Kommentar: Weiter wie bisher
Die Bundesregierung hat diese Woche beschlossen, dass der langjährige ÖVP-Politiker Johannes Hahn neuer Präsident des Generalrats der Nationalbank wird. Er folgt damit Ex-Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer (ÖVP) nach, der in den vergangenen Wochen mehrere Spitzenfunktionen zurückgelegt hat, darunter auch diese.
Für Kanzler Christian Stocker (ÖVP) hat die Regierung mit der Entscheidung Handlungsfähigkeit bewiesen. Sozialdemokraten und Neos wirkten mit der Begründung mit, dass das Nominierungsrecht bei der ÖVP gelegen sei.
Das ist an Zynismus nicht zu überbieten: Es handelt sich um klassischen, parteipolitisch motivierten Postenschacher. Es zeigt, dass insbesondere die Volkspartei nichts gelernt hat aus der Vergangenheit im Allgemeinen und den Affären um August Wöginger sowie Mahrer im Besonderen. Es ist nicht zu glauben.
Von einem Nominierungsrecht der ÖVP zu sprechen, ist irreführend, um es vorsichtig zu formulieren. Die drei Koalitionsparteien haben untereinander ausgemacht, wer welchen Posten besetzen darf und das im Regierungsprogramm festgehalten. Es handelt sich also nicht um ein gesetzlich verbrieftes Recht.
Klar: Personalentscheidungen wie diese sind immer politisch. Auch dann, wenn alles so läuft, wie es sich gehört. Damit geht schließlich politische Verantwortung einher: Stocker und Co. haben dafür grade zu stehen.
Diese Verantwortung muss jedoch eingefordert werden: SPÖ und Neos könnten zum Beispiel feststellen, dass die ÖVP ihr „Recht“, den Nationalbankpräsidenten zu bestimmen, durch Mahrer verwirkt habe. Indem sie es nicht einmal im Ansatz tun, signalisieren sie, dass alles egal ist.
Zur politischen Verantwortung würde außerdem gehören, dass Postenbesetzungen nach ordentlichen Kriterien erfolgen. Das Gegenteil ist schwer zu beweisen, es liegt jedoch nahe, dass Hahn nicht zum Zug gekommen wäre, wenn er kein langjähriger ÖVP-Politiker wäre.
Wichtiger: Jedes Kleinunternehmen legt bei der Suche nach geeignetem Personal fest, welche Qualifikationen gefragt sind. Ein Koch sollte ebenso über einschlägige Erfahrungen verfügen wie ein Zimmerer etwa. Die Regierung tut vergleichbares nicht.
Sie pfeift drauf: Bei einem Präsidenten des Generalrats der Nationalbank könnte man voraussetzen, dass er bisher praktisch oder (als Wissenschaftler) theoretisch eingehend mit Währungspolitik beschäftigt war. Immerhin zählt es zu seinen Aufgaben, hier beratend tätig zu sein. Hahn war unter anderem ÖVP-Wien-Chef, Wissenschaftsminister und EU-Haushaltskommissar. Damit ist er Währungspolitik nur in gewisser Weise nahegekommen. Das Gleiche ist es nicht.
Gut, könnte man jetzt sagen, auch bei Mahrer sei das genauso wenig ein Kriterium gewesen wie bei der gegenwärtigen Vizepräsidentin Ingrid Reischl, der ehemaligen Bundesgeschäftsführerin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB). Man muss jedoch nicht weitermachen wie bisher. Im Gegenteil, es ist höchste Zeit, neue Maßstäbe zu setzen.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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