Julia Ortner

Kommentar

Julia Ortner

Kommentar: Eine unendliche Geschichte der Gewalt

Politik / 02.12.2025 • 06:50 Uhr

Am Ende wurde die Leiche der 31-jährigen Grazerin vergangenen Samstag nach tagelanger Suche in einem slowenischen Waldstück gefunden. In einem Koffer versteckt, in der Erde verscharrt. Der gleichaltrige Ex-Freund der Frau habe ihren Leichnam bereits am Sonntag vor einer Woche, dem Tag ihres Verschwindens, mit seinem Auto über die Grenze nach Slowenien gebracht, erklären die Ermittler. Laut der steirischen Landespolizeidirektion hat der Verdächtige die Tat gestanden. Schon wieder eine Frau, die von einem Mann ermordet wurde. Und wie fast immer ist der Mörder ein Mann, der ihr nahestand.

Während hierzulande die Kampagne „16 Tage gegen Gewalt“ läuft, die mehr Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen schaffen will, hat die unendliche Geschichte der Gewalt also ein neues Opfer gefordert. Statistisch wird jede dritte Frau in Österreich Opfer von Gewalt. Die Täter sind jene Männer, die laut Gewaltschutz-Expertinnen und -Experten nicht gelernt haben, Konflikte ohne Gewalt zu lösen. Männer, die in patriarchalischen Vorstellungen gefangen sind. Du gehörst mir – und wenn ich dich nicht haben kann, soll dich kein anderer haben: Auch diese Art des Denkens findet man häufig unter Tätern.

Nährboden für Frauenhasser

In Extremfällen wie jenem der jungen Grazerin endet die Gewalt mit einem Frauenmord, einem Femizid, doch das problematische Verhalten in Beziehungen fängt viel früher an. Etwa bei finanzieller Abhängigkeit, psychischer Gewalt, Herabwürdigung, bis hin zu körperlichen oder sexuellen Angriffen. Heute sind schon Buben mit destruktiven Inhalten im Internet konfrontiert, die ihr Bild von Männlichkeit negativ prägen können. Fachleute warnen vor der „Manosphere“ in Social-Media-Kanälen, in der Gewalt an Frauen legitim ist und Frauen ausschließlich als Sexualobjekte betrachtet werden. Ein Nährboden für Frauenhasser, der auch Jugendliche radikalisieren kann. Gegen diese Entwicklung können etwa Aufklärung und Workshops in Schulen helfen, bei denen Rollenbilder im Klassenverband gemeinsam diskutiert werden.

Die Bundesregierung hat vergangene Woche einen nationalen Aktionsplan mit zahlreichen Vorhaben gegen Gewalt an Frauen beschlossen.
Doch auch verbesserte politische Maßnahmen entheben die Gesellschaft nicht von der Verantwortung, dieses massive Problem effektiver zu bekämpfen. Was können wir alle tun? Buben und Mädchen vorleben, dass sie gleich viel wert sind und dass man Probleme nicht mit Schreien und Schlagen löst. Nicht wegschauen, falls man mitbekommt, dass im Nachbarhaus eine Frau misshandelt wird. Einem Freund klar sagen, dass es nicht in Ordnung ist, wenn er seine Partnerin anbrüllt. Damit allen Männern endlich klar wird: Sie gehört nicht dir.

Julia Ortner ist Journalistin mit Vorarlberger Wurzeln, lebt in Wien und ist Redaktionsleiterin von ORF.at.