Kommentar: Wahlen als Problem
Endlich. Mit der Wiener Gemeinderatswahl an diesem Sonntag endet eine Phase, in der Politik mehr oder weniger durchgehend im Zeichen von Wahlen stand. Nicht nur in der Bundeshauptstadt, sondern in Österreich insgesamt. Eine Phase, die dazu beigetragen hat, dass man heute mit budgetären Problemen konfrontiert ist wie noch nie.
Schon vor zwei, drei Jahren ist der damalige Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Hinblick auf die Nationalratswahl im September 2024 nervös geworden. Er hat daher begonnen, Stimmung zu machen und von „Normalität“ oder „Leitkultur“ zu reden. Hinweise, dass man ein Sparpaket schnüren sollte, wischte er vom Tisch. Bis zuletzt. Es durfte nicht sein.
Auch in Vorarlberg ist die missliche Budgetlage bezeichnenderweise erst nach der Landtagswahl vom Oktober zum bestimmenden Thema geworden. Da war die Verschuldung des Landes aber schon so stark gestiegen, dass sie pro Kopf nicht mehr zu den niedrigsten im Bundesländervergleich zählt.
Wien wiederum hat wegen der Gemeinderatswahl 2025 bereits im Herbst 2023 ein Doppelbudget für das vergangene Jahr und für heuer beschlossen. In einer Zeit also, in der man von einer kleinen Rezession und einem baldigen Aufschwung ausging. Es war fahrlässig. In Zeiten wie diesen muss man schon froh sein, wenn Prognosen für den nächsten Tag passen. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Co. war das jedoch egal. Sie wollten das Thema erledigt haben, um dann ungestört Wahlkampf machen zu können.
Hier ist viel Schaden angerichtet worden. Zumal noch mehr dazukommt: Mit all den Krisen würde ein größerer Handlungsbedarf für die Politik einhergehen. Für eine Politik allerdings, die sich weniger denn je traut, Notwendiges zu tun: Wie es die dort bestimmende SPÖ vor der Wiener Gemeinderatswahl ist, war die ÖVP vor der Nationalratswahl sowie vor der Landtagswahl in Vorarlberg und dann auch noch vor der in der Steiermark ganz darauf fixiert, Verluste in Grenzen zu halten und Platz eins zu verteidigen. Das bedeutete, nur ja nichts Unpopuläres anzugehen. Schon gar keine Budgetsanierung.
Ergebnis: Eine solche muss auf allen Ebenen umso größer und schmerzlicher ausfallen. Erst nach der Wien-Wahl wird sich Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) etwa nicht mehr gezwungen sehen, auf einen irgendwo in Österreich wahlkämpfenden Genossen Rücksicht zu nehmen. Erst jetzt beginnt eine voraussichtlich längere, wahlkampffreie Zeit.
Die Konsequenz? Keine Wahlen mehr? Woher: Möglich wäre zum Beispiel eine Zusammenlegung von Wahlen. „Wahlkampf ist eine Zeit fokussierter Unintelligenz“, hat Michael Häupl (SPÖ) einmal gesagt. Durch eine Zusammenlegung könnte man diesen Zustand wenigstens flächendeckend bündeln. Machbar wäre es: In Oberösterreich finden Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen zugleich statt, im deutschen Baden-Württemberg Europa- und Kommunalwahlen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn es höchstens einmal im Jahr einen Wahlsonntag bundesweit geben würde, an dem jeweils zwei, drei Urnengänge in einem abgehalten werden.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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