Kommentar: Aber Kleine schröpfen
Bei der Budgetsanierung werden vor allem „Kleine“ zur Kasse gebeten. Gemeint sind Menschen, die in bescheidenen Verhältnissen leben. Das unterste Zehntel verliert gemessen am verfügbaren Einkommen zwei, dreimal mehr als das oberste. Das haben Experten der Parlamentsdirektion berechnet.
Insofern kann man sich nur wundern über die Worte, die Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ), ein grundsätzlich kluger Mann, in seiner Budgetrede gewählt hat: „Meiner Überzeugung nach sind die Bürgerinnen und Bürger bereit, zur Sanierung des Budgets beizutragen.“ Und zwar dann, wenn sie sich sicher sein könnten, dass die Sanierungslasten gerecht zwischen den sozialen Gruppen und wirtschaftlichen Akteuren verteilt seien.
Schlussfolgerung: Der Bereitschaft muss sich in Grenzen halten, weil die Lastenverteilung eben alles andere als fair ist. Eine Großfamilie zum Beispiel trifft’s ungleich härter als einen Single, der Unsummen verdient.
Allein von daher kann man sich wenig Verständnis für die Budgetsanierung erwarten. Es ist aber so, dass auch andere Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Erstens: Die ÖVP, die mit Gernot Blümel und Magnus Brunner die beiden letzten verantwortlichen Finanzminister gestellt hat, will nicht eingestehen, in den vergangenen Jahren zu sehr „Koste es, was es wolle“-Politik betrieben zu haben. Parteichef Christian Stocker tut so, als seien ausschließlich Wirtschaftsforscher, die sich in ihren Prognosen geirrt haben, schuld an der Misere. Würde er eigene Schuld eingestehen, könnte er eher erklären, dass man sich quasi einen Teil des Geldes, das man zu viel verteilt hat, wieder zurückholen müsse. So aber geht das natürlich gar nicht.
Zweitens: Wichtig wäre auch, dass gerade die Politik, die zuerst gegeben hat und jetzt wieder nimmt, mit gutem Beispiel vorangeht und bei sich selbst spart. Dabei kann nicht viel zusammenkommen, es geht aber um das Signal an die Bürger. Es sollte eigentlich selbstverständlich sein. Ist es aber nicht, im Gegenteil: Die Regierung Stocker ist mit 21 Mitgliedern eine der größten der jüngeren Geschichte. Während sie Familienleistungen real über zwei Jahre hinweg kürzt, will sie das bei der Parteienförderung nur in einem Jahr tun. Womit interessanterweise auch die FPÖ, die gerne so tut, als wäre sie auf der Seite des „kleinen Mannes“, kein Problem hat. Es liegt wohl daran, dass sie ebenfalls profitiert davon. Sie schießt sich lieber auf Staatssekretär Sepp Schellhorn (Neos) und dessen Dienstwagen ein, im Wissen, dass er damit nur verlieren kann: Wer soll schon Verständnis dafür haben, dass in Zeiten wie diesen ein Riesenschlitten notwendig ist.
Nicht zu vergessen die Stadt Wien, wo im Umfeld der SPÖ eine Debatte über eine Vergrößerung der Stadtregierung läuft. Was noch mehr nicht ausführende bzw. arbeitslose Mitglieder bedeuten würde. Als wären die 1,3 Millionen Euro, die an Kosten mit den fünf bestehenden einhergehen, nicht schon unverschämt genug. Zumal die Stadt allein heuer bis zu 3,8 Milliarden Euro neue Schulden machen wird.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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