Tirana wächst in den Himmel

Die boomende Hauptstadt Albaniens: Zwischen Vergangenheitsbewältigung und Zukunftssicherung.
Der „Tirana‘s Rock“ soll mit einer Höhe von 85 Metern das neue Wahrzeichen im Herzen Tiranas werden. Geplant ist der ikonische Bau in Form einer Büste, die an den Nationalhelden Skanderbeg erinnert. Der Fürst und Militärkommandant Gjerj Katrioti gilt als zentrale Figur in der albanischen Geschichte, als Wegbereiter des Nationalstaats. Weniger die Geschichte als die Zukunft im Blick hat der ambitionierte Plan „Tirana 2030“ zum Umbau der Hauptstadt. Die Metropole soll grüner und umweltfreundlicher werden. Doch der Plan könnte, so befürchten Kritiker, das Gesicht Tiranas auch bis zur Unkenntlichkeit verändern – und damit das Bewusstsein für die Geschichte zerstören.
Seine Statue steht nicht mehr, und doch ist Enver Hoxha in Tirana allgegenwärtig. Der Diktator, der 41 Jahre herrschte, machte Albanien zum ersten atheistischen Staat der Welt. Vor 37 Jahren ist Hoxha gestorben. Fünf Jahre später ging auch sein Regime unter. Die Bilanz: Zehntausend Tote und noch mehr schwer Traumatisierte. Wie kann das Land, mittlerweile offizieller Beitrittskandidat der EU, diese Geschichte aufarbeiten? Artur Karami, der in Düsseldorf studiert hat und in Tirana albanischen Pflegekräften Deutsch beibringt, ist skeptisch. Er war zwölf, als das Regime stürzte. Er weiß, dass er diesen Tag nie vergessen wird. Im Stadion der Stadt wurde Fußball gespielt, Parolen gegen die Partei wurden laut und Spezialeinheiten wollten mit scharfer Munition den Aufstand unterdrücken. Doch das Virus der Rebellion hatte da auch schon andere Städte erfasst. Davon wissen die Jugendlichen, die sich auf dem gigantischen Skanderbeg-Platz oder auf dem Mutter Teresa-Platz treffen, um zu reden, zu trinken und den Abend zu genießen, kaum etwas. In der Schule wird die Hoxha-Zeit nur kurz gestreift, von den Opfern ist kaum die Rede. Und an den Schalthebeln der Macht sitzen auch heute wieder die alten Eliten, vertreten durch ihre Kinder. Sie haben Geld und Einfluss. Und natürlich liegt ihnen wenig an einer Aufarbeitung der Vergangenheit. Dario ist gerade mal 24, ihn interessiert nicht, was