“Empfinde Horror und Empörung”

Spezial / 09.01.2015 • 22:59 Uhr
Philippe Lissac, Pascal Deloche: Schätzten Charlie-Hebdo-Humor.  GODONG
Philippe Lissac, Pascal Deloche: Schätzten Charlie-Hebdo-Humor. GODONG

Für die Fotojournalisten von Godong wird die Arbeit nach dem Attentat schwieriger.

paris. (VN-hrj) „Bestürzt und niedergeschlagen“ habe Philippe Lissac reagiert, als er vom tödlichen Attentat auf Charlie Hebdo erfahren hat. „Ich habe trotz der Übertreibungen den Humor von Charlie Hebdo sehr geschätzt“, sagt der 55-jährige Fotojournalist.

„Horror und Empörung“ empfand Lissacs Kompagnon Pascal Deloche (53). Ihm sei klar geworden, dass „der Terrorismus nun in meiner Nachbarschaft angelangt ist“. Deloche wohnt im 11. Arrondissement, in der Nähe des Gebäudes, in dem die Redaktion von Charlie Hebdo untergebracht war. „Jetzt gibt es keine Distanz mehr zu den Konflikten in Syrien und Irak“, sagt er.

„Wir sind Friedensfotografen“

Deloche und Lissac haben vor zehn Jahren die auf Religionen spezialisierte französische Agentur „Godong“ gegründet. Beide Fotojournalisten arbeiten seit mehr als zwei Jahrzehnten neben Frankreich in vielen anderen Ländern der Welt und zeitweise auch in Krisengebieten.

Deloche, der auch als Buchautor tätig ist, war zuletzt hauptsächlich in afrikanischen Ländern wie Mali unterwegs. Lissac ist kürzlich aus dem Palästinensergebiet nach Paris zurückgekehrt. „Wir sind aber keine Kriegsfotografen, sondern Friedensfotografen“, betont er.

Beide sind sich darüber im Klaren, dass der Anschlag auf ihre Arbeit in Zukunft entsprechend Einfluss haben wird, vor allem den Islam betreffend. „Als wir die Agentur gründeten, war es noch relativ einfach für uns, in der muslimischen Welt Frankreichs zu arbeiten“, erzählt Deloche. „Seit dem Anstieg von Islamismus und Fundamentalismus wird es aber in Frankreich immer schwieriger, in Moscheen zu fotografieren.“ Das Unbehagen in den muslimischen Gemeinden gegenüber Journalisten sei oft spürbar.

Angespannte Situationen gäbe es besonders mit jungen Muslimen, berichtet Deloche: „Sie sind beides – Franzosen und Muslime. Für sie ist es schwierig, in Zeiten von Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit ihren Platz in der französischen Gesellschaft zu finden.“

Lissac berichtet, erst gestern mit muslimischen Freunden über die Probleme, die nun durch das Attentat entstehen, debattiert zu haben. Die Muslime, die er frequentiere, hätten sich zwar durch die Karikaturen in Charlie Hebdo beleidigt gefühlt, verurteilen aber diesen „Islam“, der für sie nur den Namen der Religion trägt. „Bei Godong pflegen wir eine einfühlsame Annäherung zum Glauben“, lässt Lissac wissen. „Außerdem ist die überwiegende Mehrheit unserer Bildmotive positiv.“

Laut Lissac funktioniert die Arbeit mit den anderen Religionen gut. „Wir werden fast immer akzeptiert, nachdem wir unsere Aufgabe als Fotojournalisten erklärt haben.“ Generell werden dann die Türen geöffnet, sagt Deloche. Er führt das auch darauf zurück, dass „wir in einer Welt leben, in der Bilder von großer Bedeutung sind“.