Kommentar: Schuld sind immer die anderen!
Das gravierende Budgetdefizit hat viele Väter. Viele waren daran beteiligt, aber schuld will keiner sein. Weder der Bund, der während Covid sprichwörtlich das Geld zum Fenster hinausgeworfen hat, noch die Länder oder gar die Gemeinden. Österreich leistet sich mit seiner föderalen Struktur ein fein abgestimmtes System von Körperschaften, denen eines gemein ist: immer sind die anderen schuld, wenn etwas nicht rund läuft. Das äußert sich in Vorarlberg speziell im Schimpfen auf Wien. Eigenes Versagen oder eigene Unzulänglichkeiten werden dafür konsequent ausgeblendet. Dass gerade das Land Vorarlberg, das ebenso wie die Gemeinden einen ordentlichen Beitrag zum Gesamtdefizit des Staates leistet, ist angesichts unseres ansonsten so lautstarken Bekenntnisses zu Sparsamkeit etwas peinlich.
Ebenso daneben ist aber die jetzt aufgeflammte Diskussion darüber, dass es ein Monitoring über die Gemeindefinanzen brauche. Das erfordert zusätzliche Mitarbeiterinnen und bringt im Ergebnis nichts. Nur dass wir dann schon Monate im Voraus wissen, wenn das Budget aus dem Ruder läuft. Das aber ist typisch österreichisch. Es geht nicht darum, Verantwortung einzufordern, sondern nur so zu tun, als würde etwas getan.
Dabei gäbe es sowohl auf Landes- wie auch auf Gemeindeebene durchaus beachtliche Einsparungspotenziale. Kaum irgendwo in den westlichen Industrieländern gibt es so schöne und sündteure Schulen und Kindergärten oder Feuerwehrhäuser wie bei uns. Natürlich ist Bildung sehr wichtig, aber die Qualität der Schule oder der Kinderbetreuung hängt nur marginal von den räumlichen Gegebenheiten ab. Weitaus wichtiger sind gute Pädagogen. In sie, und nicht in die Gebäude, sollte tatsächlich mehr investiert werde. Braucht wirklich jede Gemeinde bei jeder Schule oder jedem Feuerwehrhaus einen Architektenwettbewerb? Warum wird nicht für mehrere Jahrzehnte eine einmal definierte, Vorarlberger Qualitätsarchitektur als Grundlage für den Bau aller Schulen und Kindergärten im Land vorgegeben? Vielleicht, weil jeder Bürgermeister mit seinem individuellen Bauwerk glänzen will? Egal, was das Motiv ist, jetzt wäre es Zeit, über derartigen Luxus nachzudenken. Genauso, wie über die Vielzahl an Vorschriften, die das Bauen zum teuren Vergnügen gemacht haben. Und daran waren sicher nicht immer die Wiener Schuld. Zu gut ist noch in Erinnerung, als Landesvertreter auf Bundesebene höchste Bau- und Energiestandards einforderten und als es Kritik darüber gab, sofort jede Schuld von sich wiesen und sich darauf hinausredeten, sie würden ja nur Vorgaben des Bundes nachvollziehen. Nicht nur deshalb braucht es jetzt eine Entschlackung auf vielen Ebenen der Bürokratie. Das bedeutet, weniger Vorschriften des Bundes, der Länder und der Gemeinden und mehr Selbstverantwortung für die Bürger. Das kostet weniger und schafft und bringt mehr Freiheit für die Bürger.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.
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