Umfrage zeigt: FPÖ profitiert stark von einer Neuwahl

Freiheitliche haben im Vergleich zur Nationalratswahl zugelegt, die ÖVP verloren. Befragte sind uneins, wie es weitergehen soll.
Wien Die blau-schwarzen Koalitionsgespräche sind geplatzt. Zuvor waren schon die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos und darauffolgende Gespräche von Volkspartei und Sozialdemokraten zum Scheitern verurteilt. Wie es weiter geht ist ungewiss. Bundespräsident Alexander Van der Bellen mahnte von allen Beteiligten Kompromissbereitschaft ein und nannte vier Optionen: Neuwahl, Expertenregierung, Minderheitsregierung oder doch noch eine Koalition. Aus den Reihen der Freiheitlichen ist der Ruf nach einer Neuwahl besonders laut. Das ist auch kein Wunder, wenn man sich die Ergebnisse einer Blitzumfrage des Spectra-Instituts ansieht. Denn insbesondere die FPÖ würde profitieren und im Verlgeich zur Nationalratswahl deutlich zulegen. Die Volkspartei verliert hingegen, SPÖ, Neos und Grüne stagnieren. „Die Situation für die ÖVP wird jetzt langsam schwierig“, sagt Spectra-Chef Stephan Duttenhöfer.
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Topaktuelle Befragung
Die Befragung von Spectra, welche die Bundesländerzeitungen in Auftrag gegeben haben, ist topaktuell: Untersuchungszeitraum war Donnerstag bis Freitag. Erst am Mittwoch hatte FPÖ-Chef Herbert Kickl den Regierungsbildungsauftrag zurückgelegt. Käme es tatsächlich zur Neuwahl, wäre der frühestmögliche Zeitpunkt im Juni. Nach aktuellem Stand haben die Freiheitlichen die Nase vorn. In der sogenannten Sonntagsfrage legte die Partei im Vergleich zur Nationalratswahl im September um sechs Prozentpunkte zu. Sie käme auf 35 Prozent. Auf Platz zwei liegt die SPÖ mit 22 Prozent (Nationalratswahl: 21 Prozent), dann erst die ÖVP mit 19 Prozent (26 Prozent), gefolgt von den Neos mit zehn Prozent (neun Prozent), die Grünen mit neun Prozent (acht Prozent) und die KPÖ mit drei Prozent (zwei Prozent). „Die ÖVP hat viel Kredit verspielt in diesen Verhandlungsmarathon-Veranstaltungen“, sagt Spectra-Chef Duttenhöfer. Anders geht es den Freiheitlichen. Für die FPÖ seien die 35 Prozent ein Peak, ein Höhepunkt. „Aber ich glaube nicht, dass es die Decke ist. Das wird jetzt sehr stark davon abhängen, wie sich die Parteien in den nächsten Wochen organisieren. Wenn es zu Neuwahlen kommt, steckt noch ein bisschen Wachstumspotenzial drin.“
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Keine eindeutige Präferenz für Neuwahl
Die Spectra-Umfrage zeigt noch weitere interessante Ergebnisse: So sind die Österreicherinnen und Österreicher uneins über die Frage, wie es weitergehen soll. Jeweils rund ein Drittel plädiert für Neuwahlen (33 Prozent), für eine Expertenregierung (29 Prozent) oder weitere Koalitionsverhandlungen (37 Prozent). Insbesondere die Anhängerinnen und Anhänger der FPÖ (72 Prozent) sprechen sich für eine Neuwahl aus, während die anderen eher für weitere Verhandlungen sind. „Ich bin überrascht, dass sich die Österreicher nicht entscheiden können, was sie wollen“, sagt Duttenhöfer. Die Parteipräferenz spiele aber eine große Rolle.

Spectra hat auch Fragen zum Spitzenpersonal von ÖVP und SPÖ bei einer möglichen Neuwahl gestellt. Die ÖVP hätte demnach aus Sicht der Bevölkerung mit dem aktuellen Parteichef Christian Stocker, Karoline Edtstadler, die bald Salzburger Landeshauptfrau wird, sowie Ex-Kanzler Sebastian Kurz ein etwa gleich gutes Kandidatenpotenzial. Kurz ist bei den Wählerinnen und Wählern der Partei aber deutlicher Favorit. Umgekehrt sieht es bei der SPÖ aus. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wäre nach Meinung der Gesamtbevölkerung stärker als Spitzenkandidat geeignet als unter den Wählern der Partei. Hier liegt er mit Parteichef Andreas Babler und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ungefähr auf einem ähnlichen Niveau.

Migration und Gesundheit wichtig
Geht es um die Lösungskompetenz für große Themen, wird die FPÖ vor allem mit Migration und Sicherheit, sowie der Haushaltssanierung assoziiert, die ÖVP mit Wirtschaftsaufschwung und EU-Fragen. Den Sozialdemokraten trauen die Befragten Lösungen beim Pensionssystem, in der Gesundheitspolitik und bei der Sozialpolitik zu, den Neos besonders in der Bildung, den Grünen im Kampf gegen den Klimawandel. Auffällig laut Spectra: Die Grünen haben bei der Klimapolitik ihre eindeutige Dominanz verloren. Zwar wird es weiterhin als ihr stärkstes Politikfeld gehandelt, anderen aber ebenfalls Bedeutung eingeräumt. Für die Befragten sind die wichtigsten Themen vor allem Gesundheit sowie Migration und Sicherheit.