Jubel und Störaktion bei den Salzburger Festspielen

Festrednerin Anne Applebaum warnte vor Angriff auf die Zivilgesellschaft.
Salzburg Sechs propalästinensische Aktivisten haben sich am Samstag mit gefälschten Mitarbeiterausweisen Zugang zum Festakt in der Salzburger Felsenreitschule verschafft. Sie unterbrachen mit Parolen wie “Blut, Blut auf euren Händen” die Rede von Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ). Sie entrollten angesichts der Lage im Gaza-Streifen Plakate mit Forderungen wie “Stoppt den Völkermord”. Ordnungskräfte führten die Demonstranten aus dem voll besetzten Saal, in dem auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein rumänischer Amtskollege Nicusor Dan saßen. Israel steht wegen der humanitären Katastrophe im Gaza-Streifen international in der Kritik. Van der Bellen ging in seiner anschließenden Rede auf die Lage in Gaza ein. Er sei ein Freund Israels, aber das bedeute nicht das Gutheißen aller Maßnahmen des jüdischen Staats. “Die Situation in Gaza ist niederschmetternd und in keiner Weise humanitär zu rechtfertigen.” Aber zugleich dürfe niemand das Massaker an Israelis im Oktober 2023 vergessen, so das Staatsoberhaupt.
Die polnisch-amerikanische Historikerin und Publizistin Anne Applebaum warnte bei ihrer Festrede vor weltweiten antidemokratischen Tendenzen. Die Zivilgesellschaft mit ihren für selbstverständlich gehaltenen Freiheiten sei so stark in Gefahr wie seit Generationen nicht mehr, sagte die 61-jährige Intellektuelle. Der Angriff auf die Zivilgesellschaft gehe über Russland hinaus. China, Venezuela und Ägypten hätten inzwischen Gesetze nach russischem Vorbild. In Europa würden “gefährdete Demokratien” wie Ungarn oder Georgien solche Anstrengungen unternehmen. Auch in den USA seien solche Versuche inzwischen denkbar, meinte Applebaum. Ein wesentlicher Grund für die Entwicklung sei die Ablenkung durch das Internet. “Wenn Internet-Plattformen uns heute die Welt durch eine einsame, personalisierte Linse zeigen, wird dieses Problem allmählich bedrohlich.” Die Menschen würden nicht mehr gemeinsam planen und ihr Leben organisieren. “Wir praktizieren keine Demokratie”, so die Historikerin.
Künstlerisch standen die Premieren der Barockoper “Giulio Cesare in Egitto” sowie des Antikriegsdramas “Die letzten Tage der Menschheit” im Mittelpunkt. Beide Inszenierungen wurden vom Publikum gefeiert.