Strohmann-Verdacht: Wer ist Gerhard Dingler?

Politik / 19.02.2025 • 12:31 Uhr
Strohmann-Verdacht: Wer ist Gerhard Dingler?
Dingler spendete der “Alternative für Deutschland” Plakate im Wert von knapp 2,4 Millionen Euro. APA/DPA

Nicht nur eine Millionenspende an die AfD ist mysteriös, auch der Spender – ein Vorarlberger Ex-FPÖ-Funktionär – wirkt geheimnisvoll. Nun ist auch die Staatsanwaltschaft aktiv.

Schwarzach Ein Betonklotz irgendwo in Frastanz; als kleiner Gewerbepark ausgewiesen, mit einem Geschäft im Erdgeschoss und Wohnungen im ersten Stock. Gerhard Dingler öffnet die Tür nicht. Vielleicht ist er unterwegs, er sei viel im Ausland, erzählt man. Sein Name ist in den vergangenen Jahren nicht mehr öffentlich aufgetaucht, nachdem er 2016 den Posten als FPÖ-Landesgeschäftsführer räumte. Seit Kurzem steht er wieder in der Öffentlichkeit. Er spendete der AfD rund 6000 Wahlplakate im Wert von fast 2,4 Millionen Euro. Jetzt ermitteln die Behörden. Der Verdacht: Dingler könnte als Strohmann für den deutsch-schweizerischen Immobilienunternehmer Henning Conle weiter geschleust haben, berichten der “Spiegel” und der “Standard”. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch bestätigt auf VN-Anfrage eine Anzeige wegen Verdachts der Geldwäsche. Wer ist dieser Gerhard Dingler (64)?

Auffallend ist: Umso prominenter der Name des Vorarlbergers allerdings auffällt, umso weniger scheinen einstige Weggefährten über ihn zu wissen. Der heute 64-Jährige übernahm vor 24 Jahren die Landesgeschäftsstelle der Freiheitlichen in Vorarlberg und galt als Intimus von Hubert Gorbach. 15 Jahre führte er die Geschicke der Partei, 2016 kam mit dem neuen Obmann Reinhard Bösch der Wechsel.

Strohmann-Verdacht: Wer ist Gerhard Dingler?
Dingler im Jahr 2001, als er die FPÖ-Landesgeschäftsstelle übernahm.

Hört man sich in der FPÖ um, scheint Dingler aus heutiger Sicht nicht sonderlich aufgefallen zu sein. Niemand kennt ihn. Und wer ihn kennen sollte, hat ihn nicht wirklich in Erinnerung. „Man konnte ihn nicht nicht mögen, aber auch nicht mögen, weil man eigentlich nichts über ihn wusste“, heißt es etwa. Manche schreiben Dingler zu, fleißig gearbeitet zu haben. Inhaltliche Positionierungen waren offenbar nicht allzu kantig, „keiner dieser Hardliner“, eher unpolitisch, wird erzählt. “Ab und zu war er richtig nett.” Ein Organisationstalent, hört man. Aber auch: “Teilweise war Gerhard Dingler cholerisch.” Nur sehr selten kommt zur Sprache, dass er vor allem bei den Ortsgruppen ordentlich angeeckt hatte. “Es gab Zeiten, in denen man ihm geraten hat, nur noch im Hintergrund zu agieren und nicht mehr mit den Leuten zu sprechen, weil er sie sonst vergrault“, erzählt ein damaliger Parteigänger. Auch das VN-Archiv verrät, dass heiß zuging. In Mäder warfen die Freiheitlichen ihr blaues Parteibuch etwa hin und saßen seinerzeit als wilde Fraktion in der Gemeindevertretung. In Klaus regte sich ob des Stils Dinglers Protest.  “Zur Person Dinglers möchte ich mich nicht äußern – das sagt auch etwas aus“, erklärte der einstige FPÖ-Fraktionschef Marcel Stark. Hinter den Kulissen wurde Unmut über die „eigene Auffassung Dinglers“ als Geschäftsführer laut. Auch in Rankweil regte sich Unmut gegen die Landesspitze von Gorbach bis Dingler.

Dingler und Gorbach verbindet ohnehin eine längere Geschichte. Als Chef der Landespartei holte Gorbach den damals 40-Jährigen als Landesgeschäftsführer in die FPÖ. Zuvor war Gerhard Dingler als Textil-Manager unter anderem bei Hämmerle in Dornbirn oder den Textilwerken Ganahl tätig. Bei letzteren arbeitete er bereits eng mit Gorbach zusammen. Seit 2010 befindet sich das Büro der “Gorbach Consulting” im “Gewerbepark Dingler” in Frastanz. Bis heute.

