Michael Prock

Kommentar

Michael Prock

Ein Jahr Schwarz-Blau: Martina Rüscher & Band

Politik / 19.11.2025 • 17:31 Uhr

Über mangelnde Arbeit darf sich die schwarz-blaue Landesregierung im ersten Jahr nicht beklagen. Hängen geblieben ist allerdings wenig. Es war zwar kaum Raum für aktive Politikgestaltung, doch der Raum, der sich bot, blieb meist verwaist. Die bisherigen Hauptaufgaben: reagieren und Budgetlöcher stopfen. Auf Dauer wird das zu wenig sein. Zu tun gäbe es genug.

Als Finanzreferent hat Landeshauptmann Markus Wallner derzeit wenig zu lachen. Seit Monaten spielt er die gleiche Schallplatte: Konjunktur schlecht, Ausgaben hoch, frühere Gehaltsabschlüsse schwierig, daher Budgetloch groß. 200 Millionen Euro Schulden heuer, 200 Millionen im kommenden Jahr. Dazu ein Sparpaket im laufenden Budget. Politik ist ein undankbares Geschäft, niemand jubelt über Sparpakete. Kein Wunder, dass Wallner deshalb kleine Erfolge groß feiert, zuletzt die Änderungen in der Zollabwicklung.

Welch’ vernichtende Bilanz hätte der frühere Christof Bitschi deshalb gezogen. Und erst über sich selbst! Zuständig in der Führerschein-Causa. Eine Mitarbeiterin, die das UVP-Verfahren zum Stadttunnel abgibt, weil sie sich unter Druck gesetzt fühlt. Ein damit verbundener monatelanger Baustopp. Ein gefundenes Fressen für den Oppositionspolitiker Bitschi, der im ersten Regierungsjahr aber die Öffentlichkeit scheute wie Markus Fäßler die Spitalsreform. Selten meldete er sich zu Wort, das Rampenlicht überließ er anderen. Was aber nicht schwierig war.

Das erste Jahr Schwarz-Blau könnte unter dem Titel “Martina Rüscher & Band” zusammengefasst werden. Sie ist es, die sich mit der Spitalsreform die Wut und Enttäuschung vieler ausgesetzt hat, vor allem der Öffentlichkeit. Sie ist es auch, die sich durch den Sozialfonds wühlt und damit keinen Beliebtheitswettbewerb gewinnt. Ihre wiederholten kurzfristigen Sparankündigungen zwangen sogar die sonst um Diplomatie bemühten Sozialinstitutionen zu drastischen Worten. Ungeachtet von Herangehensweise und Inhalt der Reform: Rüscher ist jene Landesrätin, die den Beweis antritt, warum sich so mancher Mann scheut, Reformen anzugehen. Verwalten ist einfacher als gestalten.

Und der Rest? Die zweite Frau in der Landesregierung, Barbara Schöbi-Fink, überstand eine kurze, aber heftige Sturmböe unbeschadet, als sie Assistenzstunden kürzte (sagten die Direktoren) oder umschichtete (konterte die Landesrätin). Auch Wirtschaftslandesrat Marco Tittler nahm in diesem Jahr den Sparstift in die Hand, als er die Wohnbauförderung zusammenstutzte. Der Aufschrei war kurz. Seine führende Rolle beim Sparpaket verhallte im Lärm der Themenkonjunktur. Christian Gantner hat wohl sein ruhigstes Regierungsjahr hinter sich. Wenn nicht gerade ein Wolf oder der TBC-Erreger Vorarlbergs Vieh bedroht, bleiben ihm mediale Auftritte derzeit erspart. Das gilt auch für Daniel Allgäuer, der nicht nur für einen FPÖ-Politiker überaus ruhig agiert. Er ist im Landesratsbüro aus der öffentlichen Wahrnehmung nahezu verschwunden, wenn ihn nicht gerade lästige Bürgermeister an die Öffentlichkeit zerren.

Und so arbeiten große Teile der Landesregierung im Schatten Rüschers ihre To-do-Liste brav ab. Sie sind Getriebene, keine Treiber. Die Arbeitslosigkeit steigt, ebenso der öffentliche Schuldenstand und die Preise. Ganz zu schweigen von der Temperatur auf diesem Planeten. Nur die Wirtschaftsleistung steigt nicht. Zeit, vom Reaktions- in den Aktionsmodus zu wechseln.