Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Kommentar: Jugend ohne Chance

Politik / 05.04.2025 • 08:20 Uhr

Die Zeiten sind vorbei, in denen „Vorarlberg“ mit „Schaffa, schaffa, Hüsle baua“ assoziiert wurde. Und zwar als Beschreibung eines Lebensentwurfs, der als typisch galt: Fleißig sein, um sich den Traum vom Eigenheim erfüllen zu können.

Das war einmal: Seit Jahren sinkt die Eigentumsquote. Damit gemeint ist der Anteil der Häuser und Wohnungen, die den Bewohnern gehören. Bei Jüngeren fällt der Rückgang besonders stark aus. Das hat der Wohnbauexperte Wolfgang Amann diese Woche in den „VN“ bestätigt: Innerhalb von 15 Jahren sei die Quote von knapp 40 auf „deutlich“ weniger als 30 Prozent eingebrochen.

Kein Wunder: Es hat nicht nur damit zu tun, dass Familien- und Haushaltsgründungen immer später erfolgen, sondern ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass Immobilienpreise und Baukosten ungleich stärker gestiegen sind als Einkommen; und dass zuletzt auch noch die Finanzierung teurer geworden ist, sodass es sich für mehr und mehr Leute nicht mehr ausgehen kann.

Von einer Jugend ohne Chance zu sprechen, ist in diesem Zusammenhang nicht übertrieben: 85 Prozent der unter 30-Jährigen haben das Gefühl, dass es für sie schwieriger ist als für ihre Elterngeneration, zu Eigentum zu kommen. Dem kann man entgegenhalten, dass die Eltern- und Großelterngeneration häufig Entbehrungen hingenommen hat, die sich heute niemand mehr zumuten würde. Heute wäre es oft aber auch damit unmöglich.

Schlimm? Man sollte zunächst einmal nüchtern betrachten, was damit einhergeht: „Schaffa, schaffa“ ist in der Vergangenheit nicht zuletzt erforderlich gewesen, um Kredite tilgen zu können. Wer das nicht muss, hat einen Grund weniger, Vollzeit zu arbeiten. Und weil das eben bei mehr und mehr Jüngeren – inklusiver all jener, die geerbt haben – der Fall ist, trägt es zu einer Ausweitung von Teilzeitverhältnissen bei. Über diesen Trend sollte man sich daher nicht wundern.

Klar ist außerdem, dass so auch weniger Steuern und Beiträge zur Finanzierung staatlicher Leistungen, von Gesundheit bis Pensionen, zusammenkommen und der Reformdruck daher steigt. Soll heißen: Eher früher als später wird es eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters geben müssen.

Klar scheint im Übrigen, was zur Krise der politischen Mitte beiträgt, zu der sich insbesondere die Volkspartei zählt: Sie betrachtet Eigentum nach wie vor als Ideal, das für sehr viele Menschen jedoch unerreichbar geworden ist.

Das größte Problem ist allerdings, dass Chancengleichheit schwindet: Es muss nicht jeder Eigentum bilden. Alle sollten aber davon ausgehen können, dass es ihnen möglich ist, wenn sie wollen. Das brauchen Einzelne als Antrieb und ist wesentlich für eine starke Gesellschaft: Es unterstreicht, dass sie gut und gerecht ist.

Umso wichtiger sind Bemühungen um eine Rückkehr zu Chancengleichheit. Sei es durch Miet-Kauf-Modelle oder geförderte Finanzierungen, wie sie in Regierungsprogrammen auf Bundesebene und im Land vorgesehen sind: Jeder Euro ist da eine Investition in die Gesellschaft.  

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.