Besuch auf der Insel der Seligen

Weiße Strände, Wasser in allen Blautönen und gastfreundliche Menschen auf Lefkas.
Reise. (VN-S. F. Lucas/SRT) Es muss die Lebensqualität in diesem Stückchen Griechenland sein, die den Unterschied macht, die Menschen bleiben und andere kommen lässt. Menschen wie Spiros, der nach Jahren im Ausland als erfolgreicher Manager zurückgekommen ist. Oder Helmut, einen 66-jährigen Deutschen, der Lefkas sein Zuhause nennt. Die Insel, die über einen Damm und eine Schwenkbrücke mit dem griechischen Epirus verbunden ist, ist gerade mal 15 Kilometer breit und 35 Kilometer lang.
Weiße Strände und Klippen
Weiß ist der Sand an den breiten Stränden, weiß sind die Kalkklippen am Kap Dukato. Am rauen Kap von Lefkas sah Homer den Eingang zur Unterwelt, und von den Klippen sollen sich unglücklich verliebte Mädchen ins Meer gestürzt haben. Der Sage nach tat dies auch die berühmte Lyrikerin Sappho – aus unerwiderter Liebe zum Jüngling Phaon. Heute steht da, wo einst ein Apollotempel stand, ein Leuchtturm, und niemand mehr stürzt sich aus Liebeskummer in die Meereswogen, höchstens aus Lust. Denn so schön wie hier an der Südspitze der kleinen Insel ist das Meer selten in der ionischen Inselwelt. Blaugrün, türkis, lindgrün, opalfarben. Ein Fest fürs Auge. Der nahe Katsiki-Strand ist deshalb auch längst kein Geheimtipp mehr. Sonnenanbeter und Schwimmer kommen in Scharen. Nicht einmal die 75 Stufen der Treppe, die von der Klippe hinunter zum Strand führen, können sie aufhalten. Andere landen einfach mit dem Badeschiff. Vor so viel Zuneigung kapituliert die Wasserqualität, zumal die Infrastruktur zu wünschen übrig lässt. Doch niemand muss gerade hier ins Wasser. Lefkas hat noch viele Strände, in kleinen und großen Buchten, sichelförmig die einen, fjordartig die anderen, und alle einladend mit glasklarem Wasser. Da, wo die – kostenpflichtigen – Schirme aufgespannt sind, sieht man jetzt, dass noch viel Platz ist.
Finanzkrise ist zu spüren
Auch hier sind die Touristen ausgeblieben wie in ganz Griechenland. Die Finanzkrise hat sie verschreckt. Bis zu 30 Prozent weniger Buchungen verzeichneten die großen Veranstalter zum Saisonauftakt. Vor dem Kafeineon von Theodoros in Poros hängen ein paar alte Männer rum, der Gemischtwarenladen im Inneren ist leer. Auch die griechischen Urlauber bleiben aus. Auf einem Hügel thront die Villa einer englischen Familie und weiter unten haben sich gleich mehrere Russen angesiedelt. Sie alle scheinen die Leichtigkeit des Seins zu schätzen, die auf dieser Insel herrscht und die sogar die Krise vergessen lässt. Auch Spiros würde die Krise gerne vergessen. Doch als Tourismus-Manager ist er ständig mit Griechenlands Problemen und deren Auswirkungen auf die Touristen konfrontiert. Der smarte 36-Jährige mit dem jungenhaften Lächeln weiß, wie wichtig Tourismus für die Insel ist, auf der er nach Studien- und Berufsjahren in London und Athen mit seiner Familie sein Auskommen gefunden hat. „Wir sind immer noch ein touristisches Baby“, sagt Spiros und lacht.
Zu klein für Massentourismus
Gerade mal seit 20 Jahren gibt es Tourismus auf Lefkas. Ein Massenziel wie Kreta werde die Insel auch nie werden, davon ist der Grieche überzeugt. „Dafür sind wir zu klein – glücklicherweise.“ Wer all-inclusive wolle und Remmidemmi, der sei auf Lefkas an der falschen Adresse: „Dies hier ist Griechenland!“ Spiros macht kein Hehl aus seiner Verachtung für die Politiker, die dem Land die Krise eingebrockt hätten. Er hofft auf emanzipierte Touristen, die das zu schätzen wissen, was das Land – und vor allem Lefkas – zu bieten hat und was er selbst so schätzt: Kleine weltabgeschiedene Dörfer, in denen Zeit keine Rolle zu spielen scheint. Lebhafte Städtchen mit originellen Geschäften und einladenden Restaurants. Berge, die nach Sommer duften, und Strände, an denen noch viel Platz ist. Dazu alte Kirchen und Klöster und eine Geschichte, die weit zurückreicht bis zu Alexander dem Großen. Lebensqualität hat Spiros auf seiner Insel gefunden und – anders als im trubeligen Athen – auch „Seelenfrieden“. Der deutsche Wanderführer Helmut sieht das ähnlich und ist überzeugt: „Wer einmal auf Lefkas war, der kommt immer wieder.“