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Nichts mit der Vorarlberger Textilindustrie, aber mit Regenjacken hatte eine doch fragwürdige Transaktion der Vergangenheit zu tun, in die Dingler verwickelt war, wie er am 22. Februar 2012 laut Unterlagen des U-Ausschusses zur Klärung von Korruptionsvorwürfen auf Bundesebene berichtete. Ein Bericht dazu ist heute noch auf der Parlamentswebseite zu finden. Eine Gesellschaft des Lobbyisten Peter Hochegger hatte Regenjacken für das BZÖ Vorarlberg angekauft, die am Ende bei Dingler – immer noch Geschäftsführer der Vorarlberger FPÖ – landeten. „Offensichtlich habe ich einer Lieferung der Jacken an meine Adresse zugestimmt und die Ware wurde dann auch geliefert und in einer meiner Lagerhallen in Frastanz eingelagert.“ Dann passierte eine Zeit nichts, Dingler schlichtete die Jacken nach eigener Erzählung auf zwei Paletten zusammen. „Nach ein paar Monaten wollte ich sie loswerden.“ Er habe sich erkundigt, was mit den Jacken passieren soll. „Nachdem die Reaktion eher die war – lass mich in Ruhe bzw. interessiert mich nicht – habe ich nicht mehr weiter nachgefragt.“ Dingler begann die Jacken zu entsorgen. „Ich habe in Folge bei jeder Gelegenheit Jacken in nicht volle Müllcontainer im Hof meines Anwesens geschmissen. (…) Es dauerte einige Monate, bis ich sämtliche Jacken entsorgt hatte.“

Dingler hätte nicht arbeiten müssen, hätte er es nicht gewollt, erzählt man sich außerdem über den Vorarlberger. Seine Familie sei wohlhabend, außerdem habe er reich geheiratet.

Für die VN war Dingler am Dienstag nicht erreichbar, Anfang Februar ging er noch mit kurzen Antworten auf eine schriftliche Anfrage ein. Ob er heute noch Parteimitglied der FPÖ ist? „Ja, ich denke schon?“, sagte er. Ebenso beteuerte Dingler, dass die Großspende an die AfD von knapp 2,4 Millionen Euro aus seinem privaten Vermögen stamme. “Das stimmt sicher nicht”, sagt ein früherer FPÖ-Funktionär zu den VN. Dingler wird von mehreren Seiten zugeschrieben, nicht besonders spendabel zu sein, manche nennen ihn knausrig. Der heute 64-Jährige habe schon begonnen, über kleinste Rechnungen zu streiten. „Er hat einfache Funktionäre klein gehalten”, auch finanziell, erzählt ein Freiheitlicher, der zu Dinglers Zeiten aktiv gewesen ist. Was die AfD-Spende anbelangt, herrsche unter den Funktionären Konsens: “Das Geld kommt sicher nicht von ihm privat.”

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Nach Recherchen des deutschen Nachrichtenmagazins “Der Spiegel” und des ” Standard” besteht nun aber der Verdacht, dass Dingler für die Millionentransaktion als Strohmann fungierte. Laut österreichischer Sicherheitsbehörden habe der Geschäftsmann vor seiner vermeintlichen Spende an die AfD eine “Schenkung” in Millionenhöhe erhalten. Die Überweisung soll von dem aus Duisburg stammenden Immobilienmilliardär Henning Conle stammen. Die österreichischen Behörden gehen laut “Spiegel” nun unter anderem dem Verdacht der Geldwäsche nach. Das deutsche Bundeskriminalamt und die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst sind in den Fall eingeschaltet.

Strohmann-Verdacht: Wer ist Gerhard Dingler?
Dieses und noch viel mehrere Plakate hat Gerhard Dingler an die AfD gespendet. Der Wert: Fast 2,4 Millionen Euro. DPA

Das Finanzministerium konnte auf VN-Anfrage mit Verweis auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht die Ermittlungen weder bestätigen noch dementieren. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch bestätigt am Mittwoch den VN, dass eine Anzeige wegen Verdachts der Geldwäsche eingelangt ist.

Dingler tritt nach seinem Abgang aus der Landesgeschäftsstelle öffentlich nicht mehr in Erscheinung. Er hat sich ins Private zurückgezogen.