Tod eines Hoffnungsträgers

Vor 50 Jahren wurde US-Präsident John F. Kennedy erschossen. Ein Mythos entstand.
Dallas. John F. Kennedy beging als Präsident schwere Fehler, Erfolge waren rar. Doch auch ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod ist der „Mythos Kennedy“ ungebrochen. Sein Motto war ganz einfach: „Yes we can.“
Das originellste Buch unter den vielen Titeln, die zum 50. Jahrestag der Ermordung des US-Präsidenten erscheinen, heißt „If Kennedy lived“. Frei übersetzt bedeutet das „Wenn Kennedy überlebt hätte“, und was der Autor Jeff Greenfield präsentiert, ist ziemlich atemberaubend: Amerika wäre das Trauma des Vietnamkrieges erspart geblieben, die USA und die Sowjetunion hätten sich vorsichtig angenähert, der Kalte Krieg hätte viel früher ein Ende gefunden. Kurz: Die Geschichte des 20. Jahrhunderts wäre glücklicher verlaufen. „Alternative Geschichtsschreibung“ heißt das.
Kennedy, der strahlende junge Mann, der Hoffnungsträger einer ganzen Generation, der im November 1960 mit nur 43 Jahren ins Weiße Haus gewählt wurde – er war ein „Unvollendeter“. Gerade einmal 1036 Tage regierte er, als ihn die Kugeln in Dallas trafen. Der „Mythos Kennedy“ beruht vor allem auf seinem frühen und tragischen Tod – und auf der Zuversicht, die er unter den Amerikanern entfachte.
Amerika war damals das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, der Glaube an den „amerikanische Traum“ war ungebrochen. Größer, weiter, höher – nichts schien unmöglich. Sogar den Flug zum Mond kündigte Kennedy nur wenige Monate nach seinem Einzug ins Weiße Haus an. Für Millionen junger Amerikaner wurde Kennedy schlichtweg zum personifizierten Symbol Amerikas . . . jung, strahlend und voller Glaube an eine goldene Zukunft.
Widersprüchliche Bilder
Es sind die Bilder, die noch heute lebendig sind, seine Reden, die immer noch nachklingen . . . und selbst durch peinliche Enthüllungen und historische Korrekturen nichts an Kraft verloren haben. Da ist das Bild des so athletisch wirkenden Mannes . . . der in Wirklichkeit Zeit seines Lebens an schweren Krankheiten litt, gegen seine stechenden Rückenschmerzen ein Stützkorsett tragen musste. Da ist das Bild des glücklichen Familienvaters neben seiner Ehefrau Jacqueline, das Bild Kennedys im Oval Office während Sohn John unter dem Schreibtisch spielt. Dass „JFK“ später als Womanizer entlarvt wurde, konnte sein Ansehen selbst im puritanischen Amerika kaum ankratzen.
Da ist das Bild des Präsidenten im Sommer 1963 auf Deutschlandtour, der mit seinem „Ich bin ein Berliner“ eine Woge der Begeisterung entfachte. Wer erinnert sich da heute noch an die Entrüstung, die Enttäuschung in Berlin, als Kennedy zwei Jahre zuvor den Bau der Mauer tatenlos geschehen ließ?
Und da sind die Bilder seines Todes – als er von den Kugeln getroffen in seiner Limousine zusammenbrach. Noch heute überschlagen sich Verschwörungstheorien. Warum wurde der mutmaßliche Mörder Lee Harvey Oswald kurz nach der Tat erschossen – sollte ein Komplott vertuscht werden?



Zur Person
John F. Kennedy
35. Präsident der USA
Geboren: 29. Mai 1917 in Brookline (Massachusetts)
Ausbildung: Studium der Politikwissenschaften in Harvard
Laufbahn: Ab 1946 Abgeordneter im Repräsentantenhaus, ab 1952 Senator. 1956 Pulitzerpreis für das Buch „Zivilcourage“. 1960: Wahl zum Präsidenten
Familie: 1952 Hochzeit mit Jacqueline Bouvier, vier Kinder