“Der Wolf ist ein emotional aufgeladenes Thema”

Naturschutzanwältin Lins plädiert dafür, mehr Herdenschutz zu betreiben.
Schwarzach Im Sommer vor zwei Jahren wurde in Vorarlberg erstmals ein Wolf zum Abschuss freigegeben worden. Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz erließ den entsprechenden Bescheid. Basis für die Entscheidung war die Vorarlberger Wolfsmanagementverordnung, die einen Angriff auf Großvieh als untypisches Verhalten eines Wolfs klassifiziert. Man betreibe keine reguläre Jagd, sondern eine Einzelfallentnahme eines “Schadwolfs”, betonte damals der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP).
Im November 2023 schuf der Vorarlberger Landtag dann die gesetzliche Grundlage zum Abschuss von Wölfen, die Nutztiere reißen oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Dazu notwendig war eine Änderung des Jagdgesetzes und des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung. Die Gesetzesänderung erlaubt es der Vorarlberger Landesregierung, “Problemwölfe” per Verordnung zum Abschuss freizugeben.

Naturschutzanwältin Katharina Lins sieht diese Praxis des Abschusses per Verordnung kritisch. Zwar hätten fast alle Bundesländer auf Basis von Verordnungen Abschüsse genehmigt, damit es keine Einspruchsmöglichkeiten für Organisationen mehr gibt. “Es ist aber so gut wie sicher, dass das nicht rechtmäßig war”, sagt sie.
Kein Wolfsrudel in Vorarlberg
Die Freigabe erfolgt zudem schon oft, wenn die Wölfe zu nahe an bewohntes Gebiet kommen oder nur verdächtigt werden, ein Nutztier gerissen zu haben. Viele Naturschutzorganisationen halten das ebenfalls für EU-rechtswidrig – daran würde auch die Herabstufung des Schutzes nichts ändern. Denn vom geforderten “günstigem Erhaltungszustand” der heimischen Wolfspopulation ist man noch lange entfernt. Auch die Vorgabe aus Brüssel ist diesbezüglich klar: Der Erhalt der Art müsse weiter sichergestellt werden. In Vorarlberg gehen die Experten davon aus, dass sich noch kein Wolfsrudel niedergelassen hat, es handelte sich bisher stets um durchziehende Wölfe.
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Wie die VN berichteten, gibt es auf EU-Ebene Änderungen: Das Europäische Parlament senkt im sogenannten Eilverfahren den Schutzstatus des Wolfes von “streng geschützt” auf “geschützt” herab. “Der Wolf ist ein emotional aufgeladenes Thema, aber wenn man die konkreten Probleme ansieht, sind sie eigentlich minimal”, sagt Lins den VN. Sie präzisiert: “Natürlich ist es für Landwirte auch emotional schwierig, wenn ihre Tiere getötet werden. Aber auf der Alm sterben immer viele Tiere.” Sie erinnert an die jüngsten TBC-Fälle.
Herdenschutz intensivieren
Lins plädiert dafür, stärker Herdenschutz zu betreiben. Dazu zählen Elektrozäune, Herdenschutzhunde oder Behirtung. “Herdenschutz ist zwar kein Allheilmittel, aber man muss beides machen. Abschüsse sind auch kein Allheilmittel.” Die Naturschutzanwältin zieht einen Vergleich: “Ein Fahrradschloss nutzt zwar relativ wenig, wenn jemand wirklich das Fahrrad klauen will. Aber wenn ich das Fahrrad nicht absperre, bin ich sowieso selber schuld, wenn es gestohlen wird.”