Erst beten, dann zügig aufräumen

Spezial / 14.03.2013 • 22:01 Uhr
Franziskus suchte am Tag nach seiner Wahl die Basilika Santa Maria Maggiore für ein Gebet auf. Foto: Reuters
Franziskus suchte am Tag nach seiner Wahl die Basilika Santa Maria Maggiore für ein Gebet auf. Foto: Reuters

In die lieben Histörchen rund um den Papst mischen sich immer lauter die Forderungen.

Rom, Wien. (VN-tm) Die Welt mag sich gar nicht satthören an all den Geschichten, die sich jetzt schon um diesen Papst ranken. Franziskus, der ohne pelzverbrämten roten Umhang auf die Loggia des Petersdoms trat. Franziskus mit seinem einfachen Brustkreuz. Franziskus, der nach der Wahl in der Sixtinischen Kapelle alle Gratulanten stehen lässt und statt dessen zu einem betagten Kardinal hinübergeht, der gehbehindert ist, und ihn herzlich umarmt. Dieser Papst, der auf seinen noblen Mercedes verzichtet und lieber Bus fährt. Der selber seine Koffer im vatikanischen Gästehaus Santa Marta packt und die eilfertigen Bediensteten mit der Bitte um die Rechnung in Verlegenheit bringt.

Bilder, die manches zudecken

Oh, das klingt alles ganz wunderbar. Und hilft nebenbei ein wenig, die strenge theologische Saite auszublenden, die mit dem 76-jährigen Jesuiten auch anklingt. Theologische Reformen? Das könnte schwierig werden. Aber die Kurie muss sich warm anziehen.

Kardinal Christoph Schönborn findet, dass es dafür auch höchste Zeit ist. Bei aller Freude über den neuen Papst kann der Wiener Erzbischof doch seinen Ärger über die jüngsten Erfahrungen in Rom kaum unterdrücken. Was hatten die Medien berichtet? Geheimhaltung beim Konklave? Störsender? Angedrohte Exkommunikation? Manche Bedienstete scheint das mäßig zu beeindrucken. Der Erzbischof sprach am Tag nach der Papstwahl von einem „Skandal“, dass „vertrauliche Gespräche der Kardinäle im Vatikan wortwörtlich von italienischen Zeitungen gedruckt“ worden seien. Fazit: Österreichs Kardinal ortet „dringende Aufräumarbeiten“ innerhalb des Vatikans. Dass Franziskus aus Buenos Aires dafür der Richtige ist, daran hegt Schönborn keinen Zweifel. Dieser Papst werde in Zukunft „viele starke Zeichen setzen“. Er werde deutlich das „Evangelium der Armut und Einfachheit“ in den Mittelpunkt stellen und damit auch der Neu-Evangelisierung mehr Gewicht geben. Gerade auch für Europa und die deutschsprachigen Länder werde durch Franziskus der Blick auf die Weltkirche geweitet, „gerade weil wir uns selbst allzu oft als Zentrum der Welt fühlen“.

Schönborn nach Rom?

Gerüchte, wonach er selber bald schon eine führende Position innerhalb der vatikanischen Kurie einnehmen werde, wollte Schönborn nicht kommentieren. Er freue sich nun, endlich wieder nach Wien zurückzukehren, und er hoffe, „im Stephansdom einmal mein Grab zu finden“.

Verändertes Leitungsamt

In seiner Heimat formulierten Kirchenvertreter indes Hoffnungen in und Erwartungen an das 266. Oberhaupt der Katholischen Kirche. Der Propst des Stiftes Herzogenburg, Maximilian Fürnsinn, formulierte im Namen der 4200 Nonnen und 1950 Ordensmänner Östereichs den Wunsch nach einem veränderten Leitungsamt in der Kirche: „Sinnvoll wäre ein Beratungsgremium der 25, 30 wichtigsten Bischöfe gemeinsam mit Christen – Männern und Frauen – aus allen Kontinenten, mit dem der Papst regelmäßig den Weg der Kirche überlegt.“ Und Helmut Schüllers Pfarrer-Initiative begrüßte den neuen Pontifex virtuell mit einem Anforderungsprofil, das nicht spaltet, sondern eint. Österreichs Laieninitiative reagierte pragmatisch: „Das Konklave hätte ein viel ungünstigeres Ergebnis bringen können“, schreibt Herbert Kohlmaier und warnt im selben Atemzug: „Enttäuschung darf ebenso wie Jubel keineswegs verfrüht aufkommen.“ Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ aber sieht in den ersten Auftritten von Franziskus Anzeichen dafür, dass dieser Papst den „Dialog mit dem Volk Gottes auf der ganzen Welt wieder aufnimmt“. ##Thomas Matt##

Vertrauliche Gespräche der Kardinäle im Vatikan wurden wortwörtlich von Zeitungen gedruckt.

Kardinal Schönborn
Kardinal Schönborn erwartet „viele starke Zeichen“. Foto: AP
Kardinal Schönborn erwartet „viele starke Zeichen“. Foto: AP

Pfarrer-Initiative an den neuen Papst

Die österreichische Priester-Initiative, die laut eigener Statistik gegenwärtig von 506 Seelsorgern und 3135 Laien unterstützt wird, hat das Anforderungsprofil für den neuen Papst so formuliert:

» Ein Papst, vor dem alle Menschen, Frauen und Männer, gleich sind an Würde und Rechten – wie vor Gott.

» Ein Papst, der die Kirche weniger regieren will, sondern sie anleitet und ihr hilft, sich selbst zu regieren.

» Ein Papst, der weder progressiv noch konservativ sein will und so die Kirche nicht spaltet, sondern eint.

» Ein Papst, der nicht so sehr Stellvertreter Christi, sondern Stellvertreter der Gläubigen bei Gott sein will.

» Ein Papst, der statt die Einheitlichkeit der Kirche zu fordern, ihre Einheit in der Verschiedenheit fördert.

» Ein Papst, der statt der Unterschiede der Konfessionen und Religionen deren Gemeinsamkeiten betont.

» Ein Papst, der weniger Dogmen, Zucht und Ordnung predigt, sondern Freude, Hoffnung und Zuversicht.