Julia Ortner

Kommentar

Julia Ortner

Kommentar: Zuckerberg & Musk werden es nicht richten

Politik / 30.09.2025 • 08:47 Uhr

Vergangene Woche war ich wieder bei einer Art Klassentreffen für Leute aus der Medien- und Kommunikationsbranche, bei den Österreichischen Medientagen. In der Vergangenheit hat man hier, um im Schulbild zu bleiben, vor allem rivalisierende Klassen erlebt: Die 5B hat die 5C wissen lassen, dass sie bessere Sportler hat, die 5A hat sich mit ihren Leistungen in Mathematik gebrüstet, die 5D mit ihren wilden Partys angegeben – Konkurrenzdenken überall. Medienmänner haben sich gegenseitig die Welt erklärt (Medienfrauen machen das auch, allerdings seltener).

Doch mittlerweile hat sich die Stimmung auf der Veranstaltung geändert. Man spricht bei aller Wichtigkeit des Wettbewerbs miteinander ernsthaft über Kooperation und Gemeinsamkeit. Denn die wirtschaftliche Lage klassischer Medien ist ernst, sie kämpfen gegen die internationalen Digitalkonzerne um Publikum und um Werbegelder. Der renommierte deutsche Medienwissenschafter Bernhard Pörksen benennt als einer der Hauptredner der Medientage die Digitalriesen als „Feudalherren“ mit viel zu viel Macht und sagt: „Der digitale Feudalismus ist publizistisches Mittelalter. Er passt nicht in eine moderne, aufgeklärte Welt.“

Basis der Demokratie

Der wachsende Einfluss der digitalen Plattformen sollte nicht nur Medienmanagerinnen und Verleger nervös machen, sondern alle, die frei leben wollen. Denn klassische Medien, die sich bemühen, sorgfältigen Journalismus und seriöse Information anzubieten, sind wichtig für das demokratische System. Aufklärung und Kontrolle gehören zu den Aufgaben von Medien, auch wenn wir Medienschaffende heute vor allem die Rolle der Kuratorinnen und Kuratoren des reißenden Informationsstroms haben. Wir sind längst keine allmächtigen „Gatekeeper“ mehr, die bestimmen, was andere erfahren sollen.

Die neue Konkurrenz der Digitalkonzerne und Social-Media-Plattformen schert sich wenig um die Demokratie. Sie schürt vielmehr noch die Gefühlsstürme, die im Netz regieren. Der emotionale Blick auf die Welt wird von den Algorithmen der Tech-Riesen befördert, die derartige Inhalte durch mehr Sichtbarkeit unterstützen. Wer herumbrüllt oder herumheult, bekommt mehr Aufmerksamkeit als nüchterne, vernünftige Menschen. Mit dem täglichen Rausch für die Massen drohen die Feudalherren, uns das Zusammenleben in der Gesellschaft zu ruinieren.

Doch es gibt Hoffnung für den Medienmarkt, auf der man gemeinsam aufbauen kann. Laut dem aktuellen „Digital News Report“ vertrauen Menschen hierzulande mehr auf klassische Nachrichtenmedien, wenn es darum geht, richtige Informationen zu bekommen. Denn vielen ist wohl klar: Mark Zuckerberg (Meta) oder Elon Musk (X) werden uns die Zukunft nicht richten.

Julia Ortner ist Journalistin mit Vorarlberger Wurzeln, lebt in Wien und ist Redaktionsleiterin von ORF.at.