Rekordverschuldung droht

Politik / 03.02.2025 • 09:29 Uhr
Rekordverschuldung droht
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (r.) mit den Landeshauptleuten Haslauer (l.) und Stelzer: Statt 2,2 dürfte die Bundeshauptstadt allein 3,8 Milliarden Euro Schulden machen. Foto: APA

Nicht nur Vorarlberg hat Probleme: Länder und Gemeinden insgesamt in tiefroten Zahlen.

SCHWARZACH. Sollten FPÖ und ÖVP eine Bundesregierung bilden, wollen sie das gesamtstaatliche Defizit noch heuer auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bzw. rund 15 Milliarden Euro drücken. Und zwar durch ein 6,39-Milliarden-Euro-Paket. Wobei: Ob das reichen wird, kann niemand sagen. Ein Rundruf bei WIFO, IHS und Fiskalrat führt zum Ergebnis, dass zum Beispiel keine Prognosen, geschweige denn Angaben zur Neuverschuldung von Ländern und Gemeinden insgesamt vorliegen, obwohl das für das gesamtstaatliche Defizit relevant wäre. Es wird nämlich dazu gezählt.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Infogram angezeigt.

Die VN haben im vergangenen Herbst schon einmal darüber berichtet. Stand damals war, dass allein die Länder heuer auf gut ein Prozent des BIP, also etwa fünf Milliarden Euro, kommen dürften. Seither haben sich die Aussichten weiter eingetrübt: Wien hat festgestellt, dass es nicht rote Zahlen in Höhe von 2,2, sondern 3,8 Milliarden Euro schreiben dürfte. In Vorarlberg bleibt man bei 200 Millionen Euro, klafft laut einem Zwischenstand für das vergangene Jahr jedoch eine größere Lücke. Salzburg wird voraussichtlich ein Defizit von fast, Niederösterreich ein solches von über einer halben Milliarde Euro machen. In Summe ist allein bei den Ländern bereits von mehr als sechs Milliarden Euro bzw. 1,2 Prozent des BIP auszugehen.

Dazu kommen die Gemeinden: Das Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ geht aktuell davon aus, dass vier von zehn zu wenig Geld haben werden. Alles in allem könnte das dazu führen, dass Länder und Gemeinden zusammen auch gemessen am BIP so viele neue Schulden machen wie noch nie. Im Jahr 2010 sind es mit 1,4 Prozent des BIP am meisten gewesen bisher.

ABD0045_20211005 – WIEN – …STERREICH: GeschŠftsfŸhrer Peter Biwald (KDZ – Zentrum fŸr Verwaltungsforschung) am Dienstag, 5. Oktober 2021, im Rahmen der Pressekonferenz “Aktuelles zu Steuerreform-PlŠne des Bundes und die Auswirkungen auf Wien und die šsterreichischen StŠdte” im Wiener Rathaus. – FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
„Das Ergebnis ist eine Einnahmen-Ausgaben-Schere, die ohne Gegenmaßnahmen schwer zu schließen ist”, erklärt Budgetexperte Peter Biwald. Foto: APA

Wie konnte es so weit kommen? Zum einen sei es auf Steuerreformen zurückzuführen. So habe die Abschaffung der kalten Progression zur Folge, dass sich die Einnahmen bzw. die Ertragsanteile, die an Länder und Gemeinden fließen, nur noch gedämpft entwickeln, wie KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald erklärt. Durch die Rezession habe sich das verstärkt. Zum anderen seien die Ausgaben gestiegen; u.a. inflationsbedingt: „Das Ergebnis ist eine Einnahmen-Ausgaben-Schere, die ohne Gegenmaßnahmen schwer zu schließen ist.“

Biwald zeichnet die Entwicklungen für die Vorarlberger Gemeinden nach: Mit 558 Millionen Euro würden ihre Ertragsanteile heuer nicht einmal ganz auf dem Niveau des Jahres 2022 liegen. Gleichzeitig würden ihre Personalausgaben aufgrund inflationsbedingt hoher Gehaltsabschlüsse in diesem Zeitraum jedoch um 30 Prozent steigen und der Sachaufwand um 20 Prozent. Auch müssten sie mehr zur Sozialhilfe und für Krankenanstalten beisteuern.

Rekordverschuldung droht
„Andernfalls müssen Gemeinden in Bereichen wie Sport und Freizeit Kürzungen vornehmen, also etwa bei Hallen- und Freibädern”, warnt Peter Biwald. Foto: APA

Was tun? Biwald sieht zunächst den Bund gefordert: „Es ist schon klar, dass er auch ein Problem hat, laut Finanzverfassung ist aber dafür zu sorgen, dass die Gemeinden ausreichend Steuermittel bzw. Besteuerungsrechte haben.“

Eine Option wäre laut Biwald, dass die 300 Millionen Euro, die ihnen das Finanzministerium heuer im Rahmen eines Hilfspakets überweist, „verfestigt“ und auch in den kommenden Jahren gewährt werden. Oder dass man es etwa zu einer Grundsteuererhöhung kommen lässt. Andernfalls müssten Gemeinden in Bereichen wie Sport und Freizeit Kürzungen vornehmen, also etwa bei Hallen- und Freibädern, warnt Biwald.