Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Stabilität und Stillstand

Politik / 31.01.2025 • 06:55 Uhr

Seit der Nationalratswahl am 29. September vergangenen Jahres gab es insgesamt drei Landtagswahlen in Vorarlberg, der Steiermark und im Burgenland. Innerhalb kurzer Zeit konnten, obwohl es teilweise massive Veränderungen in den politischen Kräfteverhältnissen gegeben hat, die neuen Landesregierungen in Vorarlberg und in der Steiermark ihre Arbeit aufnehmen, im Burgenland wird es demnächst so weit sein. So geht modernes Regieren.

Währenddessen sind auf Bundesebene die langwierigen Verhandlungen zwischen der ÖVP, der SPÖ und den Neos über die Bildung einer neuen Bundesregierung letztlich gescheitert. Ob eine Koalition zwischen der FPÖ und der ÖVP zustande kommt, ist vier Monate nach der Nationalratswahl offen.

Im Vergleich zum Bund präsentieren sich die Länder und Gemeinden als Stabilitätsanker. Auch das ist eine Funktion des Föderalismus: Macht zu teilen und dadurch zu verhindern, dass eine Ebene zu dominant wird und Stillstand oder Scheitern auf den Gesamtstaat durchschlägt.

Ebenso sorgt auch die Bundesverwaltung für Stabilität, indem sie ihre Aufgaben erledigt, auch wenn es derzeit so gut wie keine politische Führung mehr gibt und sich die noch im Amt befindlichen Bundesminister samt ihren Kabinetten auf den Absprung vorbereiten und Vorkehrungen für ihre Zukunft treffen. Die oft geschmähte Verwaltung sorgt dafür, dass der Staat trotz politischer Krise gut funktioniert.

Allerdings reichen Stabilität und gute Verwaltung heute nicht mehr. Es braucht auch Innovationskraft und Dynamik. Das politische Gezerre um die neue Bundesregierung schafft genau das Gegenteil davon, nämlich Stillstand. Ganz abgesehen davon, dass die Aussichten derzeit so trostlos sind, dass man nicht weiß, was schlimmer ist: Eine Regierung zu haben oder eben nicht.
Freilich: Auch auf Landes- und Gemeindeebene würde man sich mehr Innovationskraft und Dynamik wünschen und nicht nur ein Ausruhen auf der Stabilität. Der Stillstand auf Bundesebene sollte von den Ländern auch als Chance genützt werden, mehr Vorzeigeprojekte in Sachen digitale Verwaltung, Klimaschutz und Energiewende zu entwerfen.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.