Was bei Blau-Schwarz noch rot und nicht grün ist

Politik / 10.02.2025 • 14:33 Uhr
AUSTRIA-POLITICS-GOVERNMENT-FPOE
Am 13. Jänner traten ÖVP-Obmann Christian Stocker und FPÖ-Chef Herbert Kickl gemeinsam vor die Medien. Die Verhandlungen gestalten sich seither als schwierig, einen gemeinsamen Termin gab es nicht mehr. AFP

Die Koalitionsverhandlungen stehen weiter auf der Kippe. Zahlreiche inhaltliche Differenzen, insbesondere in den Bereichen Inneres, Finanzen und Medienpolitik, sind ungelöst.

Wien Nach der vergangenen Woche ist unsicherer denn je, ob eine blau-schwarze Regierung zustande kommt. Zahlreiche Themenfelder stehen noch auf Rot, auch um die Ressortverteilung wird gestritten. Das zeigen die am Wochenende publik gewordenen Protokolle der Regierungsverhandlungen. Am Montag trafen sich die Parteispitzen Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP) erneut. Diese Themen stehen noch im Weg.

Das Innenministerium. Sowohl FPÖ als auch ÖVP erheben Anspruch darauf. Eineinhalb Jahre war Kickl Innenminister, bis die FPÖ über die Ibiza-Affäre stolperte. Auch inhaltlich hakt es bei zahlreichen Verhandlungspunkten zu Asyl: Die blauen Verhandler wollen “Pushbacks” an den Außengrenzen und stellen das Asylrecht infrage. Konkret stellte die FPÖ in den Raum, das Asylrecht “durch Notgesetz” auszusetzen. Strittig sein dürfte auch der blaue Wunsch nach einer Aufkündigung des UN-Flüchtlingspakts. Der bereits bekannte FPÖ-Wunsch, medizinische Leistungen für Asylwerber auf medizinische Grundversorgung (“keine Zahnsanierungen, künstliche Gelenke, etc.”) und Geburtenhilfe zu reduzieren, war in den Verhandlungspapieren, die am Wochenende an die Öffentlichkeit kamen, noch rot markiert. Im Bereich Inneres will die FPÖ zudem laut Verhandlungsprotokollen das Krisensicherheitsgesetz abschaffen.

Das Finanzministerium. Zuletzt hatte die ÖVP Bereitschaft signalisiert, auf die Finanzen zu verzichten. Für die ÖVP ist es aber “untragbar”, dass sowohl Finanz- als auch Innenressort den Freiheitlichen zufallen. Eine kolportierte Lösung für das Innenressort, wonach dieses aufgeteilt werden könnte, dürfte eher vom Tisch sein. Das bedeutet, dass es hier weiterhin eine Pattsituation geben dürfte.

Corona. Die Aufarbeitung der Corona-Politik der türkis-grünen Regierung dürfte für verhärtete Fronten sorgen. Den blauen Verhandlerinnen und Verhandlern schwebt etwa ein Schmerzensgeld für Bürger und einen Schadenersatz für Unternehmen aufgrund der Corona-Maßnahmen vor. Corona sei wie eine “Verwundung der österreichischen Seele”, sagte Kickl beim FPÖ-Neujahrstreffen in Vösendorf im Jänner. Zudem will die FPÖ die Teilnahme am WHO-Pandemievertrag verhindern.

Verteidigungspolitik. Die FPÖ plädiert für einen Ausstieg aus der NATO-Partnerschaft für den Frieden. Auch stellt sich die FPÖ gegen Pläne, wonach Amtsgebäude eine EU-Fahne tragen sollen. Den Grundwehrdienst will die FPÖ auf acht Monate ausdehnen und aliquot auch den Zivildienst verlängern.

Medienpolitik. Die FPÖ möchte den ORF-Beitrag wieder abschaffen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll stattdessen aus dem Staatsbudget finanziert werden. “Der ORF muss die Einnahmeverluste durch Kostenreduktionen kompensieren”, verlangt die FPÖ interne Einsparungen. Dieser Punkt ist noch als Dissenz mit der ÖVP markiert gewesen. Offenbar will die FPÖ auch eine Neuordnung der ORF-Entscheidungsgremien forcieren und die Führung neu aufstellen. Demnach sollen etwa die Aufgaben des Generaldirektors auf einen mehrköpfigen Vorstand nach dem Modell von Aktiengesellschaften übertragen werden. Jedes Vorstandsmitglied soll darin ein eigenes Ressort übernehmen, geht es nach der FPÖ. Dieser Punkt steht auf Rot mit der ÖVP. Auf das Ende des Anhörungsrechts von Landeshauptleuten bei der Bestellung von Landesdirektoren dürften sich blau-schwarz hingegen schon geeinigt haben.

SPÖ will noch einmal verhandeln

Sollten die Koalitionsverhandlungen platzen, gibt es mehrere mögliche Szenarien: Neben Neuwahlen oder erneuten schwarz-roten Verhandlungen besteht auch die Option, dass der Bundespräsident eine Expertenregierung einsetzt – diese müsste freilich von einer Mehrheit im Parlament gestützt sein. Die Parteichefs von SPÖ und Grünen, Andreas Babler und Werner Kogler, appellierten indes am Sonntagabend an die ÖVP, die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ zu beenden und doch noch mit der SPÖ und eventuell einer dritten Partei neuerliche Gespräche zu führen.