Ärger über Herdprämie: “Das geht grundlegend in die falsche Richtung”

Politik / 24.01.2025 • 11:54 Uhr
Ärger über Herdprämie: "Das geht grundlegend in die falsche Richtung"
Kinder zu Hause betreuuen statt in den Kindergarten zu schicken: Das könnte bald gefördert werden. APA/DPA

ÖVP und FPÖ wälzen offenbar Pläne, Kinderbetreuung daheim zu fördern. Ökonomin hält das für verfehlt.

Schwarzach, Wien Kommt es zu einer bundesweiten „Herdprämie“? So nennen Kritiker die Förderung für Kinderbetreuung zu Hause. Offenbar ist ein solcher Bonus auch in den Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP zum Thema geworden. In Vorarlberg planen ÖVP und FPÖ einen erweiterten Familienzuschuss, der bei Gegnern der Maßnahme ebenfalls im Verdacht einer Herdprämie steht. Carmen Treml, Ökonomin der Agenda Austria, hält solche Maßnahmen nicht für zielführend. „Das geht grundlegend in die falsche Richtung“, sagt sie.

Über 1000 Euro pro Monat

Vor kurzem berichtete die „ZiB2“, dass sich die Freiheitlichen in den Koalitionsgesprächen für eine neue Familienförderung einsetzen. Die Bundes-FPÖ wolle mehr als 1000 Euro im Monat an Eltern ausbezahlen, deren Kinder nicht in den Kindergarten kommen, sondern bis zu fünf Jahre zu Hause betreut werden. Das Kinderbetreuungsgeld könnte somit länger bezogen werden und etwa gleich hoch ausfallen wie die Sozialhilfe. Diese Idee passt zu den Aussagen im FPÖ-Wahlprogramm. Darin heißt es: „Nicht nur die Fremdbetreuung, sondern auch familieninterne und generationenübergreifende Kinderbetreuung soll finanziell unterstützt werden.“

Carmen Treml Agenda Austria Ökonomin
Carmen Treml ist Ökonomin bei Agenda Austria. Agenda Austria/Hannah Schierholz

In Schwarzenberg gibt es bereits seit 2018 eine „Herdprämie“, auch wenn sie deutlich niedriger ausfällt als die kolportierten FPÖ-Ideen im Bund. Wie die VN berichteten, hat die Gemeindevertretung im Herbst beschlossen, die Zahlung von 300 auf 350 Euro im Jahr zu erhöhen. Familien, die ihre eineinhalb bis dreijährigen Kinder zu Hause betreuen, erhalten sie. Auch Oberösterreich hat bereits seit 2004 Erfahrung mit einer ähnlichen Förderung. Dort werden 80 Euro monatlich für Kinder ab drei Jahren ausbezahlt.

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Die Landesregierung plant wiederum einen „erweiterten Familienzuschuss.“ Im Arbeitsprogramm steht: „Ziel ist eine verbesserte, sozial gestaffelte Unterstützung der Vorarlberger Familien ab dem ersten Lebensjahr des Kindes, um eine möglichst hohe Wahlfreiheit für die Familien zu ermöglichen.“ Im VN-Interview sagte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), dass der Zuschuss 2026 ausgeweitet werden soll. Er sei an die Erwerbstätigkeit eines Elternteils gekoppelt, eine Erhöhung von 18 auf maximal 34 Monate geplant. Wallner stellte eine Herdprämie in Abrede. Der ÖGB sieht genau das – „unter dem Deckel einer Erweiterung des Familienzuschusses.“ Eine VN-Nachfrage im Büro von Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ), der für die Familienagenden zuständig ist, ob es Pläne zur Umsetzung gibt, blieb unbeantwortet.

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Das Forschungsinstitut Agenda Austria hält solche Vorhaben für problematisch. Einerseits werde immer davon geredet, Frauen in den Arbeitsmarkt zu bringen und Vollzeit zu stärken, sagt Ökonomin Carmen Treml. “Für die Zukunft ist es auch notwendig.” Aber die Herdprämie steuere in die Gegenrichtung. “Man fördert, dass die Frauen zu Hause bleiben. Dafür gibt es ein Zuckerl als Bonus.” Das wirke nicht nur nachteilig auf Einkommen und Pension. Auch für Kinder sei es mit Blick auf soziale Aspekte nicht förderlich, wenn sie jahrelang nur zu Hause betreut werden.

Ärger über Herdprämie: "Das geht grundlegend in die falsche Richtung"
Eva Grabherr ist Geschäftsführerin der Projektstelle okay.zusammen leben. VN/Steurer

Finanzielle Frage

Auch Eva Grabherr von “okay.zusammen leben” ärgert sich über die kolportierten Pläne: “Der größte Einwand ist für mich, dass die Altersarmut von Frauen verlängert wird.” Die Integrationsexpertin verweist auf weitere Aspekte: “Gerade für Familien mit Migrationsgeschichte, die vor Kurzem zugewandert sind, etwa einen Fluchthintergrund haben, ist es oft eine finanzielle Frage, Kinder in die Betreuung geben zu können.” Dabei müsse das aus Integrationssicht absolutes Ziel sein. Es handle sich um keine wohlhabende Bevölkerungsgruppe, die Frauen blieben oft zu Hause, hätten ohnehin schon beruflich weniger Chancen, schildert Grabherr. Dies dürfe nicht auch noch mit einer Prämie gefördert werden.