Tauziehen auch um Vorarlbergerin

FPÖ-Ministerliste stand früh fest. Kurz tat sich jedoch schwer.
WIEN In den vergangenen Monaten war für ÖVP-Chef Sebastian Kurz alles glatt gelaufen. Zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen wurde es gestern Abend jedoch holprig für ihn: Seine Wunschkandidatin, „Casino Austria“-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner, zierte sich, Ministerin zu werden. Das machte sein Personalproblem noch größer als es ohnehin schon gewesen war. Und es sorgte dafür, dass sich der Verhandlungsabschluss Stunde um Stunde verzögerte. Erst gegen 20.30 Uhr kam die Meldung, dass Kurz sein Regierungsteam zusammengestellt hat. Die Namen sollten freilich erst heute offiziell verkündet werden.
Als Kanzleramtsminister an seiner Seite galt ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel als Fixstarter (36). Die steirische Molekularbiologin Juliane Bogner-Strauß (46) sollte laut APA Frauenministerin werden. Für das Finanzministerium war Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser (62) im Gespräch, für das Wirtschaftsministerium die Chefin des Forschungsförderungsfonds Henrietta Egerth-Stadlbauer und für das Justizministerium die Wiener Oberstaatsanwältin Eva Marek (59).
Ein Tauziehen gab es auch um die Bregenzer Stadträtin Veronika Marte: Die 45-Jährige kommt – wie Kurz – aus der Jungen ÖVP, heuer im Sommer machte er sie zur stellvertretenden Bundesparteichefin. Und zwar mit den Aufgabenschwerpunkten Jugend und Familie. Agenden, für die sie nun auch als Ministerin begehrt war. Das Ergebnis blieb gestern Abend offen. Im Juni hatte sie in den VN freilich wissen lassen, dass es sie nicht sonderlich nach Wien zieht: „Ich bin extrem gerne Stadträtin. Außerdem habe ich ein dreijähriges Kind, mein Lebensmittelpunkt ist hier.“
In personellen Fragen keine Spekulationen boten gestern die Freiheitlichen. Sie hatten die Weichen längst gestellt: Das Vizekanzleramt übernimmt Parteichef Heinz-Christian Strache (48). Infrastrukturminister wird Ex-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer (46).
Das Innenministerium geht an FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl (49): Gelernt hat er unter Jörg Haider als Redenschreiber. Aus seiner Feder stammen Formulierungen, die in Erinnerung geblieben sind. Unter anderem diese über den Ex-Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant: „Wie kann einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben?“ Zuletzt war Kickl unbezahlbarer Stratege für Strache; Wahlkämpfe hat durchwegs er entwickelt.
Das Außenministerium überträgt die FPÖ der Nahost-Expertin Karin Kneissl (52). Sie hat sich im November dafür angeboten. Fürs Amt qualifiziert sie sich auch als ehemalige Diplomatin, die immerhin sieben Fremdsprachen beherrscht: Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Ungarisch, Arabisch und Hebräisch.
Verteidigungsminister werden soll der steirische FPÖ-Obmann Mario Kunasek. Der 39-Jährige ist nicht nur Politiker, sondern auch Stabsunteroffizier. Kandidatin fürs Sozial- und Gesundheitsministerium ist Beate Hartinger. Die 58-jährige Beraterin war unter Schwarz-Blau I Geschäftsführerin des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. JOH