aktuellen Daten verfügbar) 723-mal genutzt, informiert ein Sprecher des AMS auf Nachfrage. Österreichweit wurden insgesamt 25.099 Bildungskarenzen absolviert. Das zeigt im Vergleich mit 2023, dass die Weiterbildungsmaßnahme an Beliebtheit zunahm. Denn im gesamten Jahr 2023 wurde die Bildungskarenz in Österreich 22.376-mal genutzt, davon 638-mal in Vorarlberg.

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Abschaffung benötigt Gesetzesänderung

Zunächst braucht es jedoch eine Gesetzesänderung durch das Parlament. Das bedeutet, dass die Bildungskarenz nicht sofort vor dem Aus steht. Personen, die sich aktuell in Bildungskarenz befinden, oder es zum Zeitpunkt der endgültigen Abschaffung sein werden, müssen wohl nichts befürchten. “Wir können nicht rückwirkend Gesetze in Kraft treten lassen”, sagte FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs im Rahmen der Pressekonferenz vergangene Woche, bei der das Sparpaket gemeinsam mit der ÖVP präsentiert wurde.

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Für Personen, die ihre Bildungskarenz erst in einigen Monaten geplant haben, könnte es komplizierter werden. Das Geld kommt durch das Weiterbildungsgeld über die Arbeitslosenversicherung. Der Antrag auf Bildungskarenz wird also beim AMS gestellt. Der Haken ist, dass das frühestens drei Wochen vor Antritt möglich ist. Wenn es die Maßnahme dann nicht mehr gibt, wird das AMS sie auch nicht mehr bewilligen können. Hier ist laut Experten der Arbeiterkammer Vorarlberg eine Klausel mit dem Arbeitgeber eine Möglichkeit zur Absicherung. Denn nicht zuletzt ist der Wegfall der Weiterbildungsmaßnahme auch für die Betriebe eine Herausforderung: Sei es, dass Ersatz organisiert oder das Budget dementsprechend veranschlagt wurde. Die AK Vorarlberg empfiehlt zudem, aktuell keine Vorauszahlungen an Bildungsinstitute zu tätigen.

Fragezeichen bei Bildungsteilzeit

Wie es mit der Bildungsteilzeit weitergeht – dabei reduziert der Arbeitnehmer Stunden und bildet sich neben der Arbeit weiter – ist noch nicht kommuniziert worden. Laut AMS waren von Jänner bis Ende September des Vorjahrs österreichweit 4414 und davon 256 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger in Bildungsteilzeit. Im gesamten Jahr waren es 4416 österreichweit und 244 in Vorarlberg in dieser Weiterbildungsmaßnahme gemeldet. In der AK Vorarlberg empfiehlt man, bis die gesetzliche Regelung klar ist, aktuell noch abzuwarten. Denn es könnte sein, dass das Weiterbildungsgeld auch hier wegfällt, aber es dann vorübergehend nur noch die Teilzeitbeschäftigung gibt.