Rainer Keckeis

Kommentar

Rainer Keckeis

Kommentar: Der falsche Weg

Politik / 31.03.2025 • 07:15 Uhr

Zugegeben, Herbert Kickl macht es einem nicht leicht, überwiegend positiv über die Freiheitliche Partei Österreichs zu schreiben. Seine Reden sind durchwegs aggressiv und verletzend für die politischen Gegner. Und dennoch oder gerade deswegen ist es ein gewaltiger Fehler, diese Partei auszugrenzen. Das stärkt nur Kickls Position innerhalb der FPÖ. Deren Wähler bleibt gar keine andere Alternative, als sich um ihn zu scharen. Sie werden von den anderen politischen Parteien zumeist nicht ernst genommen oder gleich ins rechtsradikale Eck gestellt. In Verkennung historischer Fakten, die FPÖ und ihr Führungspersonal unisono als faschistisch zu diffamieren oder gar als Anhänger des Nationalsozialismus zu brandmarken, ist kurzsichtig und verharmlost die Verbrechen der NS-Zeit.

Die FPÖ hat lange vor ihren politischen Mitbewerbern erkannt, dass die Migrationspolitik gescheitert ist. Sie versteht offenbar, was die Menschen tatsächlich bewegt und wo sie der sprichwörtliche Schuh drückt. Ihre tatsächlich radikalen politischen Positionierungen wie beispielsweise die Ablehnung der EU, die Sympathien für den Kriegstreiber Russland oder das Leugnen des Klimawandels werden von ihren Wählern als rein abstrakte Diskussionen wahrgenommen. Das schadet der FPÖ genauso wenig, wie es den deutschen Grünen vor Jahrzehnten geschadet hat, als sie einen Benzinpreis von zwei D-Mark gefordert haben.

Eines zeigt sich bei der FPÖ durchwegs: sobald die Partei in Regierungsverantwortung ist, agiert sie durchaus pragmatisch und konstruktiv. Beispiele auf Ebene der Länder oder der Gemeinden zeugen von Handschlagqualität und Verlässlichkeit vieler FPÖ-Mandatare. Daraus aber abzuleiten, die FPÖ müsse überall zwingend eingebunden werden, ist ebenso falsch wie die ständige Ausgrenzung. Immerhin rund ein Drittel der Wähler sympathisieren mit dieser Partei. Wer vorgibt, Demokratie wirklich ernst zu nehmen, kümmert sich darum und wirbt mit Alternativen um diese Wähler. Ihnen aber nur indirekt auszurichten, dass sie mangels Intelligenz den blauen Parolen auf den Leim gehen würden, zeugt von einem hohen Maße an Arroganz und garantiert eines: Diese Wähler können so nicht zurückgewonnen werden. Wer ausgegrenzt wird, verharrt erwiesenermaßen in seiner sozialen Gruppe und wird zunehmend immun gegen Meinungen von außen. Daraus führt zu unnötigen Lagerbildungen, die Kompromissfindungen immer schwieriger machen. Das aber ist genau die Qualität, die eine funktionierende Demokratie auszeichnet. Ich bin wirklich nicht der Meinung, dass die Schweiz generell ein gutes Vorbild für uns ist. Aber bezüglich Gelassenheit und Sachlichkeit in der Politik hebt sich die Eidgenossenschaft mit ihrer frei gewählten Proporzkultur positiv von unserem heimischen Politikgezänke ab.

Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.