Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?

Politik / 04.07.2025 • 17:00 Uhr
Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?
Ein satirischer Blick auf die Leistungen der Landespolitiker – fachkundig analysiert und pointiert illustriert. VN/Silvio Raos

Schulschluss für die Landesregierung: Wer glänzt, wer schwächelt, wer muss Hausaufgaben machen? Politikexpertin Kathrin Stainer-Hämmerle zieht eine Bilanz des politischen Schuljahres – mit Karikaturen von Silvio Raos.

Text: Kathrin Stainer-Hämmerle, Karikaturen: Silvio Raos

Schwarzach Die schwarz-blaue Regierung ist im Grunde noch ein Erstklässler. Seit Anfang November im Amt, hat sie noch nicht einmal ein ganzes Schuljahr hinter sich. Daher ist die Vergabe von Ziffernnoten noch nicht möglich, eine verbale Beurteilung sehr wohl. Haben sich die FPÖ-Mitglieder in den Regierungsbüros schon eingelebt? Wie funktioniert die neue Klassengemeinschaft für die ÖVP? Große Ausrutscher sind keine passiert. Damit ist die Bevölkerung wohl schon zufrieden nach den Skandaljahren in Land und Bund. Von Verstimmungen war nichts spürbar, zu verzahnt sind die Interessenskonflikte innerhalb der Ressorts – wie Öffentlicher Verkehr und Straßenbau bei Bitschi oder Landwirtschaft und Klimaschutz bei Gantner. 70 Prozent aller Ausgaben des Landes fallen in die Ressorts der einzigen Frauen mit Gesundheit, Bildung und Soziales. Sie müssen daher auch die höchsten Einsparungen kommunizieren. Nachsitzen muss keiner im Regierungsteam, einige Hausaufgaben über den Sommer sind dennoch notwendig.

LH Markus Wallner (ÖVP): Der erfahrene Pragmatiker

Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?
Der längstdienende Landeshauptmann punktet mit Hausverstand und Pragmatik. Der Wechsel des Koalitionspartners erfolgte wie versprochen schnell und schmerzlos (zumindest für die ÖVP). Bisher sind keine Konfliktfelder erkennbar, bei einer schärferen Asylpolitik und mehr Straßenbau sind sich ÖVP und FPÖ einig. Bei der Budgetkonsolidierung gelang bereits eine Übererfüllung, aber jede weitere Million muss der Finanzreferent schwerer verhandeln. Was fehlt, ist die Vision für das Land. Dazu hat Wallner im Herbst 2026 als Vorsitzender der Landeshauptleute Gelegenheit, wenn er die Ergebnisse der Reformpartnerschaft mit dem Bund präsentieren darf.

LSt. Christof Bitschi (FPÖ): Der Youngster

Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?
Der Jüngste im Team muss den Verkehr rollen lassen, egal ob mit Auto, Bahn oder Rad. Einige Ewigbaustellen will er angehen. Dabei wird sich zeigen, ob Bitschi auch Türen im Verkehrsministerium öffnen kann. Obwohl er sich der scharfen Rhetorik seines Parteichefs nicht anschließt, hat er den Oppositionsstil noch nicht ganz hinter sich gelassen, wenn er auf seiner Homepage verspricht, die notwendige Sicherheit wiederherzustellen. Als Regierungsmitglied wird er bei der nächsten Wahl daran gemessen.

LR Barbara Schöbi-Fink (ÖVP): Die (un)auffällig Loyale

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Die Ex-Journalistin musste als erste Frau im Amt die Degradierung von der Landesstatthalterin und Einspringerin während Wallners Auszeit zur einfachen Landesrätin hinnehmen. Dies schien für die feministische Sache schwerer als für sie persönlich als Frauenreferentin. Ihre Bühne umfasst alle Lebensphasen, von der Kinderbetreuung bis zu Senioren, von Kultur bis Wissenschaft. Gleichstellung erschöpft sich jedoch nicht in Kinderbetreuung. Das Ziel Gesamtschule könnte sie offensiver kommunizieren.

LR Martina Rüscher (ÖVP): Die sportliche Dauerläuferin

Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?
Nach der Pandemie kommt die Pflegekrise für die gelernte Kommunikatorin, die Kürzungen im Sozialbereich verteidigen muss. Bei Kindern, Behinderten oder älteren Menschen die Unterstützung zurückzufahren, ist eine undankbare Aufgabe. Doch wo viel Geld im Topf liegt, ist auch das Sparpotenzial groß. Als Sportreferentin ist sie das Angebot der ÖVP an die Jugend, der ihre psychische Gesundheit ein großes Anliegen ist. Als Vorsitzende des Frauenbundes kann sie ihre Karten nicht ausspielen, weil hier ihre einzige Regierungskollegin zuständig ist.

LR Christian Gantner (V): Der Spagatkünstler

Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?
Der Bergbauer „aus Überzeugung“ muss den Spagat zwischen Landwirtschaft und Klimaschutz (wie sein Pendant Norbert Totschnig im Bund), Bauern- und Wirtschaftsinteressen (etwa bei Freihandelsabkommen) schaffen. Er ist der Vertreter der ÖVP-Kernklientel, die allerdings in absoluten Zahlen schrumpft. Der heimliche Social-Media-Star gibt sich daher traditionell und bürgernah. Beim Thema Wolf schimpft er auch mal heftig auf Wien und NGOs. Bei der Fusion der Ländle Milch mit der NÖM zeigte er sich hingegen wortkarg.

LR Daniel Allgäuer (FPÖ): Der kernkompetente Zuarbeiter

Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?
Sicherheit und Integration sind Wunschressorts für die FPÖ. Der frühere Klubobmann konnte den „Vorarlberg-Kodex“ übernehmen und überraschte mit der Ablehnung einer Bezahlkarte für Asylwerber. Zuletzt gelang es gar, die ÖVP zu überzeugen, trotz ablehnender Stellungnahme des Verfassungsdienstes und unter Umgehung der Opposition, Sanktionen durchzudrücken. Große Herausforderungen sind ihm bisher erspart geblieben, beim Ausbau der Windkraft müsste er sich gegen seine Bundespartei stellen.

LR Marco Tittler (ÖVP): Kein Selbstverkäufer

Schulschluss im Landhaus: Wer glänzt, wer braucht Nachhilfe?
„Hohe Wohnkosten machen arm“ lautet die Herausforderung für den Wirtschaftsexperten im Team. Die Wirtschaftsbundaffäre hat er inzwischen hinter sich gelassen, auf Finanzflüsse von Teilorganisationen der Partei muss er dennoch penibelst achten. Der Erfolg des Wirtschaftsstandortes und des Ganzjahrestourismus ist die Vorarlberger Kernmarke. Die steigenden Arbeitslosenzahlen werden daher den Mann ohne Hang zur Eigen-PR nicht freuen. Bei Digitalisierung und Künstliche Intelligenz könnte mehr passieren.