
Vor den Schritten huschen kleine Fische durch das glasklare Wasser.
Mehr Zeit als im Sommer
Im offenen Watt angekommen, gräbt Werner Mansen mit der Forke einen Wattwurm aus. Es folgen launige Erklärungen. „Im Winter sind die Gruppen meist kleiner als im Sommer, deshalb ist oft mehr Zeit und Muße. Die Stimmung ist gelöster, die Empfindungen sind intensiver.“ Ist man warm eingepackt, ist die kalte Seeluft belebend. Stehen im Sommer Sonne und Hitze über dem Watt, können Eindrücke zu dicht werden. Heute, in der kalten Jahreszeit, ist alles licht und leicht, die Gerüche feiner und zurückhaltender, differenzierter. Und Farben wie Pastell – der Sand in sanftem Grau und Weiß, der vergehende Strandhafer in hellem Messing und grauem Grün, das Wasser beinahe türkis, dort, wo die fahle Sonne durch den Hochnebel bricht. Eine sonderbar leichte Stimmung. Das köstliche Aroma der frischen See in der Nase. Wer die Kälte nicht scheut, wird hier reichlich belohnt.
Auf Spurensuche
Werner Mansen zeigt den heutigen Teilnehmern die Spuren von Lachmöwe, Sanderling und Austernfischer auf dem Wattboden. Wenn es richtig kalt ist, sind dann eigentlich weniger Tiere im Watt? Manche Lebewesen, wie zum Beispiel die Strandkrabbe oder Garnele, ziehen sich in tieferes Wasser zurück, weil es dort wärmer ist. Zu sehen und entdecken aber gibt es immer genug, zum stillen Staunen. Ringelgänse fliegen vorbei, eine Große Mantelmöwe hat eine Flunder im Schnabel.
Kurze, harte Wellen klingeln an der Wasserkante. Hier zeigen sich die Strukturen, wie zum Beispiel Sandrippel, am deutlichsten. „Und wenn der Frost auf dem Wattboden bizarre Formationen bildet, dann bietet das faszinierende Einblicke in eine dynamische Naturlandschaft“, sagt Mansen. Der Blick verliert sich über der Unendlichkeit des Wattenmeeres, zwei Kutter fahren am Horizont. Mansen mahnt zur Rückkehr und hebt die Schale einer Herzmuschel auf, drückt sie einem Gast in die Hand. Als Andenken. „In diesem Sinne: Rüm hart, klaar kiming.“ Weites Herz, klarer Horizont. Wahlspruch der Nordfriesen und auch im kalten Winterwatt wunderbar wärmend.